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Frischekick für Trachten Beurle

In der Salzburger Trachtenwerkstätte Beurle weht ein frischer Wind. Die neue Inhaberin ist Bayerin mit spannender Familiengeschichte. Sie liebt Salzburg - und schöne Knöpfe.

Frischekick für Trachten Beurle
Frischekick für Trachten Beurle


Marlene Stocker trägt ein steirisches Dirndl und spricht eine bezaubernde Mischung aus bairischem Dialekt und einem Hauch Rumänisch. Wie ein Wirbelwind fegt die 45-Jährige durch die rundum erneuerte Trachtenwerkstätte Beurle in der Neutorstraße.

Vor einer Woche hat die Schneidermeisterin aus Bayern die renommierte Werkstätte von Georg Florens Traugott übernommen. Außen ist das Barockhaus unverändert geblieben, hinter den Mauern verpasste Stocker dem Gemäuer eine Rundumerneuerung.

Helle Möbel zieren den luftigen Verkaufsraum. Das Holz wurde weiß gebeizt, Spiegel lassen den Raum größer erscheinen. In den Regalen liegen Stoffe, Tücher und Filztaschen, die man nicht alle Tage sieht. Die Dirndl und Jacken tragen Stockers Handschrift - so auch die erneuerte Tanztracht mit schwingendem Rock, die Stocker nach historischen Vorlagen gefertigt hat.

"Ich bin sehr traditionsbewusst, aber ich schaue gern über den Tellerrand", sagt die neue Inhaberin. Eine Tracht müsse eine Tracht bleiben. "Aber man muss sie in die heutige Zeit bringen." Unverzichtbares Accessoire sind dabei Knöpfe. "Dafür habe ich eine Leidenschaft." Die Knöpfe an Stockers Trachtenjacke legen davon Zeugnis ab. Sie sind aus Büffelhorn, Holz und Perlmutt gefertigt. Ins Schwärmen bringen sie auch handbemalte Kokos- oder Pfirsichkernknöpfe.

Den Spagat zwischen Tradition und Moderne bewältigt Stocker seit Jahren in ihrer Trachtenschneiderei in Schönau am Königssee, die sie weiterhin betreiben wird. Am Vormittag ist sie im Geschäft in Bayern, am Nachmittag kommt sie nach Salzburg. "Ich kenne und liebe diese Stadt." Vor 16 Jahren hat Stocker im Annahof die Trachtenklasse absolviert und am WIFI die Meisterprüfung gemacht. Die Damenschneiderei hat sie in Rumänien gelernt.

Stocker ist in einer donauschwäbischen Bauernfamilie im rumänischen Banat aufgewachsen. "Eigentlich wollte ich Archäologin werden." Doch zum Erstaunen der Familie entschied sie sich mit 16 Jahren für eine Lehre bei einer Damenschneiderin, obwohl sie noch nie genäht hatte. "Meine Eltern haben mich ausgelacht, da hab’ ich gesagt ,Jetzt erst recht‘."

Im April 1989, wenige Monate vor der rumänischen Revolution, übersiedelte Stocker der Liebe wegen nach Bayern. Zwei Jahre hatte sie warten müssen, bis das kommunistische Regime die Einwilligung zur Ausreise und Heirat erteilte. "Wer damals einen Ausländer heiratete, galt als Landesverräterin." Ihren Mann Alexander hatte Stocker in Rumänien kennengelernt. Er war damals als Tourist im Banat. Es funkte sofort.

In Schönau angekommen, begann Stocker in einem Trachtengeschäft zu arbeiten. "Damals habe ich gesagt: Dirndl trage ich nie." Mittlerweile ist sie tagtäglich in Tracht anzutreffen. Eine Tradition des Hauses Beurle wird Stocker fortführen. Auch sie wird Sammelblätter zur Trachtenerneuerung herausgeben. Das Tanzdirndl macht den Anfang.

Und was macht Stocker, wenn sie nicht an der Nähmaschine sitzt? "Lesen, klettern, Gitarre spielen, singen und Freunde bekochen. "