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Ulrike Rabmer-Koller:"Ich trage Entscheidungen durch"

Ulrike Rabmer-Koller hat den Familienbetrieb ausgebaut - und schließlich wieder verkleinert. Warum radikale Schritte schlau sein können und warum Jammern keine Option ist.

Welcher Weg ist der bessere?
Welcher Weg ist der bessere?

Unternehmerin, Politikerin, Netzwerkerin: Wer Ulrike Rabmer-Koller sprechen hört, merkt schnell, dass sie eine Frau ist, die dem Guten den Vorzug gibt und vom tatenlosen Jammern nichts hält. Positive Leadership ist der Führungsstil, den sie bevorzugt. Technik und Innovation haben sie schon immer interessiert, in dieser Branche ist sie als selbstbewusste junge Dame erzogen worden.

BWL-Studium, Auslandserfahrungen und Spitzenpositionen

Nach ihrem Betriebswirtschaftslehre-Studium hat sie Praxis gesammelt, im Inland wie auch im Ausland. Ihr Lebenslauf weist Spitzenpositionen auf, auch in der Politik. So war sie etwa von 2015 bis 2020 Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Österreich (WKO), der Fokus lag auf kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) sowie auf Umwelttechnologie. Vier Jahre lang war sie Präsidentin des europäischen KMU-Verbands. In dieser Funktion traf sie die Spitzen der EU und arbeitete an der europäischen Industriestrategie 2030 mit. 2020 wurde sie zur Honorarkonsulin des Königreichs Belgien für Oberösterreich ernannt, außerdem sitzt sie in mehreren Aufsichtsräten.

Als Frau in der Baubranche erfolgreich

Im Schloss Mondsee sitzt sie bei einem Kamingespräch zwölf Frauen gegenüber, die gerade den Management-Lehrgang der Frauen:Fachakademie besuchen. Dass es selbst für Frauen in Spitzenpositionen nicht immer mit voller Kraft geradeaus geht, betont sie an diesem Abend besonders und teilt ihre eigene Geschichte mit den Anwesenden. Sie berichtet davon, dass sie als jüngste Tochter eines Bauunternehmer-Ehepaars im oberösterreichischen Altenberg bei Linz aufgewachsen ist. Hochbau, Tiefbau, Umwelttechnologie - heute führt sie die mittelständische Rabmer-Familiengruppe und ist seit 2011 alleinige Gesellschafterin. Auf dem Weg habe sie allerdings Hürden bewältigen müssen, erzählt sie.

Doch der Reihe nach: Als Rabmer-Koller als junge Frau in einem international tätigen Maschinenbauunternehmen beschäftigt gewesen und sie auf der Karriereleiter immer besser vorangekommen sei, habe ihr Vater sie gebeten, ins Familienunternehmen zurückzukehren. Sie stimmte zu - und damit ging der Wandel von der regionalen Baufirma zum internationalen Bau- und Umwelttechnologieunternehmen einher. Zu Spitzenzeiten zählte dieses, alle internationalen Beteiligungen eingerechnet, einen Höchststand von 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Radikaler Schritt mit Teilverkauf des Unternehmens

Obwohl ihr der internationale Rohrsanierungsbereich sehr wichtig war, entschied sich Ulrike Rabmer-Koller 2011, diesen zu verkaufen. "Mein Bruder war damals schon seit einigen Jahren nicht mehr operativ tätig und wollte seine 50-Prozent-Anteile am Unternehmen verkaufen. Um meinem Bruder die Anteile abzukaufen, hätte ich mich mitten in der Wirtschaftskrise persönlich in die Abhängigkeit von Banken begeben oder die Liquidität der Firma beschneiden müssen. Beides wollte ich nicht."

So entschloss sie sich zu einem radikalen Schritt. Statt weiteren Wachstums in mehreren Ländern ging es zurück in Richtung Anfang. "Wir haben das Unternehmen geteilt und ich habe den angestammten Baubereich sowie das Umweltsegment behalten - der internationale Rohrsanierungsbereich wurde ausgegliedert und an einen langjährigen Interessenten verkauft." So wurde sie zur alleinigen Gesellschafterin des Unternehmens, welches sie seither wieder ausbaut und internationalisiert hat.

Bild: SN/fachakademie/birgit probst
Oft ist es auch gut, auf sein Bauchgefühl zu hören.
Ulrike Rabmer-Koller, Rabmer-Gruppe

Die 55-Jährige erklärt: "Ich habe oft erlebt, dass Wege sich später als sehr positive Entwicklung herausgestellt haben." Teile des Unternehmens zu verkaufen sei ihr nicht leichtgefallen, "doch auch dieser Weg war schlussendlich gut und richtig". Sie ergänzt: "Ich höre sehr oft auch auf mein Bauchgefühl. Wenn ich sehe, dass nichts mehr weitergeht oder ich nichts mehr zu einer guten Veränderung beitragen kann, dann treffe ich Entscheidungen. Mir ist wichtig, zu diesen zu stehen und sie dann auch durchzutragen." So gelinge es ihr, nach außen und im Unternehmen authentisch zu bleiben. Sie legt Wert darauf, sich keinem Groll zu ergeben und immer auf die Chancen zu schauen. "Das zeichnet meine Persönlichkeit aus: Ich bin eine extreme Optimistin und versuche ganz bewusst, das Positive zu sehen."

Weil ihr echte Veränderung wichtig ist, hat sie auch als Vorsitzende des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger die Konsequenzen gezogen: "Reformen, wie ich sie wollte, waren in der damals geänderten politischen Situation plötzlich nicht mehr möglich. Deshalb habe ich die Funktion zurückgelegt." Und wiederum: Nach der klaren Entscheidung gab sie nicht auf. Im Hintergrund arbeitete sie weiter an der Sozialversicherungsreform mit und durfte sich eineinhalb Jahre später freuen, dass diese dann doch umgesetzt wurde - auch, wenn sie nicht mehr an vorderster Front stand.

Kollegiale und partizipative Führung

Bei dem Kamingespräch in Mondsee spricht sie offen darüber, wie sie das Führen versteht. Kollegial und partizipativ - diese Richtung entspreche ihr, denn sie sei eine Teamplayerin. "Ich vertraue meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehr", sagt sie. Sie gebe die Strategie vor, treibe sie mit dem Team voran und schaue, "dass ich meine Handschrift im Unternehmen hinterlasse". Der Erfolg sei damit ein Teamerfolg.

Ein Wunsch im Job: Für die Baubranche wünscht sie sich mehr Mädchen und Frauen. "Wie man an meinem Beispiel sieht, haben sie dieselben Talente und Fähigkeiten wie Männer. Ihr Interesse muss dringend geweckt werden."