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Neue Plattform für Schulwegsicherung: Schutz und Sicherheit für Kinder auf dem Schulweg

Seit mehr als 60 Jahren sorgen Erwachsenen- und Schülerlotsinnen und -lotsen in Österreich dafür, dass Kinder sicher in die Schule kommen - freiwillig und unentgeltlich.

Von links nach rechts: Dipl.-Ing. Klaus Robatsch, Leiter des Bereichs Verkehrssicherheit im KFV; Bundespolizeidirektor Michael Takács, BA MA MSc; Mag. (FH) Roland Pichler, Generaldirektor-Stv. der AUVA; mit Sicherheitsmaskottchen HELMI, 2 Schülerlotsen und Schulkindern.
Von links nach rechts: Dipl.-Ing. Klaus Robatsch, Leiter des Bereichs Verkehrssicherheit im KFV; Bundespolizeidirektor Michael Takács, BA MA MSc; Mag. (FH) Roland Pichler, Generaldirektor-Stv. der AUVA; mit Sicherheitsmaskottchen HELMI, 2 Schülerlotsen und Schulkindern.

Mehr als 400 Schulwegunfälle im Jahr 2024 unterstreichen die Wichtigkeit ihres Engagements. Das Bundesministerium für Inneres (BMI), die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) und das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) würdigten im Sommer 2025 diesen Einsatz und präsentierten Mitte/Ende August erstmals die Plattform schulwegsicherung.at. Dort sind relevante Informationen, darunter bundeslandspezifische Regelungen, Handbücher, Erklärvideos und vieles mehr, erstmals zentral gebündelt.

Salzburg als Vorreiter

Am 13. November 1964 traten in Salzburg erstmals 14 sogenannte Nothelfer ihren Dienst an - sie gelten als die ersten Schülerlotsen Österreichs. Die aktuelle Zahl der Schüler- und Erwachsenenlotsinnen und -lotsen wird zwar nicht zentral erfasst, doch es ist davon auszugehen, dass sich heute rund 6000 Freiwillige im ganzen Land für mehr Sicherheit auf dem Schulweg einsetzen. "Es beeindruckt immer wieder, mit welchem Engagement sich Schülerlotsinnen und Schülerlotsen Tag für Tag für die Sicherheit anderer einsetzen. Mit ihren neonfarbenen Westen und dem roten Signalstab sind sie sichtbare Zeichen für Rücksicht und Sicherheit - das ist gelebte Solidarität und verdient höchsten Respekt", betont Roland Pichler, Generaldirektor-Stellvertreter der AUVA.

Ihr täglicher Einsatz folgt dabei einem einfachen, aber wirkungsvollen Prinzip: Schülerlotsinnen und -lotsen - meist Jugendliche ab der 7. Schulstufe - sorgen dafür, dass jüngere Schülerinnen und Schüler sicher den Schutzweg überqueren können. Um sich selbst nicht zu gefährden, betreten sie die Fahrbahn erst, wenn die Fahrzeuge angehalten haben. Erwachsenenlotsinnen und -lotsen - auch bekannt als Schulwegpolizei oder Schulweglotsinnen und -lotsen - sichern neben Schutzwegen auch andere Übergänge. Im Unterschied zu Schülerlotsinnen und -lotsen dürfen sie den Verkehr mithilfe eines Signalstabs auch aktiv auf der Fahrbahn anhalten.

Komplexerer Straßenverkehr

Bundespolizeidirektor Michael Takács unterstreicht: "Die Lotsentätigkeit in Österreich blickt auf 60 Jahre erfolgreiche Geschichte zurück. Was einst als Pilotversuch begonnen hat, ist heute ein unverzichtbarer Bestandteil der Schulwegsicherung und eine wichtige Unterstützung der Polizei, wenn es um den Schutz der jüngsten Verkehrsteilnehmenden geht. Umso mehr verdient es höchste Anerkennung, dass sich junge Menschen und Erwachsene Tag für Tag freiwillig für die Sicherheit anderer engagieren."

Sicherheit auf dem Schulweg hat oberste Priorität.
Sicherheit auf dem Schulweg hat oberste Priorität.

Der Einsatz von Lotsinnen und Lotsen ist auch heute von großer Bedeutung, denn die Gefahren im Straßenverkehr sind in den letzten 60 Jahren nicht weniger geworden: Immer mehr Kinder gehen, vom Smartphone abgelenkt, über die Straße und erschreckend viele Fahrzeuglenker*innen halten sich im Ortsgebiet nicht ans Tempolimit. Zudem machen neue Mobilitätsformen wie E-Scooter, E-Mopeds, aber auch das weit verbreitete "Elterntaxi" bis direkt vor die Schultore den Straßenverkehr zunehmend komplexer.

