Tristan Horx ist 28 Jahre jung. Er gehört damit zur begehrten Zielgruppe der sogenannten Millennials. Diese steht mit ihren Interessen und Motiven im Fokus vieler Unternehmen. Doch dann gibt es ja auch noch die Generation Z, die bereits in den Startlöchern scharrt, um den Arbeitsmarkt zu erobern. Was aber ist überhaupt dran an den Generationen-Klischees? Ist "Nine to five" wirklich "total Boomer"? Darf man einen Gen-Z-ler nach 17 Uhr noch am Firmenhandy anrufen? Und wie kann die Zusammenarbeit mehrerer Generationen harmonisch funktionieren?
SN: Können Unterscheidungen wie "Babyboomer", "Millennials" oder "Gen Z" wirklich dabei helfen, die Menschen besser zu verstehen?
Tristan Horx: Es gibt gewisse kulturelle und zeithistorische Erlebnisse, die Prägungen mit sich bringen, vor allem was das Thema Arbeit betrifft. Die sogenannte Babyboomer-Generation - geboren zwischen 1945 und 1964 - hat wirtschaftlich verdammt viel weitergebracht und die Welt nach dem Krieg neu aufgebaut. In dieser Generation ist die "Nine to five"-Einstellung noch tief verankert: Man sitzt seine acht Stunden Arbeitszeit ab, das ist die zentrale Daseinsberechtigung. Die Generation X, die danach kam - auch ein wenig bekannt als die "vergessene" Generation - war zu "klein", um den Zeitgeist wirklich zu prägen. Kopf runter, hart arbeiten, so lautete ihre Einstellung. Das wird sich für sie nun allerdings rentieren, denn die Boomer kommen ins Pensionsalter und die Gen X übernimmt. Beide Generationen, sowohl Boomer als auch Gen X, sind stark industriell geprägt. Danach kam meine Generation, die Millennials.
SN: Und mit ihr ein Umdenken?
Der Sinn der Arbeit wurde auf einmal hinterfragt. Auch haben wir Homeoffice schon gefordert, bevor es "in" war. Das Problem war nur, dass unsere Chefs meist aus der älteren Generation stammten, die dazu sagte: "Schön und gut, aber nicht mit uns!" Doch genau daran ändert sich jetzt etwas, denn wir haben mittlerweile einen Arbeitnehmermarkt und Unternehmen sind gezwungen, sich zu wandeln.
Man muss dazu sagen: Die Eltern von uns Millennials sind ja Boomer, weshalb viele von uns mit Wohlstand aufgewachsen sind. Diesen Postmaterialismus, der in unserer Einstellung mitschwingt, muss man sich ja auch erst einmal leisten können. Und das kann meine Generation natürlich noch eher als die darauffolgende. Ich will das Wort "verwöhnt" jetzt nicht in den Mund nehmen, denn genau das unterstellt ja eine Generation immer der anderen: dass diese verwöhnter und fauler sei als die eigene. Das passiert mir ja schon in Bezug auf die Gen Z.
"Jede Generation unterstellt der anderen, dass sie verwöhnter und fauler sei als die eigene." Tristan Horx
SN: Stichwort Generation Z: Welche Einstellungen und Wünsche in Bezug auf die Arbeitswelt bringen die Post-Millennials mit?
Die Gen Z ist gerade beim Berufseinstieg. Sie ist wesentlich pragmatischer als ihre Vorgängergeneration, da sie in unsicheren Zeiten aufgewachsen ist. Die Z-ler würden gerne die flexiblen Konzepte und Arbeitswelten, die die Millennials fordern, leben, sind aber gerade ein wenig ernüchtert. Das ist kein Wunder, denn sie erlebten zuerst die Finanzkrise - die zwar in erster Linie ihre Eltern betraf, aber natürlich ganze Familien prägte -, dann die Flüchtlingskrise, dann die Coronakrise und jetzt den Krieg. Über allem schwebt das Damoklesschwert der Klimakrise. Stabilität ist der Gen Z durch diese Krisendichte wieder ein höheres Anliegen geworden. Sie hat außerdem erlebt, dass sich die Träume ihrer Vorgänger über Sinnhaftigkeit und Selbstverwirklichung oft nicht erfüllt haben. Es gibt also in der Tendenz, die man erwarten würde - nämlich dass die junge Generation komplett auf Arbeitszeiten und Strukturen pfeift -, einen Bruch, die Gen Z will Sicherheit. Viele Z-ler sagen sich: "Okay, ich mache halt meinen Acht-Stunden-Tag, aber nach 17 Uhr bin ich für meinen Chef nicht mehr erreichbar."
SN: Wie sieht die Arbeitswelt für die Gen Z heute aus?
Berufseinstiege haben sich während der Lockdowns schwierig gestaltet, Unternehmen konnten zum Beispiel keine Praktika vergeben. Das Onboarding - vor allem wenn man noch gar keine Berufserfahrung hat - nur digital zu durchlaufen ist nicht leicht. Die jungen Arbeitnehmer hatten bzw. haben es daher schwerer, sich wirklich in eine Unternehmenskultur einzufinden. Davon abgesehen ist die Gen Z aber sehr begehrt, denn wir haben, wie gesagt, einen Arbeitnehmermarkt. Die jungen Leute wechseln heute öfter ihren Beruf, während die Boomer beispielsweise ewig bei einem Unternehmen blieben und sich dort hochgearbeitet haben. Da gab es alle zwei Jahre eine Gehaltserhöhung und den dicken Firmenwagen. Heute haben die Unternehmen oftmals die Befürchtung: "Wenn ich diese Person jetzt einstelle, ist sie nach kurzer Zeit wieder weg." Aus diesem Grund wird beim Einstiegsgehalt gespart. Dazu kommt noch: Wer jetzt in einen Beruf einsteigt, gibt mehr als die Hälfte seines Gehalts nur für Fixkosten aus. Das war früher noch anders, dennoch sagt die ältere Generation: "Dass ihr euch nichts leisten könnt, liegt nur daran, dass ihr so faul seid!" Das eigentliche Dilemma aber ist: Die Jungen sind motiviert, sie spüren, dass wir uns in einer Umbruchszeit befinden, werden aber mit erbärmlichen Einstiegsgehältern abgespeist, obwohl der Arbeitsmarkt sie braucht.