Wie wenig eine Fahrt mit Chinas Hochgeschwindigkeitszug Fuxing (Aussprache "Fuh-sching") mit Bahnreisen in Europa gemeinsam hat, wird schon vor dem Betreten des Bahnhofs klar. Denn ohne gültiges Ticket kommt man in China erst gar nicht ins Bahnhofsgebäude. Die Tickets selbst sind voll digitalisiert, personalisiert und aus Sicherheitsgründen mit einer Ausweisnummer verknüpft. Wer nicht rechtzeitig bucht, geht in aller Regel leer aus: Der Ticketvorverkauf startet stets 14 Tage vor Fahrtantritt, die Sitzplatzreservierung ist verpflichtend. Spontanes Zusteigen ist hingegen nicht gestattet, oft sind die Züge bereits mehrere Tage im Voraus ausgebucht.
Chinas Hochgeschwindigkeitszug Fuxing: 700 Kilometer in zwei Stunden
Eine Fahrt mit dem schnellsten Zug der Welt ist nicht nur aufgrund der 350 km/h Regelgeschwindigkeit ein außergewöhnliches Erlebnis. Auch beim dazugehörigen Schienennetz ist China dem Rest der Welt längst enteilt.


Auch vor Ort läuft alles strukturiert und streng geordnet ab. In vielerlei Hinsicht ähneln chinesische Bahnhöfe dabei eher internationalen Flughäfen. Die Stationen der Hochgeschwindigkeitsbahn liegen meist am Stadtrand anstatt im Zentrum, dementsprechend lange dauerte die Fahrt durch das Verkehrschaos chinesischer Metropolen. Dennoch empfiehlt es sich, mindestens 30 Minuten vor Abfahrt vor Ort zu sein, denn beim Betreten der riesigen Bahnhofshallen müssen alle Fahrgäste durch aufwendige Sicherheitsschleusen samt Metalldetektoren. Auch das Gepäck wird wie beim Fliegen systematisch durchleuchtet. Hat man diese Prozedur hinter sich gebracht, erwarten die Fahrgäste separate Aufenthaltshallen für die einzelnen Schnellzüge. Erst wenige Minuten vor der geplanten Abfahrt öffnet eine Art Boarding-Gate, durch das man nach einer weiteren Sicherheitsüberprüfung schließlich auf den eigentlichen Bahnsteig gelangt.
Dort warten die extrem schnittigen, futuristisch wirkenden Zuggarnituren meist schon auf ihre Passagiere. Falls nicht, sind am Boden die jeweiligen Wagennummern verzeichnet, sodass man punktgenau weiß, wo der eigene Waggon halten wird. Das Ein- und Aussteigen ist meist schon nach wenigen Augenblicken erledigt, denn die Türen der Züge schließen bereits Minuten vor der Abfahrt. Den Bahnsteig darf zu diesem Zeitpunkt niemand mehr betreten.
Fuxing-Züge bieten hohen Komfort
Aus europäischer Perspektive bieten die chinesischen Fuxing-Züge überdurchschnittlich hohen Komfort - unabhängig davon, welche der drei unterschiedlichen Klassen man gebucht hat. Schon in der mittleren Klasse erwarten die Fahrgäste bequeme Einzelsitze mit überdurchschnittlich viel Beinraum und Steckdosen an jedem Platz. Sitzplätze entgegen der Fahrtrichtung gibt es keine - sämtliche Sitze werden bei Fahrtantritt vom Zugpersonal manuell in die korrekte Richtung gedreht.
Auch beim Bordservice ist der Standard enorm hoch. Während draußen lautlos die chinesischen Millionenstädte mit ihren Hunderten Hochhäusern vorbeirauschen, werden innen praktisch ohne Pause Speisen und Getränke angeboten, unterbrochen von emsigen Putztrupps und den obligatorischen Sicherheitsansagen, die lautstark aus den Lautsprechern plärren.
Hochgewschindigkeitszüge als Alternative zum Flugzeug

Überraschend schnell erreichen die Züge ihre Regelgeschwindigkeit von 350 km/h und halten diese über weite Strecken. Auf unserer Fahrt von der Hauptstadt Peking in die Industriestadt Zhengzhou steht gerade einmal ein Zwischenstopp auf dem Programm. Die rund 700 Kilometer Fahrt dauern so nur knapp zwei Stunden. Selbst die Verbindung Peking-Hongkong über rund 2000 Kilometer ist nach etwa acht Stunden geschafft - damit sind die Hochgeschwindigkeitszüge längst eine echte Alternative zum Flugzeug. Das Erfolgsrezept hinter Chinas Bahnnetz der Superlative ist relativ einfach: Anders als in weiten Teilen Europas nutzen die Fuxing-Züge in China ein völlig autarkes Schienennetz und müssen sich die Gleise nicht mit Regional- und Transportzügen teilen. Das ist auch einer der Hauptgründe für die erstaunliche Pünktlichkeit. Laut Angaben des chinesischen Verkehrsministeriums liegt die Pünktlichkeit bei 98 Prozent. Neben wenigen technischen Störungen bilden auch großzügige Kapazitätsreserven und zeitliche Puffer die Basis für die Stabilität des Hochgeschwindigkeitsnetzes. Das chinesische Konzept auf Europa umzulegen, ist dennoch so gut wie unmöglich, denn der Bau von Infrastruktur ist in China weitaus einfacher. In einer Autokratie gibt es weder Naturschutzbewegungen noch Anrainerproteste.
Mindestens ebenso konsequent verfolgt China seinen Plan des "erzwungenen Technologie-Transfers": Früher mussten Bahnhersteller aus Japan und Europa ihr technologisches Wissen im Tausch für den Zugang zum chinesischen Markt zur Verfügung stellen. Heute ist China in vielen Bereichen an den früheren Partnern vorbeigezogen, seit zehn Jahren kommen die Fuxing-Züge aus rein chinesischer Produktion.
Chinas Bahnnetz der Superlative
Das Schienennetz der chinesischen Hochgeschwindigkeitszüge "Fuxing" (auf Deutsch: "Erneuerung") umfasst im Jahr 2025 knapp 50.000 Kilometer - und ist damit mehr als doppelt so lang wie das Angebot aller anderen Nationen zusammengefasst. Den Kern bildet das sogenannte 8-x-8-Netz, bestehend aus je acht Ost-West- und Nord-Süd-Verbindungen.
Zehn Millionen Fahrgäste fahren laut chinesischem Verkehrsministerium jeden Tag mit einem Hochgeschwindigkeitszug.
Die CRRC, die China Railway Rolling Stock Corporation, ist der größte Schienenfahrzeughersteller und einer der größten Industriekonzerne der Welt.