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Betriebsübergabe: Frischer Wind tut gut

Familienbetrieb 2.0: die Frage der Nachfolge. So manchem heimischen Hotelier treibt der Gedanke die Schweißperlen auf die Stirn. Wird eines meiner Kinder den Betrieb weiterführen? Und wenn ja, dann wie? Seit Jahrzehnten etablierte Hotels und teils jahrhundertealtes Familieneigentum in jungen Händen - die nächste Generation krempelt vieles um, bringt neue Ideen ein, aber lässt auch viel Bewährtes bestehen. Die Rückkehr nach Hause, in den elterlichen Betrieb, war für manche nicht geplant, bereut hat es niemand. Wir zeigen fünf Beispiele aus fünf Bundesländern.

Österreichs Hotellerie hat einen exzellenten Ruf. Gelungene Betriebsübergaben sind daher doppelt erfreulich.
Österreichs Hotellerie hat einen exzellenten Ruf. Gelungene Betriebsübergaben sind daher doppelt erfreulich.

URSULA UND ALFRED KARNER, KARNERHOF, KÄRNTEN

Junghoteliers mit Nachwuchs: Ursula und Alfred Karner mit ihrem Sohn Artur.
Junghoteliers mit Nachwuchs: Ursula und Alfred Karner mit ihrem Sohn Artur.

Am Anfang war der Zweifel. Da waren ja noch zwei Brüder, das Dolmetsch-Studium, die Lust auf neue Horizonte. Dann doch die Tourismus-Fachhochschule und so beschloss der Familienrat, dass Ursula Karner den Karnerhof übernehmen sollte. Ein imposantes, etabliertes Haus direkt am Faaker See. Dann die ersten Umbauten. Etwa im Eingangsbereich. Die Juniorchefin: "Wenn man anfängt, Dinge zu verändern und die ersten Resonanzen bekommt, dann macht es von Mal zu Mal mehr Spaß, man merkt, dass man gestalten kann." Auch unter dem anfangs leicht beunruhigten Blick ihres Vater, der meinte, in der Lobby sei "schon alles recht beige und braun". Heute mit blauen und wollweißen Farbtupfern jedoch sehr stimmig. Und für die Juniorchefs - und ihren vierjährigen Artur - einfach perfekt.

Österreichs Hotellerie hat einen exzellenten Ruf. Einen gut eingeführten Familienbetrieb zu übernehmen ist eine große Herausforderung. Für alle Generationen. Ursula Karner über ihren Vater Hans: "Er hat uns bei der Betriebsführung vertraut und viel Freiraum gelassen." Ihr zur Seite: ihr Ehemann Alfred, Psychologe. Ganz hilfreich, um in einem großen Betrieb auf Menschen zugehen zu können. Auch er lobt seinen Schwiegervater: "Hans hat ein Gefühl für das Feine, das Außergewöhnliche, für Kultur und Kunst. Auch war er immer ein präsenter Gastgeber, hat Show und Programm gemacht." Doch die Zeit ändert sich, mit ihr auch der Gast. Wenn früher wöchentliche Events wie das Bauernhoffest beliebt waren, spiele heute die Privatsphäre eine größere Rolle. "Die Sauna, etwa bei unseren betreuten Kräuteraufgüssen, ist immer noch gesellig, doch ansonsten möchte jeder seine Insel. Das ist echt ein Thema. Und sicherlich der Grund, warum so viele Chalets gebaut werden." Nun ist der Karnerhof ganzjährig geöffnet, mit spannenden Sportangeboten, Seniorchef Hans mischt nach wie vor allabendlich im Restaurant seinen legendären Balsamico ins Salatdressing. Getüftelt wird jetzt nur noch an kleinen Highlights, die die einzigartige Lage zur Geltung bringen. Ursula Karner: "Wir wollen nicht mehr Beton, sondern die Natürlichkeit des Seegrundstücks erhalten. Über die Restaurant-Terrasse über Blumenwiesen zum See laufen, wo gibt's das schon?"

