Lisa Grillneder fällt auf, gleich mehrfach. Einerseits durch ihre Dienstkleidung in einem knalligen Orange. Die Signalfarbe sticht ins Auge, sie soll die Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer wecken und an ihre Rücksichtnahme appellieren. Andererseits zieht Grillneder überraschte Blicke auf sich, wenn sie als Frau zur Motorsäge greift oder im Winter im Schneepflug für schnee- und eisfreie Straßen sorgt. Die 25-Jährige aus dem oberösterreichischen Altschwendt gehört zum rund 35-köpfigen Team der Straßenmeisterei Raab und ist die einzige Frau im Außendienst.
Gelernt hat sie Landschaftsgärtnerei beim Maschinenring Schärding. 2021 wechselte sie zur Straßenmeisterei Raab - als Landschaftsgärtnerin und als Winterdienstersatzfahrerin. Sie kommt also zum Einsatz, wenn ein Kollege etwa krankheitsbedingt ausfällt. Große, schwere Fahrzeuge sind Grillneder nicht fremd. "Wir haben zu Hause einen landwirtschaftlichen Betrieb", erklärt die 25-Jährige. "Als Ersatzfahrerin springt Lisa auf verschiedenen Geräten ein", berichtet ihr Chef, Dienststellenleiter Florian Stadler. Die Straßenmeisterei Raab hat zwei Unimogs und drei Lastwagen mit zwei beziehungsweise drei Achsen.
Eine Ausbildung für den Umgang mit diesen Fahrzeugen gibt es nicht. "Ich bin von meinen Arbeitskollegen eingeschult worden", erzählt Grillneder und ihr Chef ergänzt: "Der CE-Führerschein ist ein Aufnahmekriterium bei uns." Sommers wie winters ist das Team mit den Fahrzeugen auf Landes- und Bundesstraßen unterwegs. Gut 200 Kilometer an Straßen betreut die Straßenmeisterei Raab.
Mitarbeiter der Straßenmeisterei pflegen Straßenbepflanzungen und verrichten Winterdienst
Im Sommer steht für Lisa Grillneder zum Beispiel Mähdienst entlang der Fahrbahnen an. Oder sie pflegt die Bepflanzung von Kreisverkehren und Verkehrsinseln. Auch neue Bäume müssen Grillneder und ihre Kollegen einpflanzen. Im Winter legt zwar die Vegetation eine Pause ein, das gilt aber nicht für die Mitarbeiter der Straßenmeisterei. Sie schneiden nun Bäume und Büsche zu, sei es mit der Hand oder der an ein Fahrzeug montierten Astschere. Sie schneiden Verkehrstafeln frei, damit man freie Sicht auf sie hat, und sie verrichten Winterdienst.
Obwohl Lisa Grillneder "nur" Ersatzfahrerin ist, war sie in der vergangenen Saison viel im Einsatz. "Wenn ich für den Winterdienst eingeteilt bin, bin ich auf Rufbereitschaft", erklärt Grillneder. Jederzeit kann sie zur Dienststelle gerufen werden. "Eine Stunde vor dem Einsatz ruft mich der Einsatzkoordinator an", berichtet Grillneder. In der Dienststelle erfährt sie ihre Aufgabe und die ihr zugeteilte Route. Sie kontrolliert bei ihrem Einsatzfahrzeug, ob genügend Salz, Sole und Diesel an Bord sind. "Ich bin dann mindestens drei Stunden unterwegs und nehme danach meinen regulären Dienst auf."
Schneepflugfahrer meistern auch Wettbewerbe
Wie geschickt österreichische Schneepflugfahrer mit ihren Gefährten umgehen, stellen sie auf den Straßen unter Beweis, aber auch bei Wettbewerben, wie etwa bei der Oberösterreich-Ausscheidung. "Bei uns haben in den letzten Jahren immer wieder mehrere Mitarbeiter bei den Bewerben teilgenommen. Da es seit heuer eine eigene Damenwertung gibt, hat sich Frau Grillneder nach Rücksprache mit mir dafür angemeldet", erklärt Dienststellenleiter Stadler. Kurios: Die Bewerbe wurden nicht im Winter auf Schnee ausgetragen, sondern im Sommer beziehungsweise Herbst. Stadlers simple Erklärung: "Dafür hat man im Winter keine Zeit."
Lisa Grillneder gewinnt Schneepflugmeisterschaft
Wie gut, dass Lisa Grillneder im vergangenen Winter viele Einsatzfahrten hatte. Diese Erfahrung in Kombination mit ein paar Trainingseinheiten führte sie zum Erfolg - gleich zwei Mal in der Damenwertung. Zunächst gewann sie die Oberösterreich-Ausscheidung, dann holte sie sich auch noch den Staatsmeisterinnentitel. Bei beiden Bewerben konnte sie in der Gesamtwertung sogar ein paar Kollegen hinter sich lassen. Nicht-Fachleute werden sich an dieser Stelle fragen, wie ein Schneepflugwettbewerb abläuft. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer müssen mit einem Unimog, an dem ein Schneepflug montiert ist, einen Parcours durchfahren und dabei Aufgaben meistern. Wie Grillneder erzählt, musste sie mit ihrem Gefährt zum Beispiel einen Vorwärts- und Rückwärtsslalom bewältigen, eine Zielbremsung durchführen, mit dem Schneepflug eine Bremstrommel in einen Kreis schieben, ohne diese überhaupt zu sehen, mit der Pflugspitze Ringe aufnehmen und mit dem Pflug eine Pyramide umwerfen. Die Bewertung ist eine Kombination aus der benötigten Zeit und den bei den einzelnen Stationen gesammelten Fehlerpunkten.
