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An Fried, an G'sund und an Reim!

Es geht letztlich um Leben und Tod: Wer Frau Percht gut gestimmt an seiner Seite weiß, dessen Vieh und Felder sind geschützt. Ist das nicht der Fall, werden Katastrophen und Hunger das ohnehin karge Sein im Überlebenskampf bestimmen.

Pongauer Perchtenlauf
Pongauer Perchtenlauf
Brauchtumsexperte Hans Strobl.
Brauchtumsexperte Hans Strobl.

Der Pongauer Perchtenlauf verkörpert die ewig menschliche Sehnsucht nach Glück und Zufriedenheit. Die Existenz wird im Spannungsfeld zwischen Tag und Nacht, Licht und Finsternis, Wärme und Kälte, dem Guten und dem Bösen entschieden. "Die gute Nachricht ist", sagt Hans Strobl (St. Johann), ein besonders profunder Kenner des heimischen Brauchtums, "dass die bösen Geister besiegt werden. Der Winter muss weichen, die Natur erwacht zu neuem Leben, die Schönperchten triumphieren über ihre schiachen Begleiter!"

Seit Jahrhunderten ziehen Perchtengruppen im Pongau rund um die Raunächte zwischen dem Thomastag (21. Dezember) und Dreikönig (6. Jänner) von Hof zu Hof, durch Straßen und Gassen. In Bad Gastein und Bad Hofgastein ist dieses Ringen um Fruchtbarkeit seit über 700 Jahren bekannt und wurde inzwischen auf die Liste für das UNESCO-Weltkulturerbe gesetzt. Der St. Johanner Perchtenlauf reicht mindestens bis ins 16. Jahrhundert zurück. Dasselbe gilt für Bischofshofen. Aus Altenmarkt ist ein Perchtenumzug aus dem Jahr 1852 bekannt.

Dieses Quartett veranstaltet nun seit den Fünfzigerjahren abwechselnd jeweils um die Jahreswende den Pongauer Perchtenlauf, einen der bedeutendsten Bräuche im Land Salzburg. Im Zentrum stehen dabei die Schönperchten, die auch Tafelperchten genannt werden. Bis zu vier Meter hoch sind die überdimensionalen Kappen, die von starken Männern getragen werden. Jede dieser Tafeln ist kunstvoll geschmückt - mit wertvollem Gold- und Silbergeschmeide oder prächtigen Federn von bunten Vögeln, mit Utensilien für eine Hochzeit oder Blumen aus der Almregion, mit jagdlichen Trophäen oder heimischen bäuerlichen Produkten. In bedächtigem Schritt marschieren die Schönperchten zu den Häusern und erweisen dort Bürgern und Bauern mit dem Perchtentanz ihre Reverenz. "An Fried, an G'sund und an Reim" wünscht zum Abschluss der Perchtenhauptmann. Im Gasteiner Tal ist das derzeit Andreas Mühlberger, in Bischofshofen Karl Seiringer, der heuer diese Funktion zum letzten Mal ausüben will. In Altenmarkt hat der erst 32-jährige Manfred Steger das Zepter übernommen. Auch in St. Johann kommt es zum Generationswechsel: Auf Hans Strobl wird Metzgermeister Bernhard Urban als Perchtenhauptmann folgen.

Begleitet werden die Schönperchten von einer Horde von furchterregenden Schiachperchten mit grimmigen Masken, gefährlichen Hörnern, in Tierfell gehüllt, mit dumpf klingenden Schellen und drohenden Ruten.

Im Laufe der Jahrhunderte hat sich zu diesen guten und bösen Perchten eine ganze Reihe von Figuren dazugesellt. Die Klöcker und Schnalzer versuchen mit ihrem Peitschenknall, die Lebensgeister aus dem Winterschlaf zu holen. Der Vorreiter mit dem Holzpferd steht für das "goldene Sonnenross". Körblweibl und Körblmandl gehen auf den Dreißigjährigen Krieg zurück, Schindlmandl, Werchmandl und Zapfnmandl erinnern an die Waldmenschen und die ersten Siedler. Ein besonderer Glücksbringer war schon immer der Rauchfangkehrer: Ein gereinigter Kamin verspricht besseres Feuer, damit Wärme und Überleben.

Doppeljoch, Hexen und Kraxenträger, kirchliche Motive wie Herodes und seine Schergen oder die Heiligen Drei Könige, Tanzbären, Kasperl und Hanswurst, Henker und Richter, Jäger und Wilderer, Sternträger, Zigeuner, Hausierer, Schneider mit Riesenschere oder Kobolde sind weitere Mitwirkende. Hinter all diesen Figuren stehen übrigens ausschließlich Männer - der Pongauer Perchtenlauf ist traditionell dem männlichen Geschlecht vorbehalten. "Ohne Frauen könnten wir die Organisation eines Perchtenlaufs aber gar nicht schaffen", versichert Hans Strobl, "bei den Vorbereitungen leisten sie ganz entscheidende Arbeit." Insgesamt sind fast 400 Ehrenamtliche im Einsatz.

Pongauer Perchtenlauf
Der diesjährige Pongauer Perchtenlauf geht bereits am Sonntag, 29. Dezember, in Bischofshofen über die Bühne. Die Gruppen starten um 13.30 Uhr beim Seniorenheim und ziehen über die Gasteiner- und Bahnhofstraße durch das Zentrum.