Der Karnerhof direkt am Faaker See.
Der Karnerhof direkt am Faaker See.
Karnerhof im Winter: Infinity-Pool mit Blick auf den Mittagskogel.
Karnerhof im Winter: Infinity-Pool mit Blick auf den Mittagskogel.

BENEDIKT KÖSSLER, ANSITZ FELSENHEIM, TIROL

Engagierter Koch und Neo-Schlossherr: Benedikt Kössler.
Engagierter Koch und Neo-Schlossherr: Benedikt Kössler.

Das 300 Jahre alte Jagdanwesen eines reichen Salzhändlers im Tiroler Lermoos blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Das schließlich heruntergekommene Gasthaus wurde vom Maler und Vergolder Othmar Kössler liebevoll restauriert und als Apartmenthotel von Caroline Kössler geführt. Als Sohn Benedikt 2018 nach seiner Kochlehre bei Johanna Maier heimkommt, steigt er im Betrieb ein. Er hat seine Vorstellungen, seine Eltern haben andere. "Ich hab ihnen mit meinen Ideen eher mehr als weniger Arbeit gemacht." Er lächelt schuldbewusst. Statt weniger Mitarbeiter wollte Benedikt mehr Service, eine kleine Bar mit interessanten Weinen und Snacks. Und bald auch eine Küche, einen Restaurantbereich. Die Antwort der Eltern: Auf gar keinen Fall. "Drei Jahre lang haben wir gestritten", sagt der junge Koch und lacht, "der Papa war ein sturer Kopf, er hat das ja aufgebaut." Benedikt droht zu gehen, der Kompromiss heißt schließlich: Frühstück. Und zwar "alles frisch und hausgemacht, kein Überangebot, aber ausgewählte Produkte". Der Erfolg gibt ihm recht, macht den Eltern Freude. So wie mittlerweile Benedikt Kösslers "Hausdinner", traditionelle österreichische Küche mit modernem Twist, familiär und "fast ein Familienessen". Und der "Supper Club", nach allen Regeln der Kunst. "Da hauen wir auf den Putz", sagt der begeisterte Juniorchef, "und kochen so, wie wir uns das vorstellen. Da kommen auch andere Gastronomen und Leute aus dem Ort." Die Zutaten kommen von Bauern ringsum, er setzt auf Biodiversität und rare Sorten. Denn: "Ab einem bestimmten Bekanntheitsgrad hat man eine Verantwortung für die Allgemeinheit."

Der Ansitz Felsenheim in Lermoos.
Der Ansitz Felsenheim in Lermoos.

ANNA UND MARKUS SATTLER, SATTLERHOF, STEIERMARK

Dreamteam: die Geschwister Anna und Markus Sattler.
Dreamteam: die Geschwister Anna und Markus Sattler.

Es sei noch nicht offiziell, sagt Anna Sattler. Doch tatsächlich ist sie bereits dabei, das Genießerhotel Sattlerhof in Gamlitz - eine der ersten Adressen der Südsteiermark, wenn es um Küche und Wein geht - von ihrem Vater Hannes Sattler zu übernehmen. Und zwar gemeinsam mit ihrem Bruder, der so wie sie selbst vor Kurzem wieder in den elterlichen Betrieb zurückgekehrt ist. Acht Jahre war die blonde Steirerin im Ausland, in London und im Schweizer Verbier, in Macao und in Kopenhagen. "Ich habe gedacht, ich gehe nie wieder heim." Sie schmunzelt. Eine Rucksackreise hat schließlich den Ausschlag für die Rückkehr gegeben: "Weil ich wollte, nicht weil ich musste." Mit im Gepäck: ihr Lebenspartner Thomas Ferrand, Spitzensommelier aus Frankreich. Drei junge Energiebündel sorgen jetzt für Bewegung. Zur Freude von Seniorchef Hannes Sattler. "Papa ist sehr glücklich und immer da für uns, immerhin ist das ja sein Lebenswerk, er hat das aus dem Nichts aufgebaut."

