Ulrich Pozar brennt als Jugendlicher für Oldtimer. Auf seinen ersten eigenen Opel Commodore, Baujahr 1972, mit Sechszylinder-Automatik und 150 PS ist er unheimlich stolz. Weil er davon träumt, seine Leidenschaft zum Beruf zu machen, entscheidet er sich nach der Matura für das Studium der Fahrzeugtechnik an der FH Joanneum. Was er zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß: Bei Themen wie Elektrotechnik, Festigkeitslehre und Thermodynamik fehlt ihm viel Grundlagenwissen. So viel, dass es zunehmend schwierig für ihn wird mitzuhalten. Der Steirer kämpft sich von einer Prüfung zur nächsten - und scheitert schließlich endgültig im fünften Semester. Es ist das Ende seines Traums. Pozar verlässt die FH. Von diesem Scheitern erzählt er bei den Fuckup Nights Salzburg, der zweiten Studi-Edition, die kürzlich an der FH Salzburg in Puch-Urstein vor über 200 Zuhörenden im Audimax stattfand. Bei den Fuckup Nights erzählen drei Personen von einem Scheitern in ihrem Berufsleben. Oder, so wie an diesem Abend: von Umwegen, Lücken und Fehlentscheidungen auf dem Weg.
Sven Maikranz: "Warum tue ich eigentlich, was ich tue?"
Vor ziemlich genau 30 Jahren absolvierte Sven Maikranz seinen Master. Danach folgte eine beeindruckende internationale Konzernkarriere. Er arbeitet darauf hin, ganz oben zu sein. Eines Tages wird er Chief Executive einer börsennotierten Firma. Doch anders als erwartet bleiben das innere Feuerwerk und die große Freude aus. Er versucht herauszufinden, warum sich an diesem Punkt in seiner Karriere nichts so anfühlt, wie er sich das vorgestellt hat. "Warum tue ich eigentlich, was ich tue?" wird zur bestimmenden Frage, auf die er eine Antwort suchen will.
Warum er tut, was er tut, weiß auch Ali Mahlodji an einem Punkt in seinem Leben nicht mehr. Nämlich dann, als er während seiner Konzernkarriere direkt im Burn-out landet. "Wenn ich auf meine Entscheidungen zurückschaue, dann habe ich mich deshalb für die HTL Hoch- und Tiefbau entschieden, weil mein bester Freund da hingegangen ist." Mahlodji bricht die HTL ab, zu seiner Mutter sagen die Lehrer: "Schauen Sie, dass er etwas Einfaches macht."
Glaubensätze motivieren Unternehmer Ali Mahlodji: "Wenn du willst, dann schaffst du alles.."
Aber Mahlodji hat Glaubenssätze im Gepäck. Sie motivieren ihn, stacheln ihn zu Höchstleistungen an. Einer davon lautet: "Wenn du willst, dann schaffst du alles." Also holt er in der Abendschule die Matura nach, konzentriert sich auf die Informatik, ein Gebiet, das ihm liegt. Schließlich beginnt er sogar zu studieren. Denn eine weitere Botschaft, die er sich immer wieder sagt, ist: "Nur wenn du studierst, bist du jemand." Mahlodji beendet das Studium zwei Semester schneller als die Mindeststudienzeit, seine Karriere nimmt Fahrt auf. Doch in der Konzernwelt geht es ihm nicht gut. "Ich habe geglaubt, das muss so sein. Ich dachte, das ist wohl der Preis für den Erfolg." Schließlich ist das der Glaubenssatz, der ihn direkt ins Burn-out befördert. Die Krise ist für ihn damals eine Enttäuschung: "Heute bin ich dankbar für die Enttäuschung, denn sie zeigt, an welchem Punkt ich mich selbst getäuscht habe. Am Ende ist jede Enttäuschung eine Abkürzung."
Sven Maikranz: "Manche meiner Ziele waren nur ein Mittel, um meine Angst vorm Versagen zu vertreiben."
Getäuscht hat sich auch Sven Maikranz. Denn auch er hat Glaubenssätze mit sich herumgetragen, die viele seiner Entscheidungen beeinflusst haben. Einer davon: "Du musst immer gewinnen, sonst bist du nichts wert." Den früheren Schwimmer hat das stets zu mehr Leistung angespornt. "Glaubenssätze sind ja nicht immer schlecht, sie bringen auch viel Positives. Nur wenn man sich ihrer nicht bewusst ist und sie damit nicht hinterfragen kann, dann läuft man womöglich Zielen hinterher und weiß nicht wirklich, warum. Es ist, als würde ein Fremder hinterm eigenen Lenkrad sitzen." Das sieht er heute nach sehr viel Selbsterfahrung, Weiterbildung und Reflexion: "Im Rückspiegel erkenne ich, dass manche meiner Ziele nur ein Mittel waren, um meine Angst vorm Versagen zu vertreiben. Sie waren aber nicht das, was ich wirklich wollte."
Ulrich Pozar: "Eine Leidenschaft muss nicht immer automatisch zum Beruf werden"
Nach der großen Enttäuschung, die Ulrich Pozar am Joanneum erlebt, wechselt er den Studiengang. Im Nachhinein war dieser Schritt für ihn genau richtig: "Für mich hat sich herausgestellt, dass eine Leidenschaft nicht immer automatisch zum Beruf werden muss. Mir hat der Abgleich mit meinen eigenen Stärken gefehlt." Im Studiengang für Industriewirtschaft scheint ihm dann alles leicht zu gelingen, Pozars Horizont erweitert sich enorm. Er lernt Spanisch, macht ein Praktikum in Madrid und lernt dort seine heutige Frau kennen. Immer mehr verändert sich auch seine Einstellung, ein nachhaltiger Lebensstil wird zunehmend wichtiger. Heute ist Pozar Gründer von sharingup, einem Start-up für nachhaltige Babykleidung im Abo.
Auch Maikranz weiß heute, was für ihn wirklich zählt. Er möchte das Leben anderer positiv beeinflussen. Deshalb teilt er an diesem Abend seine Geschichte. Als Gründer von upstrive hat er zudem eine App entwickelt, die junge Menschen mental stärken soll: "Wir alle haben viel weniger Einfluss auf die Ereignisse in unserem Leben, als wir glauben. Was wir aber sehr wohl beeinflussen können, ist, welche Bedeutung wir dem geben, was uns passiert." Ali Mahlodji sieht das ähnlich: "Was dir im Leben passiert, ist nicht immer deine Schuld. Aber es ist deine Verantwortung, auf die Suche zu gehen und die Frage zu stellen: Wer bin ich wirklich?"
Eigentlich wollte Ali Mahlodji nie auf einer Fuckup Night sprechen
Denn ans Scheitern glaubt der Wiener mit iranischen Wurzeln nicht: "Ich glaube nicht ans Scheitern, ich glaube an den Lauf des Lebens. Wir neigen nur leider sehr stark dazu, aufs Scheitern zu schauen, anstatt aufs anschließende Wachstum." Dass dieses Wachstum für jeden von uns möglich ist, will er mit seiner Geschichte zeigen. Als Kleinkind floh er mit Familie aus dem Iran nach Österreich, heute ist er EU-Jugendbotschafter. Die Schule hat er abgebrochen, trotzdem absolvierte er später ein Studium in Rekordzeit. Heute ist er Unternehmer, Keynote-Speaker und Autor. Wenn man einen Weg abbricht, heißt das noch lange nicht, dass man daran zerbrechen muss. Mahlodji, Pozar und Maikranz mögen zwar hingefallen sein - doch sie sind immer wieder aufgestanden. Und genau darum geht es am Ende wohl.