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Vorzeigebetriebe: Wie man Lehrlinge heute findet und langfristig hält

"Etwas machen, was nicht alle machen" : Österreichs staatlich ausgezeichnete Lehrbetriebe ermöglichen jungen Menschen ungewöhnliche Berufswege.

Von links: Die Lehrlinge Lena Kovacevic, David Lyhs, Philipp Krüger und der Lehrlingsbeauftragte Christoph Posch arbeiten für die SalzburgMilch.
Von links: Die Lehrlinge Lena Kovacevic, David Lyhs, Philipp Krüger und der Lehrlingsbeauftragte Christoph Posch arbeiten für die SalzburgMilch.

Die Tiroler Hightech-Firma Swacrit Systems gehört zu jenen 16 Unternehmen, die heuer das Gütesiegel des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft erhalten haben. Swacrit, das dem Industriellen Christoph Swarovski gehört, stellt innovative, oftmals extrem kleine Bauteile für die Halbleiterindustrie her, wie man sie in Smartphones, Prothesen oder Solarpaneelen findet. Neben den Standorten Hall und Wildermieming ist ein neues Werk in Nassereith in Planung. Firmenslogan: "Wir sind Meister des Metalls."

"Wir bilden Maschinenbautechniker aus und sind da recht breit aufgestellt", sagt der Lehrlingsausbildner und Produktionsleiter Jürgen Wildauer am Standort Wildermieming. Es gehe um Schweißen und Löten, Montage- und Fügetechniken oder die Zerspanung von Aluminium oder Stahl mithilfe von computergesteuerten Maschinen - vor allem aber um Projekte, "wo die anderen sagen, das geht nicht", so Wildauer. Auf diese Reise wolle man junge Menschen mitnehmen, sie fördern.

Exzellenz starte mit einem guten Betriebsklima

"Bei uns beginnt die Lehre mit einem Handschlag. Der Lehrling gibt das Versprechen, dass er sich bemüht. Wir versprechen, uns ebenfalls zu bemühen, dass der Lehrling gut durch die Ausbildung kommt. Die Führungskraft kriegt dadurch einen ganz anderen Stellenwert, ist auch Begleiter." In keinem Kollektivvertrag stehen auch die kleinen menschlichen Details: Wenn etwa Wildauer als Chef an einem Samstagvormittag in die Firma kommt, um mit zwei lernschwachen Lehrlingen Rechnen und Fachzeichnen zu üben, oder wenn man der Belegschaft in der Samstagschicht eine kleine Jause bringen lasse.

Der Betrieb bietet (wie die meisten ausgezeichneten Unternehmen) die Möglichkeit der Lehre mit Matura. Dabei arbeitet der Lehrling vier Tage und geht am fünften Tag in die Schule. Die Lehre und ihr Image hätten sich gewandelt. Ja, der Fun-Faktor sei für junge Menschen heutzutage wichtig. Davor komme jedoch ganz altmodisch das Arbeitsethos: "Wenn wir das Werksgelände betreten haben, liegt der Hauptfokus auf der Arbeit. Wir haben zum Glück einen guten Auftragsstand, wir schauen, dass wir die Sachen abarbeiten und zügig dranbleiben." Spaß und Benefits kommen danach, Sport und Grillen, ein Bikeleasing-Programm. Swacrit beschäftigt 13 Lehrlinge, darunter zwei Mädchen. Es habe früher definitiv Vorurteile gegenüber Frauen in technischen Berufen gegeben, sagt Wildauer. "Diese Einstellung hat sich geändert. Es geht heute nicht mehr ums Geschlecht, sondern um die Person. Die körperliche Kraft ist bei uns untergeordnet. Wir haben überall Kräne installiert." Bei den feinmotorischen Arbeiten seien Frauen ohnehin unschlagbar.

Vielfalt und Nachhaltigkeit überzeugen die Jungen

Auch die SalzburgMilch firmiert nunmehr unter den ausgezeichneten Ausbildungsbetrieben. Acht Lehrberufe kann man dort erlernen - Mechatronik, Metalltechnik, die Büroberufe -, vor allem aber für das Kerngeschäft der Milchtechnologie und Lebensmitteltechnik suche man interessierte junge Menschen, sagt der Lehrlingsbeauftragte Christoph Posch. "Wir punkten mit Nachhaltigkeitsthemen wie der Tiergesundheit. Damit können die Jungen sich gut identifizieren." Bei Workshops auf Bauernhöfen können die Lehrlinge anschaulich erfassen, wie Kühe den Rohstoff Milch produzieren, der veredelt und weiterverarbeitet wird. Was früher einmal ein "Käser" war, ist heute jemand, der Lifestyle-Nahrungsmittel herstelle, so Posch. 20 Lehrlinge arbeiten aktuell im Milchkonzern. Wie David Lyhs, der Betriebslogistiker lernt und täglich aus Oberösterreich zu seinem Lehrbetrieb in Salzburg-Itzling pendelt. Der 17-Jährige arbeitet im Rotationsprinzip in der Lkw-Verladung und im Kühllager, wo es nur vier Grad hat, oder bearbeitet Reklamationen im Büro. "Man läuft viel, manchmal ist es kalt, aber es gefällt mir", sagt er. Lena Kovacevic (16) lernt Milchtechnologin. Sie übernimmt die Milch von den Tankwagen, arbeitet mit den Pasteurisierungsanlagen. Kovacevic wollte "nichts machen, was jeder macht". Ihr Arbeitstag beginnt um 6 oder 12 Uhr, später gibt es auch eine Nachtschicht. Philipp Krüger ist bereits ausgelernter Mechatroniker, dem 18-Jährigen fehlt nur noch die Lehrabschlussprüfung. Als Schlosser ist er nun für die Instandhaltung und Wartung der Produktionsmaschinen zuständig. Krüger wollte "immer etwas Handwerkliches machen"

Lehrlingsausbildung: Know-how sammeln in der ganzen Welt

Eine weltläufige Berufsausbildung ermöglicht der Waldviertler Betrieb Test-Fuchs. Das 1946 in Groß-Siegharts an der tschechischen Grenze gegründete Unternehmen hat sich auf die Flugsicherheit spezialisiert und betreibt Prüfstände an elf Standorten in Europa, den USA und Singapur, schildert Ewald Dangl, Leiter der Lehrlingsausbildung. "Wir prüfen Flugzeuge, wenn sie in der Werkstatt stehen, aber auch Hubschrauber von Polizei, Rettungsdiensten und dem ÖAMTC." Das und die Möglichkeit, im Ausland zu schnuppern, sei attraktiv für junge Leute. Ab dem zweiten Lehrjahr könnten die Jugendlichen über das Erasmus-Programm oder den Internationalen Fachkräfteaustausch IFA globale Arbeitsluft schnuppern. "Die reparieren auf Gran Canaria in einer Schiffswerft Diesel- und Elektromotoren, drehen und fräsen in Córdoba, Erding bei München oder Hamburg." Dafür erhielt das Unternehmen im Vorjahr den Mobilitätsaward. Aktuell beschäftigt Test-Fuchs 34 Lehrlinge, im Herbst werden es 49 sein. "In der Test-Fuchs Academy erhalten die Jungs und Mädels unser internes Know-how. Die Berufsschule bringt viel an Wissen, aber Hydraulik und die Frage, warum und wie Flugzeuge fliegen, das lernt man dort nicht."