"Junge sind nicht faul, sondern anspruchsvoll und selbstbewusst." Das sagt Lena Marie Glaser. Sie hat in Wien Basically Innovative gegründet und berät Unternehmen. Auch in Sachen New Work, also neuer Arbeit. Denn obwohl das Thema längst in der Arbeitswelt angekommen ist, mangelt es am Umsetzen. "Dabei spüre ich eine echte und starke Sehnsucht nach dem ,anderen Arbeiten', gerade bei jungen Leuten. Sie sind Visionärinnen und Visionäre und bilden eine extrem vernetzte Speerspitze, wenn es darum geht, Neues anzustoßen."
Warum New Work hierzulande nicht längst Standard ist?
"Weil in vielen Unternehmen Automatismen wie ,Das geht nicht' oder ,Die Jungen fordern ja nur' vorherrschen. Und die Jungen? Die fühlen sich mit ihren Wünschen und Bedürfnissen in starren Strukturen einsam. Das zieht eine hohe Fluktuation nach sich. Also ist es wichtig, die neue Arbeit am Tapet zu haben - gerade bei Unternehmen, die noch sehr konservativ organisiert sind."
Bettina Ludwig nickt zustimmend. Die beiden Frauen sitzen auf dem Podium bei den Salzburger Medienfrauen, die kürzlich einen Abend ganz im Zeichen moderner, zukunftstauglicher Arbeit veranstalteten. Sie ist Kulturanthropologin und sagt: "Unser Mindset ist von unserer Herkunft geprägt. Ein echter Wandel ist ein langfristiger Prozess, kein kurzfristiges Projekt. Müssen und Dürfen brauchen Zeit. Es passiert ja in der Arbeitswelt schon viel, auch wenn es nicht immer für alle sichtbar ist." Sie rät dazu, dass Mitarbeitende das Thema New Work in ihrem Job aktiv ansprechen. "Wer als Erste oder als Erster davon redet, wird sehr schnell sehr viele Fans haben."
Doch was zeichnet neue Arbeitsmodelle unter dem Schlagwort "New Work" aus? Christian Holzer vom Institut für emotional intelligente Unternehmensführung in Salzburg wagt einen Definitionsversuch: "New Work ist das Gefühl, beim Richtigen zu sein. Das lebe ich, weil ich das mache, was ,mir gemäß' ist, also was mir in Sachen Workload und Arbeitszeiten entspricht." Warum Unternehmen ihren Mitarbeitenden Freiheiten und Flexibilität einräumen sollen? "Happy people perform better", also sinngemäß "Fröhliche Leute leisten mehr", lautet Holzers Motto.
Der Mensch ist für die Achtstundenwoche gemacht
Apropos Workload. Bettina Ludwig, Initiatorin des ZukunftsSymposiums in Oberösterreich, hat in Namibia Gesellschaften er- und beforscht, die nomadisch leben, jagen und sammeln. "Dabei habe ich gesehen, wofür der Mensch ursprünglich gemacht ist - nämlich für acht Stunden Arbeit. In der Woche. Doch in unserer Welt ist auch das krasse Gegenteil möglich, denn der Mensch ist ganz offensichtlich auch zu 80 Stunden die Woche fähig", sagt sie nachdenklich.
Für Lena Marie Glaser ist klar, dass bei allem Nachdenken und Umsetzen die Führungskräfte am meisten gefordert sind. "Sie können nicht mehr länger vorne stehen, nur weil sie fachlich qualifiziert sind. Sie brauchen den Durchblick und soziale Intelligenz, um Themen im Team anzusprechen", sagt die Juristin. Der Faktor Sinn in der Arbeit und der Wunsch, Potenziale zu entfalten, haben sich vervielfacht. Auch das ist bei Anforderungsprofilen für Leaderinnen und Leader wichtig. "Der moderne Führungsstil ist ein situativer, bei dem man wissen muss, wen man vor sich hat und was die Leute brauchen, um zu performen."
Jüngere und ältere Arbeitnehmende müssen spüren: ,Hier bin ich richtig.'
Die Unternehmensberaterin gibt zu bedenken, dass es allerdings auch gefährlich für Teamgefüge und Zusammenhalt werden könnte, wenn für Talente ganz viel getan und die Etablierten vergessen werden. Das Resultat? "Sie fühlen sich abgelehnt." Deshalb sei es unerlässlich, stets einen Blick auf das Verhältnis zwischen Arbeitenden und Angestellten zu haben. "Sonst entstehen immer mehr Bruchlinien", warnt Glaser.
Auch Bettina Ludwig verortet einen gewissen Generationenkonflikt in Unternehmen, der durch New Work befeuert wird. "Junge wollen nicht mehr arbeiten wie ihre Eltern. Junge Väter wollen ihre Kinder aufwachsen sehen und nicht erst spätabends nach Hause kommen." Und auch dieses Umdenken brauche Zeit und bedeute nicht, dass niemand mehr arbeiten und sich einsetzen möchte. "Wir alle wollen Teil des Ganzen und der Gemeinschaft sein. So ist der Mensch gestrickt." Wenn die Möglichkeit dazu fehle, gehe die Motivation allerdings verloren. "Also müssen wir es schaffen, die Jungen wieder ins Boot zu holen" - auch, wenn die Arbeitswelt sehr komplex geworden ist und von Einpersonenunternehmen über Mittelständische bis zu riesigen Konzernen alle mitgedacht werden müssen. Fest steht: "Je kleiner die Einheit, desto leichter lässt sich ein Wandel durchführen."
Christian Holzer betont, dass Verantwortliche im Arbeitsleben gefordert sind, viele Sprachen zu sprechen, denn der Markt hat sich gedreht. "Die Arbeitnehmerinnen und -nehmer diktieren ein Stück weit die Konditionen und der Bedacht auf den Cultural Fit, also das Zusammenpassen von Bewerbenden und Anbietenden, wird immer wichtiger." Alle drei auf dem Medienfrauen-Podium sind sich einig: "Jüngere und ältere Arbeitnehmende müssen sich in ihren Unternehmen wohlfühlen und spüren: ,Hier bin ich richtig.'" Und zwar ab sofort.