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Unterrichten im Ausland

Seit neun Jahren unterrichtet Bettina Padinger in Italien. In drei Jahren muss ihr Einsatz im Ausland enden. Sie will Kompetenzen durch Auslandserfahrung nicht vergeudet wissen.

Haben Lehrkräfte im Ausland unterrichtet, kann das wieder zurück den hiesigen Schulalltag bereichern.
Haben Lehrkräfte im Ausland unterrichtet, kann das wieder zurück den hiesigen Schulalltag bereichern.

"Nach so vielen Jahren in Italien mit Deutsch als Fremdsprache würde ich später in Österreich gern in diesem Fach weiterarbeiten. Es wäre großartig, wenn Leute wie ich, die aus dem Ausland zurückkehren und in die Regelschule eingegliedert werden, die Möglichkeit bekommen würden, wertgeschätzt zu werden und ihre neu gewonnene Erfahrung im Schulalltag praktizieren zu können. Ob Menschen aus Syrien oder der Ukraine - der Bedarf, Deutsch zu lernen, ist da." Das sagt Bettina Padinger. Die heute 44-Jährige hat in Salzburg Germanistik sowie Psychologie und Philosophie studiert und danach in Bayern und Hallein unterrichtet - bis sie ihr Weg in die Nähe von Mailand führte.

Neun Jahre hat sie dort bereits als Deutschlehrerin in der Scuola Europea di Varese verbracht. Obwohl sie die Arbeit liebt, sind nun die letzten drei Jahre für die gebürtige Oberösterreicherin angebrochen. Danach endet ihr Auftrag in Italien und sie muss zurückkehren. Ein Datum, dem sie mit gemischten Gefühlen entgegenblickt.

Doch der Reihe nach. Als Jugendliche hat Padinger selbst Italienisch gelernt. Damit war der Grundstein für die Liebe zu Sprache, Land und Leuten offenbar gelegt. Ein Erasmus-Aufenthalt hat in ihr den Wunsch verstärkt, eines Tages dort zu leben und zu arbeiten. Sie hat ihr Germanistikstudium in Salzburg abgeschlossen und zu unterrichten begonnen - bis sie sich beim Bildungsministerium für das Auslandsschulwesen angemeldet hat.

Anmeldung für Auslandsschulwesen ist einfach

"Das Prozedere war einfach. Nach der Anmeldung kommen E-Mails, sobald Stellen innerhalb der Europäischen Union frei werden", berichtet sie. Einen Posten in Mailand habe sie knapp verpasst - 2013 war es dann so weit: "In Genua und Varese waren Plätze frei. Auch Moskau wurde mir angeboten - doch ich hatte Glück und habe Varese bekommen."

Damit ging einerseits ein Lebenstraum der jungen Frau in Erfüllung, andererseits bedeutete der Schritt ein Loslassen von Freunden und Team nach sieben Jahren an der HTL Hallein samt Neubeginn in einer völlig fremden Stadt. Doch: "Diese Chance musste ich ergreifen." Also hat sie Umzugskartons gepackt und ist übersiedelt.

In der Lombardei angekommen, hat Padinger sich eingehend darüber informiert, was es bedeutet, an einer europäischen Schule zu sein, wie der Lehrplan aussieht, wie das System. "Meine Idee war, dass es ein großer Pool an Kulturen und Möglichkeiten ist, in dem ich arbeite." Das habe sich definitiv bestätigt, sagt sie. Ihre Schüler, zwischen elf und achtzehn Jahre alt, kommen aus unterschiedlichen Staaten der EU, ebenso das Kollegium.

Vierzehn Typ-1-Schulen in der EU

14 sogenannte Typ-1-Schulen gibt es in der Europäischen Union. Das bedeutet, dass sie unmittelbar mit Brüssel zusammenhängen und die Lehrpersonen mit ihrem Vertrag entsandt werden.

"Wir bekommen einen Zuschuss von der EU, jede Lehrerin und jeder Lehrer verdient gleich viel. Egal aus welchem Land sie, er kommt. Da ist Gleichheit wichtig. Wir unterstehen den Entscheidungen, die in Brüssel getroffen werden. Das bedeutet aber auch, dass die Mühlen langsam mahlen, weil die Schulen sehr groß sind."

Kritisch sieht sie die Tatsache, dass Ortskräfte empfindlich schlechter bezahlt werden. "Mit verfügbaren muttersprachlichen Lehrern füllt die Schule freie Posten auf. Sie leisten dasselbe wie wir EU-Gesandten und bekommen viel weniger Geld dafür."

Doch wer kann diese Schule überhaupt besuchen? Padinger: "Alle EU-Bediensteten haben das Recht, dass ihre Kinder in ihrer Muttersprache unterrichtet werden. Wo eine dieser Schulen liegt, sind auch EU-Institutionen mit vielen Mitarbeitenden in der Nähe. In unserem Fall ist es eine Forschungseinrichtung am Lago Maggiore." Gibt es Restplätze in den - sehr kleinen - Klassen, dann werden diese mit Kindern aufgefüllt, deren Eltern Schulgeld bezahlen.

Maximal 12 Schüler in Deutsch-als-Fremdsprache Klasse in Varese

Einen der allergrößten Unterschiede zum Schulsystem in Österreich sieht Bettina Padinger in der Klassengröße. Varese habe mit 1500 Kindern und Jugendlichen, von Kindergarten bis Abschlussklasse, vergleichsweise wenige Schüler. Der Abschluss ist das europäische Bakkalaureat, das in allen Ländern anerkannt ist und das Studieren ermöglicht. "Ich habe zwischen einen und acht, maximal aber zwölf, Schüler in den Deutsch-als-Fremdsprache-Klassen. Das hat den Vorteil, dass ich sie individuell betreuen kann." Und das werde von den Eltern auch erwartet. "Zu Hause ist das unmöglich. Bei 25 oder 30 Jugendlichen geht es einfach nicht, auf alle Bedürfnisse einzugehen."

Die gebürtige Oberösterreicherin unterrichtet 21 Stunden die Woche, im gerade beginnenden Schuljahr die Oberstufe. Sie beginne den Weg mit fünf oder sechs Schülern, lerne sie und ihre Interessen samt Problemen kennen. "So plane ich dann den Unterricht. Die Jugendlichen und ihre Eltern sind sehr dankbar, dass ich so auf sie eingehe.

Respekt und Wertschätzung: Schüler sehen Lehrer als Helfer

Ein weiterer Unterschied ist, wie viel Respekt zwischen Schülern, Lehrern und Eltern herrscht. Dieses System fördert die Wertschätzung enorm und vor mir sitzen junge Leute, die lernen wollen. Das begeistert mich, denn sie sehen Lehrer als Helfer."

Besonders schätzt Padinger, dass es so viele Fördermöglichkeiten gibt, wenn Schüler Probleme beim Lernen oder auch in anderen Bereichen ihres Lebens haben. Vertrauenslehrer und Psychologen sind (ebenso wie in Österreich) Standard, doch zu ihnen kommen Gruppen hinzu, die beim Lernen helfen und bei Herausforderungen da sind. "Zu unterstützen ist viel besser, als jemandem mit dem Durchfallen zu drohen", sagt sie. Wer in einem Fach Schwächen habe, könne es wegen des Kurs- und Modulsystems zwar nicht ganz abwählen, jedoch den Stundenumfang reduzieren und sich auf andere Fächer konzentrieren.

Im Ausland sind Anforderungen und Arbeitsaufwand höher

Für Padinger als Lehrerin seien sowohl Anforderungen als auch Arbeitsaufwand bei Weitem höher als in den heimischen Schulen. "Auch wenn ich hier wegen der kleinen Sprachabteilung weniger zum Korrigieren habe, gilt es stets ein individuelles Programm zu erstellen", erzählt sie. Sie berichtet von einer guten Verbindung, die sie zu den Mädchen und Burschen habe - und dass sie es genieße zu sehen, dass ihre Arbeit echte Erfolge mit sich bringe. "Ich bekomme Wertschätzung von allen Seiten und diese Kombination ist eine effektive Burn-out-Prävention in diesem sehr fordernden Job."

Ein Mal konnte Padinger ihren Vertrag nun verlängern. Wie sie dem Jahr 2025 entgegenblickt? "Ich würde gern sehen, dass meine Erfahrung in Österreich geschätzt wird und ich diese im Regelsystem zu angemessenen Bedingungen einbringen kann. Käme eine Novelle und könnte ich in Italien bleiben, dann würde ich das selbstverständlich noch viele Jahre gern machen."