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Junge scheuen Gehaltsverhandlungen

Jungakademikerinnen und -akademiker sind unzufrieden mit ihrem Gehalt, verhandeln aber nicht. Generell blicken sie jedoch erstmals seit Beginn der Pandemie optimistischer in ihre berufliche Zukunft.

Österreichs Studienabsolventinnen und -absolventen gehen entspannt in den Bewerbungsprozess.
Österreichs Studienabsolventinnen und -absolventen gehen entspannt in den Bewerbungsprozess.

Nach mehr als zwei Jahren Pandemie blicken Österreichs Jungakademikerinnen und -akademiker erstmals wieder optimistischer in ihre berufliche und finanzielle Zukunft. Das zeigt der neueste "fip-s.at Jungakademiker:innenmonitor". Befragt wurden 500 Menschen zwischen 22 und 34 Jahren, die bereits ein Studium abgeschlossen haben oder in den kommenden zwölf Monaten abschließen werden. Die Studie bietet zum vierten Mal in Folge detaillierte Einblicke in Wünsche, Einstellungen und Sorgen der Berufseinsteigerinnen und -einsteiger im Land.

Entspannt und zuversichtlich in den Karrierestart

Die persönliche Karriere und ein erwartetes höheres Einkommen spielen für über zwei Drittel der Befragten bereits bei der Wahl des Studienfachs eine zentrale Rolle. Auch die Selbstständigkeit gewinnt erneut an Attraktivität: Die Motivation, sich selbstständig zu machen, ist so hoch wie nie zuvor. Knapp zehn Prozent der Befragten geben an, eine Selbstständigkeit "unbedingt" anstreben zu wollen. Der Anteil jener, die eine Selbstständigkeit auf keinen Fall in Betracht ziehen, sank auf 16 Prozent (2021: 19 Prozent).

Im Bewerbungsprozess zeigen sich Österreichs Jungakademikerinnen und -akademiker im Vergleich zur Vorjahresbefragung entspannter: Die Vorbereitungszeit vor Bewerbungsgesprächen fällt auf Vorkrisenniveau, nur mehr gut die Hälfte der Befragten bereitet sich eine Stunde oder mehr auf ein Bewerbungsgespräch vor.

Größte Unsicherheit: Gehaltsverhandlung

Außerdem haben sich die Befragten mit Anforderungen der "neuen Normalität" arrangiert. Herausforderungen, die in der Befragung im Vorjahr zentral waren - etwa der Umgang mit digitalen Bewerbungsrunden -, haben an Relevanz verloren: Die Präsentation der eigenen Persönlichkeit sowie auch der eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten bereitet ihnen heuer weniger Sorgen.

Obwohl sich mehr als zwei Drittel der Befragten sehr gut oder gut auf den Bewerbungsprozess vorbereitet fühlen, bleiben dennoch Unsicherheiten bestehen: Größte Hürden im Bewerbungsgespräch sind die Gehaltsverhandlung (68 Prozent) und die Reaktion auf unangenehme Fragen (50 Prozent).

Wenn es ums Geld geht, sind die Unsicherheiten am größten: sowohl im Bewerbungsgespräch als auch in späteren Verhandlungen.
Wenn es ums Geld geht, sind die Unsicherheiten am größten: sowohl im Bewerbungsgespräch als auch in späteren Verhandlungen.

Chance zur Einkommensverbesserung wird nicht wahrgenommen

Auch nach erfolgreichem Karrierestart beschäftigt das Thema Gehaltsverhandlung Jungakademikerinnen und -akademiker weiter: Rund ein Drittel der Befragten fühlt sich eher oder sehr schlecht darauf vorbereitet. Gleichzeitig verwenden die Befragten jedoch weniger Zeit für die Vorbereitung für Gehaltsverhandlungen als im Vorjahr. Weniger als die Hälfte der Umfrageteilnehmerinnen und -teilnehmer bereitet sich demnach eine Stunde oder länger auf eine konkrete Gehaltsverhandlung vor. Der Anteil jener, die sich gar nicht vorbereiten, hat sich im Vergleich zum Vorjahr sogar verdoppelt. Auffällig ist zudem, dass sich Frauen in der Tendenz intensiver als Männer auf Gehaltsverhandlungen vorbereiten, sich aber deutlich öfter eher bzw. schlecht vorbereitet fühlen.

Unzufriedenheit mit dem Gehalt ist gewachsen

Die geringere Vorbereitungszeit auf Gehaltsverhandlungen steht dabei in starkem Kontrast zur sinkenden Gehaltszufriedenheit der Jungakademikerinnen und -akademiker. Denn der Anteil derer, die mit ihrem Gehalt eher oder sehr unzufrieden sind, ist deutlich gestiegen, von zehn Prozent im Vorjahr auf 15 Prozent.

Trotzdem plant mehr als die Hälfte der Befragten nicht, das eigene Gehalt im laufenden Jahr aktiv zu verhandeln. Angesichts der stark steigenden Inflation und damit einhergehend Lebenserhaltungskosten wird ein großer Teil der Jungakademikerinnen und -akademiker reale Kaufkraftverluste des Einkommens hinnehmen. Das bringe auch für die Altersvorsorge langfristige Konsequenzen mit sich, warnen die Autorinnen und Autoren des "fip-s.at Jungakademiker:innenmonitor".