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Shades of Grey

Sich wegen der ersten graue Haare keine grauen Haare wachsen zu lassen, ist leichter gesagt als getan. Ob man will oder nicht: Die Haare werden grau. Von ganz allein. Bei den einen früher, bei den anderen später. Gleichgültig ist das kaum jemandem.

Shades of Grey
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Streng genommen sind graue Haare eine optische Täuschung. In Wirklichkeit werden Haare mit zunehmendem Alter nämlich nicht grau, sondern weiß. Die Pigmentzellen in den Haarwurzeln, die für die Haarfarbe verantwortlich sind, liefern mit den Jahren immer weniger Farbstoff. Es wachsen weiße, also farblose Haare nach. Weil das in der Regel nicht bei allen Haaren gleichzeitig geschieht, mischen sich dunkle und weiße Haare. Was man sieht, ist graues Haar.

Warum Haare Farbe verlieren, erklärt Heinz Decker vom Institut für Biophysik der Universität Mainz, der gemeinsam mit Wissenschaftern aus Großbritannien vor einigen Jahren das Geheimnis der grauen Haare gelüftet hat, so: "Ausgangspunkt ist Wasserstoffperoxid, das wir auch als Bleichmittel kennen. Mit zunehmendem Alter wird Wasserstoffperoxid in den Haaren vermehrt gebildet und verhindert die Herstellung des Pigments Melanin." Wasserstoffperoxid entsteht beim Stoffwechsel überall im menschlichen Körper in kleinen Mengen, auch im Haar. Je älter wir werden, umso höher ist sein Anteil, weil der Körper Wasserstoffperoxid nicht mehr so gut in die Bestandteile Wasser und Sauerstoff abbauen kann. Das beeinträchtigt die Funktion des Enzyms Tyrosinase so stark, dass es kein Melanin mehr bilden kann. Ebenfalls nicht ganz unschuldig am Ergrauen ist chronischer Stress, auf den die Haarwurzeln reagieren, indem Pigmentzellen weniger Farbstoff produzieren.

Ob die ersten grauen Haare schon mit 20 oder erst mit 40 Jahren zu sehen sind, liegt an den Genen. Bei Mitteleuropäern tauchen sie ab dem 35. Lebensjahr auf, während Asiaten mit rund 40 Jahren und Afrikaner erst mit 45 Jahren nähere Bekanntschaft mit grauen Haaren schließen.

Graue Haare muss man sich nicht wachsen lassen. Das geht von allein. Als sichtbares Zeichen des Älterwerdens, eine Art Memo vom Körper für den Körper, dass ein neuer Lebensabschnitt begonnen hat.

Dumm ist nur, dass graues Haar so ganz und gar nicht zu den Schönheitsvorstellungen unserer Zeit passt. Grau ist in unserer Kultur traditionell eher negativ belegt: Trübe Herbsttage sind grau in grau, Gefängnisse, Depressionen und Armut sind grau, unscheinbare Menschen werden als graue Mäuse bezeichnet, Frauen, die graues Haar haben, als alt. Im Gegensatz dazu Männer mit grauen Haaren, denen die landläufige Meinung Distinguiertheit und Reife attestiert. Graue Haare sind in einer älter werdenden Gesellschaft, die sich aber immer jünger fühlt, ein heißes Thema. Haare sind ja ein Schlüsselreiz und ein Mittel zur Selbstdarstellung. Man trägt sein Haar bewusst oder unbewusst so, wie es das soziale Umfeld will. Und da Frauen strenger nach dem Aussehen beurteilt werden, werden verräterische Spuren beseitigt, graue Haare gefärbt. 55 Prozent aller Frauen weltweit haben gefärbtes Haar.

Tendenz: nicht steigend. Erstaunlicherweise gibt es heute einen starken Trend, die Grauzone nicht mehr zu verlassen. Berühmte Frauen wie Helen Mirren oder Vanessa Redgrave, mächtige Frauen wie Christine Lagarde, die Chefin des Internationalen Währungsfonds, tragen, wie Sabine Reichel in ihrem Buch "Grau ist Great" (Heyne) feststellt, "ihr Grau so entspannt und stolz wie die silberhaarige Queen der Briten ihre Krone". Denn eigentlich mache es ältere Frauen doch besonders attraktiv, wenn sie souverän zeigen, wie sie sind: erfahren und über graue Haare erhaben.
Frische Farbe
Einst. Der Wunsch, das Haar zu verschönern und weißes Haar zu abzudecken, ist so alt wie die Menschheit. Schon im alten Ägypten wurde durch das "Kochen von Blut eines schwarzen Kalbes, Rindes, Schlange, das mit Öl auf das Haupt gesalbt wird", graues Haar überdeckt. Bitumen und Stibium diente den Sumerern und Babyloniern zum Schwarzfärben der Haare. Bei den Griechen, vor allem bei älteren Griechen, war Haarefärben (mit verschiedenen Pflanzenextrakten) weitverbreitet, wurde aber häufig als Zeichen von Verweichlichung verachtet. Blond galt als Haarfarbe der Götter und war sehr begehrt. Das einfachste Mittel zum Blondieren? Stundenlang mit gewaschenem Haar in der prallen Sonne sitzen. Blond war auch die bevorzugte Haarfarbe in der römischen Kaiserzeit, im Mittelalter und in der Renaissance. Die Mittel, das Haar aufzuhellen, waren lustig (Eidechsenfett, Schwalbendreck, gebrannte Bärenknochen) bis gefährlich (Schwefel und Alaun). Grimmig für Grauhaarige wurde es im Barock, als schwarzes Haar modern war. Ein Mix aus Eichenrinde, grünen Walnussschalen, schwerem alten Rotwein und Myrtenöl sollte jedes Haar pechschwarz färben. Im Rokoko, in der Hochzeit der Perückenmode, spielte die natürliche Haarfarbe keine große Rolle. Im Biedermeier war graues Haar äußerst unbeliebt, die Rezepte zum Färben wurden immer gefährlicher. Von der Gründerzeit bis zum Ersten Weltkrieg war es modern, seine natürliche Haarfarbe zu tragen, gefärbt wurde kaum.

Und jetzt. Im Jahr 1907 gelang es dem französischen Chemiker Eugène Schueller (1881-1957), die erste synthetische Haarfärbung aus gesundheitlich unbedenklichen Chemikalien herzustellen. Schueller nannte seine Formel, die zur Grundlage seines Kosmetikkonzerns wurde, "Auréole". 1909 gründete er ein Unternehmen, das seit 1936 L’Oréal heißt und heute Weltmarktführer bei Colorationen ist. Haarefärben ist seitdem weitgehend problemlos. Fast alle Farbnuancen sind möglich. Das macht Haarefärben sehr beliebt. Fast 60 Prozent der Österreicher helfen ihrer natürlichen Haarfarbe zeitweise auf die Sprünge. 39 Prozent vertrauen dabei auf den Friseur, 29 Prozent machen es selbst, 32 Prozent wechseln ab. Bei den Frauen, so die Branchenplattform "kosmetik transparent", helfen 79 Prozent dem natürlichen Farbton nach, bei den Männern tun dies 13 Prozent. Am liebsten experimentieren die 20- bis 39-Jährigen (55 Prozent) mit Haarfarben, ab dem 50. Lebensjahr nimmt die Lust zum Haarefärben wieder ab (43 Prozent). 2012 erreichte das Geschäft mit den Haarcolorationen laut dem Marktforschungsinstitut AC Nielsen in Österreich eine Höhe von 45 Millionen Euro, wobei dauerhafte Colorationen mit 85 Prozent den größten Anteil haben. 6,4 Millionen Packungen Haarfärbemittel wurden 2012 verkauft. Neben dauerhaften Colorationen bietet der Markt auch Intensivtönungenan, die bis zu zehn Haarwäschen lang halten, und Tönungen, bei denen die Farbe nur bis zum nächsten Mal Waschen im Haar bleibt.

Vorbilder
Die amerikanische Schauspielerin Jamie Lee Curtis, die heute Mitte 50 ist, hatte mit 40 Jahren genug von der Färberei. "Ich fand es einfach beschämend, derartig viel Zeit unter diesem hässlichen Frisierumhang zu verbringen", sagt sie. Seitdem trägt sie ihr Haar grau und kurz und sieht fantastisch aus. "Ich empfinde es als unglaubliche Freiheit, so etwas Unnatürliches wie Haarfärberei aus meinem Leben zu streichen." Das Grau durchaus "en vogue" sein kann, bewies auch Meryl Streeps grauer Schopf in "Der Teufel trägt Prada". In regelmäßigen Abständen sieht man auch auf Modeschauen Models mit ergrauten oder hellgrauen Haaren.

Pflege für graues Haar
Das Haar verändert sich. Mit den Jahren wird oft die Haardichte geringer, der Ablauf der Zellteilung verlangsamt sich. Der Anteil an Keratin, ein Hauptbestandteil des Haares, nimmt ab, das Haar wird entsprechend dünner, trockener und empfindlicher. Zudem kann es auch unregelmäßiger wachsen.

All das führt dazu, dass graues Haar manchmal matt und stumpf wirkt. Das liegt auch an der unterschiedlichen Lichtreflexion. Bei grauen Haaren scheintz ein Teil des Lichts durch das Haar hindurch und wird nicht reflektiert. Allerdings gibt es auch graues Haar, das fester erscheint und sich eher widerspenstig verhält.

Wie bei jedem Haar ist auch die Pflege von grauem Haar abhängig vom Haarzustand. Weil älteres Haar oft empfindlich ist, bietet sich Pflege mit Produkten für strapaziertes Haar an. Gegen mattes und glanzloses Haar helfen Glanzsprays. Öle und Wachse glätten hier die Oberfläche und lassen das Licht reflektieren. Auch dadurch wird das Haar wieder glänzend. Haarkuren mit ihren reichhaltigen Inhaltsstoffen bringen mattes, sprödes Haar ebenfalls wieder zum Glänzen. Volumensprays geben dem Haar mehr Volumen, Stand und Halt.

Der Handel bietet auch spezielle Produkte für graues und weißes Haar an. Eine besondere Rolle spielen Shampoos und Kuren, die Gelbstich beseitigen. Der gelbliche Ton wird erst sichtbar, wenn der Weißanteil im Haar schon recht groß ist. Ursache dafür sind aggressive Sauerstoffmoleküle, sogenannte freie Radikale. Sie zerstören bestimmte Aminosäuren im Haar. Das kann zum Beispiel durch starke Sonneneinstrahlung gefördert werden, aber auch durch Chlorwasser, Nikotin oder durch kosmetische Haarpflegeprodukte, die zum Beispiel Kamillenextrakt enthalten, geschehen. Diese Verfärbungen lassen sich zumindest zeitweise durch spezielle Pflegesprays, Silbershampoos oder Silbertönungen überdecken, die oft blaue Farbpigmente enthalten. Als Komplementärfarbe zu Gelb hebt Blau die Verfärbung wieder auf.
Sonnenschutz
Mit dem fehlenden Pigment geht den Haaren auch der natürliche Sonnenschutz verloren. Da graue Haare manchmal auch dünner werden, kann auf der Kopfhaut viel schneller ein unangenehmer Sonnenbrand entstehen. Das kann man verhindern, indem man Sonnenschutz für Haar und für die Kopfhaut verwendet und/oder einen Hut oder ein Tuch trägt, damit damit das Haar nicht geschädigt wird.
Der richtige Schnitt
Schön sehen graue und weiße Haare aus, wenn der Haarschnitt zum Gesicht und zum Hautton passt. Regelmäßige Friseurbesuche tragen dazu bei, einen stets gepflegten Eindruck zu hinterlassen. Allein mit guter Pflege ist es allerdings nämlich nicht getan, wenn das Haar altert. Freche, fransige Schnitte, bei denen das Haar nicht zu flach auf dem Kopf liegt, machen jünger. Auch kinn- oder schulterlange Pagenköpfe, die leicht gestuft sind, sehen bei grauem oder weißem Haar edel aus.
Tönen & Färben

Wer graues Haar gar nicht mag, kann es tönen oder färben. Auch hier gibt es einiges zu beachten. Den größten Fehler, den Frauen mit grauen Haaren machen können, ist, einen Farbton zu wählen, der zu dunkel ist. Hat das Haar bereits einen hohen Weißanteil, setze ein zarter, matter Blondton schöne Akzente. Ein weiß nachwachsender Ansatz wirkt bei dunklem Mittel- und Spitzenhaar manchmal unästhetisch. Ein Eindruck, den man durch aufhellende Strähnchen dramatisch verbessern kann.

Eine völlige Grauabdeckung kann nur mit permanenten Colorationen erreicht werden. Der weiß nachwachsende Haaransatz muss jedoch alle vier bis sechs Wochen nachgefärbt werden.

Bei allen anderen Haarfarben schimmert das Grau immer leicht durch, was aber nicht schlecht aussehen muss und manchmal sogar als Farbnuance begrüßt wird. Am besten, man lässt sich vom Friseur beraten.

Bei nur leichtem Ergrauen können Naturfarben wie Henna die weißen Haare zumindest kaschieren. Eine vollständige Abdeckung ist jedoch nicht möglich. Bei viel weißem Haar kann mit Henna gefärbtes Haar aber auch den Farbton von Karotten annehmen.