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VW-Modellregion für E-Mobilität: Elektrisierendes Inselparadies Astypalea

Eine winzige Insel in der Ägäis dient Volkswagen als Modellregion für Elektromobilität. Auf Astypalea wird sichtbar, welch wirtschaftliches und soziales Potenzial die Energiewende bietet.

Die griechische Insel Astypalea wird von VW auf Elektromobilität umgerüstet.
Die griechische Insel Astypalea wird von VW auf Elektromobilität umgerüstet.

Auf den ersten Blick wirkt Astypalea wie ein ganz gewöhnliches griechisches Ferienparadies: dunkelblaues Wasser, weiß gekalkte Häuser, vor Hitze flimmernde Luft. Doch bei genauerem Hinsehen wird schnell klar, dass auf der 1400-Einwohner-Insel in der südlichen Ägäis vieles anders läuft als im Rest Griechenlands.

Bürgermeister Nikolaos Komineas krempelt mit Partner VW nicht nur das Verkehrs- und Energiesystem um, auch zahllose Autowracks und alte Reifen wurden eingesammelt.
Bürgermeister Nikolaos Komineas krempelt mit Partner VW nicht nur das Verkehrs- und Energiesystem um, auch zahllose Autowracks und alte Reifen wurden eingesammelt.

Vor mittlerweile zwei Jahren hat Volkswagen das nur 96 Quadratkilometer große Eiland, das auf Satellitenbildern aussieht wie ein fliegender Schmetterling, als Zukunftslabor für smarte, nachhaltige Mobilität auserkoren. Gemeinsam mit der Hellenischen Republik verfolgt man seither das Ziel, die Insel binnen weniger Jahre auf Elektromobilität umzurüsten. Während anderswo knatternde Mofas und ältere Geländewagen das Straßenbild prägen, fällt auf Astypalea der verhältnismäßig hohe Anteil leise summender E-Autos auf.

Ridesharing-Dienst "Astybus" mittels Smartphone-App statt Linienbus

Nicht nur die örtliche Polizei und die Mitarbeiter des winzigen Flughafens fahren elektrische Modelle aus dem VW-Konzern, auch der einzige, klapprige Linienbus der Insel wurde vor gut einem Jahr durch moderne Elektro-Bullis ersetzt. "Der große Vorteil unseres Ridesharing-Dienstes namens Astybus besteht darin, dass wir damit viel mehr Orte auf der Insel anbinden können", berichtet Maik Stephan, bei Volkswagen verantwortlich für das Pilotprojekt auf Astypalea.

Der Linienbus der Insel wurde durch Elektro-Bullis ersetzt, hier im zentralen Ladehub.
Der Linienbus der Insel wurde durch Elektro-Bullis ersetzt, hier im zentralen Ladehub.

Je nach Saison stehen bis zu fünf Fahrzeugen bereit, um mittels eigener Smartphone-App von den Kunden herbeigerufen zu werden. Eine Fahrt kostet je nach Distanz zwischen zwei und sechs Euro, zudem gibt es günstigere Ein- oder Drei-Tages-Pässe. Angesichts der überschaubaren Größe der Insel - die größtmögliche Wegstrecke beträgt 16 Kilometer - bleiben die Kosten überschaubar. Einwohner der Insel zahlen im Vergleich zu Touristen ohnehin nur den halben Preis. Geladen werden die von eigenen Fahrern betriebenen Autos am zentralen Ladehub, der Strom dafür wird mittels zwei kleinerer Solaranlagen am Dach des Gebäudes lokal produziert. "Selbst während der Hochsaison im Juli und August, wenn die meisten Fahrten gebucht werden, reicht die Kapazität der PV-Anlage aus, um alle Autos zu laden", versichert Astybus-Manager Nikos Diakostamatiou.

Wer lieber selber fährt, kann mithilfe derselben App am Handy auch elektrische Leihfahrzeuge buchen. Beim örtlichen Sharing-Angebot "AstyGo" stehen neben vollwertigen Elektroautos auch elektrische Scooter der Schwestermarke Seat MÓ und E-Bikes von Ducati bereit. Nicht nur Touristen, auch die anfangs skeptische Inselbevölkerung nutzt mittlerweile gerne das verhältnismäßig billige Mobilitätsangebot. Vor allem während der Sommermonate, wenn die Feriengäste mitsamt ihrer eigenen Pkw vom Festland kommen, bieten die schlanken E-Bikes und Scooter eine Alternative zum alltäglichen Stau. Mehr noch: Dank eines großzügigen Förderprogramms, bei dem die griechische Regierung den maximalen E-Mobilitäts-Zuschuss auf bis zu 12.000 Euro verdoppelt hat, steigt die Anzahl der E-Fahrzeuge auch bei den privaten Pkw rapide an. "Aktuell sind es 84 strombetriebene Autos auf der Insel, und der Anteil steigt massiv", so Maik Stephan. Seit dem Start des Pilotprojekts vor rund zwei Jahren wurden so mehr als 200.000 CO2-neutrale Kilometer zurückgelegt und 5000 Tonnen Kohlendioxid eingespart. "Unser langfristiges Ziel ist es, die Fahrzeugflotte auf der Insel um ein Drittel zu reduzieren."

Geplantes hybrides Energiesystem statt Dieselaggregate auf Astypalea

Doch die ambitionierten Pläne gehen noch weiter: Bereits im kommenden Jahr steht der Aufbau eines hybriden Energiesystems auf dem Plan, das aus einem Solarpark mit 3,5 Megawatt Leistung pro Jahr und einem Batteriespeicher bestehen wird. Damit sollen ab 2024 100 Prozent des Energiebedarfs für die E-Mobilität und bis zu 60 Prozent des allgemeinen Energiebedarfs der Insel abgedeckt werden. Bis 2026 soll das Energiesystem der Insel weiter ausgebaut werden und in der finalen Stufe mindestens 80 Prozent des Strombedarfs abdecken.

"Für die Inselbewohner bietet das enorme ökologische, aber auch ökonomische Vorteile", ist Thanos Zarogiannis vom Hellenischen Ministerium für Umweltschutz und Energie überzeugt. Astypalea ist eine von 47 griechischen Inseln ohne Stromkabelverbindung zum Festland. Seit 1986 produzieren vier luftgekühlte Dieselaggregate die notwendige Energie für die ganze Insel. "Sieben Mal im Jahr muss deswegen ein Tankschiff kommen, insgesamt werden so jährlich 500.000 Liter Dieselöl verbrannt und dabei 4700 Tonnen CO2 in die Luft geblasen", so Zarogiannis. Doch nicht nur die lokale Wirtschaft und die Umwelt profitiert vom Engagement von Volkswagen und deren Partner. Auch auf sozialer Ebene hat sich seit dem Start im Jahr 2022 viel verändert. Stand die lokale Bevölkerung den Plänen damals überwiegend ablehnend gegenüber, so sind heute 80 Prozent dafür und nutzen die Möglichkeiten selbst", so Bürgermeister Nikolaos Komineas. Dessen Erfolgsrezept: "Die Menschen müssen immer ein Mitentscheidungsrecht haben und spüren, dass nicht über sie hinweg gehandelt wird."