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Polestar: Nordisches Elektro-Trio

Schwedische Partnerschaften für smarte E-Mobilität. Die Marke Polestar expandiert auf zwei Rädern - und fliegt sogar übers Wasser.

Dreier-Gespann: der neue Polestar 2 ...
Dreier-Gespann: der neue Polestar 2 ...

Bei der diesjährigen IAA in München wäre der schwedisch-chinesischen Automarke Polestar mangels eines eigenen Messeauftritts fast nur die Zuschauerrolle geblieben.

CEO Thomas Ingenlath auf der IAA 2023: flammendes Plädaoyer für die Elektromobilität

Doch dann hielt CEO Thomas Ingenlath nur wenige Stunden nach einem Exklusivinterview mit den "Salzburger Nachrichten" eine Rede, die es in sich hatte.

Polestar-CEO Thomas Ingenlath.
Polestar-CEO Thomas Ingenlath.

Während seiner Keynote, die unmittelbar darauf in diversen sozialen Netzwerken viral ging, hielt der frühere Volvo-Chefdesigner und heutige Chef des an der US-Technologiebörse Nasdaq gelisteten Unternehmens Polestar ein flammendes Plädoyer für die Elektromobilität. Und bezeichnete dabei unter anderem den Vorwurf des deutschen Ökonomen Hans-Werner Sinn, Elektroautos würden den Klimawandel nur noch befeuern, wortwörtlich als "bullshit on many layers", sinngemäß also als "Unsinn auf mehreren Ebenen".

Polestar 2 mit deutlich verbesserter Technik und kontinuierlich reduzierten CO₂-Fußabdruck

Dass sich Polestar bestens darauf versteht, leistungsstarke und optisch ansprechende Elektroautos zu bauen, wurde bereits wenige Tage zuvor bei einem Medientermin in Zürich offensichtlich. Dort war die überarbeitete Version des Polestar 2 erstmals auf der Straße zu erleben - jenes Modells, von dem die Marke in den vergangenen zwei Jahren bereits über 1000 Exemplare in Österreich verkauft hat. Während sich die optischen Veränderungen auf Details wie den neu gestalteten Kühlergrill beschränken, wurde die Technik unter der Haube ordentlich verbessert. Die Version mit nur einem Elektromotor und der großen Batterie mit nun 82 kWh Kapazität bietet ab sofort eine Reichweite von bis zu 654 Kilometern laut WLTP-Standard. Gleichzeitig wurde die maximale Ladegeschwindigkeit an Gleichstrom-Schnellladestationen auf bis zu 205 kW gesteigert. Möglich wurden diese Weiterentwicklungen mittels neuer, effizienterer Elektromotoren.

Randnotiz: Durch den Wechsel von Front- auf Heckantrieb bei den Varianten ohne Allrad konnten auch die sportlichen Attribute spürbar verbessert werden. Ein echter Gamechanger ist aber vor allem die Tatsache, dass der CO₂-Fußabdruck des Modells von der Produktion bis zur Auslieferung kontinuierlich reduziert wurde. Seit dem Beginn der Auslieferung im Jahr 2020 bis heute konnten zwölf Prozent an Emissionen eingespart werden - das sind drei Tonnen Kohlendioxid pro Fahrzeug. Mit Maßnahmen wie diesen möchte das Unternehmen das ehrgeizige Ziel erreichen, bis 2030 ein wirklich klimaneutrales Serienfahrzeug zu bauen.

Polestar und Cake produzieren Elektromotorrad Makka

... und das Elektro-Bike Cake Makka rund um Zürich ...
... und das Elektro-Bike Cake Makka rund um Zürich ...

Doch nicht nur bei den eigenen Produkten - nach dem im vorigen Herbst präsentierten SUV Polestar 3 soll 2024 auch das SUV-Coupé Polestar 4 debütieren -, auch bei Kooperationen mit Unternehmen aus anderen Bereichen möchten die Skandinavier ihre Vision einer nachhaltigen, enkeltauglichen Zukunft auf eine breitere Basis stellen. Eines der ersten Resultate ist das in Zusammenarbeit mit dem ebenfalls in Schweden ansässigen Hersteller Cake produzierte Elektromotorrad Makka.

Tragendes Element beim Makka, das auf den ersten Blick an die klassischen Puch-Mopeds erinnert, ist ein u-förmiger Rohrrahmen, unter dem ein Batterieblock sitzt, an dem wiederum die Hinterradschwinge mit Zentralschwinge befestigt wurde. Der Nabenmotor mit einer Leistung von 3,6 kW bzw. 4,8 PS steckt im kleinen Hinterrad. Auf eine Kette oder einen Riemen kann so verzichtet werden. Die stärkere Kleinkraftradvariante, die maximal 45 km/h schnell ist, kann hierzulande mit dem normalen Pkw-Führerschein gefahren werden.

Puristisches Design und Verarbeitungsqualität beeindrucken beim Elektro-Bike Cake Makka

Neben dem puristischen Design mit dem klassischen Rundscheinwerfer und dem bequemen Einzelsitz ist es vor allem die Verarbeitungsqualität, die beim Makka auf Anhieb beeindruckt: Während bei vergleichbaren Elektro-Motorrädern mangels Motorengeräusch oftmals laute Knarz- oder Scheppergeräusche zu hören sind oder das Quietschen der Bremsen, bleibt das Cake Makka bei der ausführlichen Testfahrt durch die Züricher Innenstadt akustisch unauffällig. Ganz im Gegenteil: Die massive Rahmenkonstruktion wirkt trotz ihres vergleichsweise geringen Gewichts von 55 Kilogramm (ohne Akku) wie aus einem Guss. Der elf Kilogramm schwere, herausnehmbare 1,5-kWh-Akku ermöglicht laut Hersteller eine Reichweite von bis zu 60 Kilometern - genug für die ergänzende Verwendung zu einem Polestar. Zumal die eigens vorgestellte Polestar Edition nicht nur mittels Kabel an der Elektrolimousine aufgeladen, sondern über eine Anhängekupplung auch bequem am Fahrzeugheck transportiert werden kann.

Polestar und Motorboothersteller Candela bauen gemeinsam Elektroboote

... und das Candela C-8 am Vierwaldstättersee.
... und das Candela C-8 am Vierwaldstättersee.

Noch eine Spur spektakulärer und auch technisch faszinierender ist das Produkt jener Kooperation, die Polestar mit dem Motorboothersteller Candela eingegangen ist. Die in Stockholm ansässige Manufaktur hat sich auf die Fertigung von Elektrobooten mit Tragflächenantrieb spezialisiert.

Der Clou dabei: Die computergesteuerten sogenannten Hydrofoils heben den Rumpf des Candela C-8 schon bei relativ geringen Geschwindigkeiten aus dem Wasser. Angetrieben wird das Boot von einem sogenannten Pod-Motor mit Direktantrieb, der manuell abgesenkt werden kann, sobald das Wasser tief genug ist. Durch die massiv reduzierte Reibung sinkt der Energieverbrauch im Vergleich zu konventionellen Motorbooten um sagenhafte 80 Prozent. Das wiederum ermöglicht dem Boot, das bis zu acht Personen Platz bietet, rein elektrische Reichweiten von bis zu 57 Seemeilen (rund 105 Kilometern) mit einer Akkuladung - und das bei Reisegeschwindigkeiten von 22 Knoten (ca. 40 km/h). Werte, die vergleichbar sind mit jenen von Motorbooten mit Verbrennungsmotor. Schenkt man den schwedischen Ingenieuren von Candela Glauben, so liegt die Reichweite im Hochgeschwindigkeitsbereich sogar zwei bis drei Mal höher als bei konventionellen elektrischen Schnellbooten. Ein weiterer Vorteil ist der beeindruckende Fahrkomfort: Anhand von Daten, die über Sensoren am Bug des Boots gesammelt werden, bügeln die beweglichen Foils jede Art von Wellengang automatisch glatt.

Neben der Gleichstrom-Schnellladetechnik liefert Polestar auch das 69-kWh-Batteriepaket aus dem Polestar-2-Standard-Range-Single-Motor. Darüber hinaus stellt der Autohersteller seine Forschungs- und Entwicklungskapazitäten zur Verfügung, um die Technologie vom Land auf das Meer zu übertragen.