In zwei mächtigen Metallrohren prescht das Wasser 700 Meter den Berg hinab, bis es das Maschinenhaus im Tal erreicht. Der Druck, der sich durch das Gefälle aufbaut, erreicht rund 70 bar und versetzt die Laufräder zweier Turbinen in Rotation. Der Rest ist sozusagen Schulwissen. Mit einem an die Turbinen angekoppelten Generator wird Wechselstrom erzeugt, der über einen Transformator ins Netz eingespeist wird.
"Rund 15.000 Haushalte können jährlich allein durch den Ertrag dieses Kraftwerks versorgt werden", erklärt Daniel Gensbichler, Leiter der Kraftwerksgruppe Pinzgau bei der Salzburg AG. Der Maschinenbauingenieur ist seit 2017 für das Dienstgebiet zwischen Weißbach und Wald zuständig und auch für den Standort in Dießbach.
4000 Datenpunkte
Bis heute gilt das Kraftwerk im Saalachtal als bauliches und technisches Meisterwerk. Die Errichtung des Stausees, des Stollens und der Felsleitung in dem ausgesetzten steilen Gelände erforderte in den 60er-Jahren einen extremen Einsatz. So mussten unter anderem auch Felsanker montiert werden, um die schweren Metallleitungen im brüchigen Gestein zu sichern. Zwischen den teilweise fast senkrecht verlaufenden Rohren wurde auch eine Standseilbahn eingebaut. Nach wie vor wird der "Michael 1" jede Woche mindestens ein Mal in Betrieb genommen, um Leitung, Gelände und Technik genau zu überwachen. Die tägliche Kontrolle bildet insgesamt einen wesentlichen Teil der Arbeit im Kraftwerk. "Allein am Standort in Dießbach gibt es rund 4000 überwachte Datenpunkte", berichtet Gensbichler. "Dabei handelt es sich um Temperaturen, Drehzahlen, Spannungen oder zum Beispiel den Wasserstand im Stausee. Wenn nur ein Wert den Sollbereich verlässt, erfolgt sofort ein Alarm auf den Handys der Mitarbeiter."
"Upgrade" zum Pumpspeicher
55 Jahre lang wurde die Kraftwerksanlage als Speicherkraftwerk betrieben. Seit vier Jahren eröffnen sich durch den Umbau in ein Pumpspeicherkraftwerk nun neue technische Welten. "Pumpspeicheranlagen übernehmen eine wichtige Rolle im Bereich der europäischen Netzstabilität", erklärt Daniel Gensbichler. "Dazu muss man wissen, dass im gesamten europäischen Stromnetz eine einheitliche Frequenz von 50 Hertz herrscht, die nur geringfügig über- oder unterschritten werden darf. Würde die Netzfrequenz vom Nominalwert drastisch abweichen, könnte das schwerwiegende Folgen für das gesamteuropäische Stromsystem haben."
Von Portugal bis Osteuropa sind die 50 Hertz damit - was den Strom betrifft - das "Maß aller Dinge". Kommt es zu einer Überproduktion, sprich einem Stromüberschuss etwa durch Schönwetter und die Einspeisung vieler lokaler PV-Anlagen, erhöht das die Netzfrequenz. An diesem Punkt treten dann Pumpspeicheranlagen auf den Plan. "Mithilfe dieser Anlagen ist es möglich, Strom aus dem Netz abzuziehen und so die Frequenz zu stabilisieren", sagt Gensbichler. "Das Gute daran: Die Energie wird - in Form des Wassers - im Stausee zwischengespeichert."
Wie das in der Praxis funktioniert, skizziert er folgendermaßen: "Mithilfe einer sogenannten Matrixpumpe - bestehend aus 24 zuschaltbaren Einzelpumpen - wird das im Talbecken gesammelte Wasser in den rund 700 Meter höher gelegenen Speichersee zurückbefördert." Wie viel Energie dafür aufgewendet wird, hängt von Angebot und Nachfrage an den Energiemärkten ab. "Solange es noch keine anderen Speichermedien gibt, die dazu in der Lage sind, Terawattstunden an Strom wirtschaftlich zu speichern, leisten Pumpspeicherkraftwerke hier einen wichtigen Beitrag zur Netzsicherheit", sagt Gensbichler abschließend.
"Je mehr regenerative Energie erzeugt wird, desto wichtiger wird es werden, die Schwankungen auch entsprechend auszugleichen."
Sie wollen mehr über das Thema „Heizen“ erfahren? Dann lesen Sie weitere Artikel in der SN-Beilage „Heizen“ – ab 28. August kostenlos im
E-Paper oder in der SN-App.
Download für Tablets/Smartphones
Die App für
iPad/iPhone können Sie über folgenden Link auf Ihrem Gerät installieren:

Die App für
Android Tablets/Smartphones können Sie über folgenden Link auf Ihrem Gerät installieren:

Die App für
Amazon Kindle Fire Tablet können Sie über folgenden Link auf Ihrem Gerät installieren:
