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Ansteck-Gefahr: Wertverlust bei Plug-in-Hybriden

Eine deutsche Studie warnt vor massiven Wertverlusten bei Plug-in-Hybriden. Für heimische Gebrauchtwagen besteht laut Experten aber kein unmittelbares Preisrisiko.

Über den ökologischen und ökonomischen Wert von Plug-in-Hybriden entscheidet maßgeblich das individuelle Nutzungsprofil.
Über den ökologischen und ökonomischen Wert von Plug-in-Hybriden entscheidet maßgeblich das individuelle Nutzungsprofil.

Wenn der sonst eher besonnen auftretende Ferdinand Dudenhöffer von einer "potenziellen Zeitbombe für Autobauer" spricht, dann sorgt das nicht nur in Europas Autonation Nummer eins für Aufregung. Auch in Österreich herrscht knapp zwei Wochen nach Veröffentlichung der Ergebnisse der jüngsten Studie des Center Automotive Research (CAR) Unsicherheit unter Besitzern von Plug-in-Hybriden (PHEVs) - und solchen, die den Kauf eines Fahrzeugs mit teilelektrischem Antrieb überlegen.

CAR-Direktor warnt vor Wertverlusten bei Plug-in-Hybriden

Der Hintergrund: Im Interview mit dem "Handelsblatt" warnte CAR-Direktor Dudenhöffer vor überdurchschnittlichen Wertverlusten bei Plug-in-Hybriden in den kommenden Jahren. Grund für die Befürchtungen des renommierten Autoexperten sind die zu erwartenden umfangreichen Limitierungen bei den staatlichen Förderungen in Deutschland ab 2023. In diesem Fall droht das aktuell blendend laufende Geschäft mit Plug-in-Hybriden für die Fahrzeughersteller in den kommenden Jahren zu einem erheblichen Risiko zu werden. Der Studie zufolge könnten sich die Teilzeitstromer dann nur noch mit hohen Abschlägen wiederverkaufen lassen - was vorrangig für die Finanzdienstleister und Autobanken hohe Abschreibungen bedeuten könnte, wenn die Leasing-Rückläufer als Gebrauchtwagen zurückkommen. Für die zugrunde liegende Analyse hat das CAR-Institut die Leasingraten von 60 Neuwagen mit deren aktuellen Listenpreisen verglichen. Neben den meistverkauften Benziner- und Dieselmodellen in Deutschland wurden auch die 15 meistverkauften reinen Elektroautos und Plug-in-Hybride in die Untersuchung aufgenommen.

Während sich die rein elektrischen Modelle nach zwei Jahren noch um durchschnittlich 79 Prozent des ursprünglichen Listenpreises verkaufen lassen, sank der Restwert von Plug-in-Hybriden im selben Zeitraum auf 73 Prozent. Am schlechtesten fällt die Bilanz für die Verbrenner aus, deren Wert sogar auf 69 Prozent sank. Für Dudenhöffer sind aber vor allem die Restwerte der Plug-in-Hybride aufgrund der aktuell großzügigen Fördersituation in Deutschland positiv überzeichnet. Laut der Deutschen Automobil Treuhand (DAT), einem Datenspezialisten des Kfz-Markts in Deutschland, darf man schon jetzt bei einem drei Jahre alten Plug-in-Hybriden gar mit nur 53 Prozent des ehemaligen Neupreises rechnen. Diesel kommen demnach auf 56 Prozent, Benziner auf 58 Prozent.

Doch was heißt das für Fahrer von Plug-in-Hybriden in Österreich?

Müssen aktuelle und zukünftige Besitzer von derartigen Modellen auch hierzulande einen überdurchschnittlichen Wertverlust befürchten? Laut Nikola Junick, Expertin für Verkehrswirtschaft beim ÖAMTC, sind die Erkenntnisse der CAR-Studie nicht direkt auf Österreich umlegbar. "Das hat maßgeblich damit zu tun, dass die Situation der staatlichen Förderungen in Deutschland eine andere ist. So beträgt die gesetzlich vorgeschriebene Haltedauer als Voraussetzung für die Förderung in Deutschland nur sechs Monate, in Österreich jedoch vier Jahre. Das hat einen großen Einfluss auf die Entwicklung der Restwerte." Dazu kommt laut der ÖAMTC-Expertin, dass Plug-in-Hybride aufgrund der höheren Förderung von bis zu 6750 Euro bis Ende 2022 bei den Neuzulassungen eine weitaus größere Rolle spielen als in Österreich. Konkret lag der Anteil bei den Neuzulassungen im Jahr 2021 bei 12,4 Prozent, während der Anteil der Plug-in-Hybride hierzulande im Vorjahr bei 6,1 Prozent lag. "Es wird befürchtet, dass man dadurch eine Art Übernachfrage geschaffen hat, die in der Folge einen Preisdruck auf den Gebrauchtwagenmarkt ausübt", so Junick. Einen wichtigen Faktor für den heimischen Markt stellt auch die Bedeutung von Firmenfahrzeugen bei den Neuzulassungen dar. Während deren Anteil im Vorjahr 67 Prozent ausmachte, wurden sogar 84 Prozent aller Autos mit elektrifiziertem Antrieb von juristischen Personen, sprich: Unternehmen, zugelassen. Wobei man hier zwischen reinen Elektroautos und PHEVs unterscheiden muss: "Aufgrund der geringeren Förderungen und des reduzierten Sachbezugs sind Plug-in-Hybride für Unternehmen bei Weitem nicht so attraktiv." Während die Ankaufförderungen lediglich beim Neuwagenkauf schlagend werden, profitieren private Käufer gebrauchter E-Fahrzeuge vorrangig durch den Wegfall der motorbezogenen Versicherungssteuer. Bei Plug-in-Hybriden wird diese monatlich mit der Versicherungsprämie zu zahlende Abgabe äußerst günstig nach dem gewichteten kombinierten WLTP-Wert berechnet. Ob und wann diese von Umweltorganisationen als praxisfern kritisierte Berechnung in Zukunft geändert wird, ist aus heutiger Sicht politisch nicht absehbar - wenngleich der nationale Energie- und Klimaplan ein Zurückfahren der Steuerbegünstigungen bis zum Jahr 2025 bzw. beim Erreichen eines E-Auto-Bestands von zehn Prozent vorsieht.

„ Ein überdurchschnittlicher Wertverlust bei Plug-in-Hybriden ist in Österreich nicht zu erwarten.“
Sebastian Obrecht, Sprecher ARBÖ

Auch Sebastian Obrecht vom ARBÖ glaubt nicht, dass Käufer von Plug-in-Hybriden in Österreich kurz- bis mittelfristig Angst vor hohen Wertverlusten haben müssen: "Aufgrund des aktuell sehr überhitzten Gebrauchtwagenmarkts kann man das ausschließen. Die Lieferengpässe bei den Neufahrzeugen haben vielmehr dafür gesorgt, dass die Nachfrage und damit die Preise für Gebrauchte stark angestiegen sind, und zwar über alle Antriebsarten hinweg", so Obrecht. Einen weitaus größeren Unsicherheitsfaktor sieht der ARBÖ-Sprecher in der sogenannten Technologiealterung: Aufgrund der rasanten Entwicklung im Bereich der Batterietechnik könnten die heutigen Fahrzeuge bereits in wenigen Jahren als völlig veraltet gelten. Inwiefern sich die zu erwartenden Technologiesprünge auf die künftige Förderlandschaft in Österreich auswirken könnten, sei allerdings nicht im Detail voraussehbar.