Die Auswertung der Daten von BMI und Statistik Austria durch das KFV zeigt, dass Kinder nach wie vor auf dem Schulweg verunfallen. Im Jahr 2024 ereigneten sich österreichweit 419 Verkehrsunfälle, bei denen 451 Schülerinnen und Schüler im Alter von 6 bis 15 Jahren auf dem Schulweg verletzt wurden - 42 davon schwer, Todesopfer gab es glücklicherweise im Vorjahr keine. Der größte Anteil der verletzten Kinder war zu Fuß unterwegs (35%).

Besonders erschreckend: Auch auf dem Schutzweg, wo Kinder eigentlich besonders geschützt sein sollten, kommt es immer wieder zu Unfällen. Im Jahr 2024 verunglückten 80 Kinder auf einem Zebrastreifen, wobei lediglich ein Viertel dieser Unfälle von Schülerinnen und Schülern selbst verursacht wurde (26%). Die häufigste Unfallursache aufseiten der Unfallgegnerinnen und Unfallgegner bei Schutzwegunfällen ist Vorrangverletzung/Rotlichtmissachtung (73%), gefolgt von Unachtsamkeit/Ablenkung (12%). Klaus Robatsch, Leiter des Bereichs Verkehrssicherheit im KFV, erklärt dazu: "Es ist wichtig, Kinder durch regelmäßiges Schulwegtraining auf potenzielle Gefahren vorzubereiten - und gleichzeitig bei den Erwachsenen das Bewusstsein für die besondere Situation vor Schulen zu schärfen. Erwachsenen- und Schülerlotsinnen und -lotsen leisten einen entscheidenden Beitrag: Sie sind nicht nur wichtige Begleiterinnen und Begleiter für Jüngere, sondern auch ein sichtbares Zeichen, dass besondere Rücksicht geboten ist."

Neue Informationsplattform

Je nach Bundesland gibt es unterschiedliche Voraussetzungen, Regelungen und Zuständigkeiten bei der Schulwegsicherung zu beachten. In Vorarlberg kann man beispielsweise bereits ab zehn Jahren Schülerlotsin und Schülerlotse werden, in Wien erst ab 14. Auch bei Erwachsenenlotsinnen und -lotsen gibt es regionale Unterschiede - etwa in Bezug auf die notwendigen Deutschkenntnisse oder einen Führerschein der Klasse B als Voraussetzung.

Um Übersicht zu schaffen, haben das KFV und die AUVA gemeinsam mit der BMI-Initiative "Gemeinsam Sicher" die neue digitale Plattform www.schulwegsicherung.at entwickelt, die Schulungsvideos und viele weitere relevante Informationen - auch bundeslandspezifische - erstmals kompakt und praxisnah bündelt. Sie richtet sich an Schulkinder, Eltern, Elternvereine, Lehrkräfte, Gemeinden sowie an die Exekutive. Roland Pichler von der AUVA betont: "Uns war es ein großes Anliegen, die digitale Plattform mitzuentwickeln, da sie diesen verantwortungsvollen Dienst strukturiert begleitet und alle relevanten Informationen übersichtlich bereitstellt. Viele wissen etwa nicht, dass Lotsinnen und Lotsen während ihres Einsatzes durch die AUVA unfallversichert sind - auch das wird auf der neuen Website erklärt."

So wird man Schüler- oder Erwachsenenlotsin und -lotse

Zwar weist jedes Bundesland organisatorische Besonderheiten der Schulwegsicherung auf - ein grundlegender Ablauf hat sich aber dennoch österreichweit etabliert: Personen, die eine Schulwegsicherung initiieren möchten, wenden sich an die Schulleitung, den Kindergarten oder Hort. Diese melden dann die potenziell gefährliche Querungsstelle bei der zuständigen Behörde. Das kann je nach Straße die Gemeinde, die Bezirkshauptmannschaft, das Magistrat oder die Landespolizeidirektion sein. Im Rahmen eines Begutachtungsverfahrens wird geprüft, ob ein Lotsendienst erforderlich ist. Danach schlagen Schulen oder Kindergärten interessierte Schülerinnen und Schüler vor, Erwachsene können sich auch direkt bei den Schulen oder der Polizei melden. Die formelle Bestellung der Lotsinnen und Lotsen übernimmt jedoch die Behörde.

Anschließend findet eine Einschulung, meist durch einen Verkehrserziehenden der Polizei, am künftigen Einsatzort statt. Sie vermittelt neben theoretischen Inhalten auch praktische Aspekte wie das richtige Verhalten im Straßenverkehr als Lotsin und Lotse und den Einsatz des Signalstabs. Zuletzt stellt die Behörde einen Ausweis sowie eine gut wahrnehmbare Schutzausrüstung kostenlos bereit, damit Lotsinnen und Lotsen gut vorbereitet und sicher in ihre verantwortungsvolle Aufgabe starten können.