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Shared Leadership: Führung im Doppelpack

Warum es eine reife Persönlichkeit braucht, um gemeinsam an der Spitze zu stehen.

Zwar kein Führungsduo, dennoch ein gutes Team: Diana Unterberger (l.) und ihre Vorgesetzte Andrea Stumpp sorgen für Innovationen und frischen Wind bei der Salzburger Sparkasse.
Zwar kein Führungsduo, dennoch ein gutes Team: Diana Unterberger (l.) und ihre Vorgesetzte Andrea Stumpp sorgen für Innovationen und frischen Wind bei der Salzburger Sparkasse.

"Wir wollten weg vom klassischen Einzelkämpfertum", erklärt Diana Unterberger die Vision hinter den Führungsduos bei der Salzburger Sparkasse. "In unserer zunehmend komplexen, sich ständig wandelnden Arbeitswelt tut man sich einfach leichter, wenn man sich austauschen kann." Unterberger ist Juristin, ausgebildete Mediatorin, Coach. Gemeinsam mit fünf Kolleginnen und Kollegen sorgt sie für Innovation und Entwicklung bei der Salzburger Sparkasse. Ein Teilbereich: Shared Leadership. Acht Führungsduos gibt es inzwischen im Unternehmen - in den Filialen in den Regionen, aber auch im Risikomanagement in der Zentrale am Salzburger Hauptbahnhof. Das neunte Team scharrt bereits in den Startlöchern.

Shared Leadership bedeutet Mehraufwand

Dass Shared Leadership einen Mehraufwand bedeutet, müsse bewusst sein: gerade wenn es um die Entwicklung einer gemeinsamen Richtung geht. Aber auch im weiteren Verlauf braucht es genug Raum für Rücksprache. "Erst wenn das Ziel klar ist, ist der Weg klar. Das gilt für Duos umso mehr", weiß Unterberger. Daher setzt die Salzburger Sparkasse auf einen intensiven Coachingprozess: "Die Startphase wird gut begleitet. Zunächst macht man sich im Einzelcoaching Gedanken darüber, wofür man selbst steht, wo die eigenen Grenzen liegen, welche Ziele man für das Unternehmen erarbeiten will. Im Duo gleicht man diese Vorstellungen ab, schaut, wo es Überschneidungen gibt, wo Reibungen", erklärt Unterberger. "Passen die Werte zusammen? Hält man die Meinung des anderen überhaupt aus? Wie sieht es auf inhaltlicher Ebene aus? Hat man den Mut, seine Meinung zu sagen, aber auch dem anderen den Rücken zu stärken? Dafür braucht es schon eine reife Persönlichkeit. " Erst dann lasse sich eine gemeinsame Strategie entwickeln. "Learning Journeys" nennt Unterberger diesen Prozess. Wichtig ist auch ein realistischer Blick: "Fehlerkultur ist bei uns fest verankert. Wir reden auch über Dinge, die nicht so gut laufen."

Sinn, Werte und Entwicklung haben generell einen hohen Stellenwert bei der Salzburger Sparkasse: "Wir holen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab und schauen, dass sie unsere Kultur wirklich kennenlernen", sagt Unterberger. "Es ist wichtig, die Kernwerte der anderen zu kennen. Dann weiß ich auch, warum sie gerade reagieren, wie sie reagieren."

Verschiedene Perspektiven tun gut

Vorgesetzte mit einem zeitgemäßen Führungsverständnis sehen in ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern keine Befehlsempfänger, sondern lassen sie mitdenken und mitgestalten. Shared Leadership kann daher auch heißen, dass klassische Managementaufgaben im Team verteilt und Entscheidungen basisdemokratisch getroffen werden.

Bei der Salzburger Sparkasse werde das Pensum im Duo aufgeteilt; nicht notwendigerweise 50:50, sondern je nach Umfang der Aufgaben auch 60:70 oder 100:100, erklärt Unternehmensentwicklerin Unterberger. Beide Führungskräfte sind sowohl für das Management als auch für die Leitung des Teams verantwortlich. Wichtig dabei: "Man muss mit einer Stimme sprechen, dem anderen Part den Rücken stärken." Die Vorteile dieses Zugangs haben sich in den vergangenen Jahren gezeigt: "Es ist ein Balanceakt, Management und Leadership unter einen Hut zu bekommen, außerdem Innovation und Tradition, wie es in einer Bank der Fall ist", sagt Unterberger. "Bei diesen hohen Anforderungen von verschiedenen Seiten ist es einfacher, Lösungen gemeinsam zu finden. Außerdem kann es einem Unternehmen nur guttun, wenn es unterschiedliche Perspektiven gibt. " Gestiegen sei außerdem die Zufriedenheit der Beschäftigten: "Sie fühlen sich mehr gesehen." Die Expertise aus Salzburg fragen inzwischen bereits andere Institutionen im Sparkassenverband an.

Nebeneffekt von Shared Leadership: Mehr Chancen für Frauen

600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt die Salzburger Sparkasse im Bundesland. 63 Prozent davon sind Frauen. Gerade sie kehren nach der Karenz häufig in Positionen zurück, für die sie überqualifiziert sind. "Das sind Ressourcen, die verschleudert werden", ist Unterberger überzeugt. Beim Shared Leadership gehe es dem Unternehmen nicht in erster Linie um Frauenförderung - aber es sei ein willkommener Nebeneffekt. Unterberger ist selbst Mutter von zwei Söhnen, genau wie ihre Vorgesetzte Andrea Stumpp. "Es macht etwas mit dir, wenn du aus der Karenz zurückkommst und selbstbewusst in einer Führungsposition weiterwirken kannst." Wenn die Frauen das denn wollten: Da liege gesamtgesellschaftlich viel im Argen. Und auch Frauen selbst sollten den eigenen Perfektionsanspruch hinterfragen, empfiehlt Unterberger. "Jede dritte unserer Filialen wird von einer Frau geführt. Wenn sie wollen, bekommen sie die Chance."