Die Aufgaben sind klar: Anna leitet Service und Hotel, Thomas Ferrand vergrößert die Weinkarte mit Neuem, Spannendem, Markus Sattler kocht. Anders, rigoros regional, puristisch. Seine "sanfte Küche" trägt die Handschrift seiner Lehr- und Wanderjahre in Stationen wie Kopenhagen, München oder Malmö. Jetzt werden die Landhauszimmer neu gemacht, ein neues Hotel mit Wellnessbereich ist in Planung. Ziel ist es, ein Ganzjahresbetrieb zu werden. Anna Sattler: "Wir haben ein tolles, loyales Team und wollen die Region auch im Winter beleben." Was ihr am besten gefällt? "Wir bauen uns unsere eigenen Stammgäste auf, die mit uns mitwachsen, wie damals die Gäste von Papa und Mama. Das ist ein tolles Gefühl!"

Der Dritte im Bunde: Thomas Ferrand mit Anna Sattler.
Der Dritte im Bunde: Thomas Ferrand mit Anna Sattler.
Einst erstes Haubenlokal der Steiermark: der Sattlerhof bei Gamlitz.
Einst erstes Haubenlokal der Steiermark: der Sattlerhof bei Gamlitz.

ERASMUS ALMÁSY, BURG BERNSTEIN, BURGENLAND

Burgherr Erasmus Almásy beim Ziehen des Strudelteigs.
Burgherr Erasmus Almásy beim Ziehen des Strudelteigs.

Was für ein Erbe: Seit dem 13. Jahrhundert existiert die trutzige Burg im Herzen des Burgenlands. Ihr prominentester Besitzer war László Almásy, bekannt als der "Englische Patient". Ein geschichtsträchtiges Objekt, dessen Bedeutung sich die heutigen Besitzer, Erasmus Almásy und seine Schwester Anna, sehr bewusst sind. Sie sind mit dem außergewöhnlichen Hotelbetrieb aufgewachsen. Die Eltern hätten nie Druck gemacht, sagt Erasmus Almásy, "sie meinten eher, überlegt euch das gut, ob ihr das wollt". Gemütlicher Bürojob sei das keiner, das hätten sie schon als Kinder mitbekommen. Dennoch war rasch klar, dass er das weitermachen wolle, sagt der junge Burgherr, den es vorerst zum Physikstudium gezogen, der dann aber Hotellerie-Erfahrung in der Schweiz, in Vorarlberg und England gesammelt hat. Schwester Anna studierte Kunstgeschichte. "Wir sind daher gut vorbereitet." Er schmunzelt.

Bespaßt wird auf Burg Bernstein immer noch niemand, auch Fernseher am Zimmer sucht man vergebens. Die Gäste schätzen das aber. Und schließlich sei das ganze Haus eine Zeitreise, abgesehen von modernen Betten und Warmwasser. Veränderung gab es vor allem in der Küche. "Wir haben ein bisserl reduziert", gibt sich Almásy pragmatisch. "Früher wurden jeden Abend mehrgängige Galadiner serviert. Jetzt nur mehr zwei Gänge und schlichtere Gerichte." Das passe besser zu ihnen, so wie der Verzicht auf Abendkleidung, Respekt fürs Haus erwarte man aber schon. "Durch den Generationenwechsel ist alles ein bisserl lässiger und entspannter geworden, das weniger Formelle zieht auch jüngere Menschen an." Sogar im Garten könne man jetzt sitzen zum Abendessen, das hätte seine Großmutter wohl nicht erlaubt.

Die Instandhaltung der auf ihrem Hügel thronenden Burg sorgt manchmal für Kopfzerbrechen. Da gebe die Familiengeschichte durchaus Kraft, sagt Erasmus Almásy: "Das relativiert oft die eigenen Probleme." Und auf die gelegentliche Skepsis seiner Mutter gegenüber den Neuerungen antwortet er ihr liebevoll, aber bestimmt: "Du bist in Pension, und wir tragen jetzt die Verantwortung."

Gemeinsam geht es leichter: Erasmus Almásy und seine Schwester Anna Hase-Almásy.
Gemeinsam geht es leichter: Erasmus Almásy und seine Schwester Anna Hase-Almásy.
Landmark seit dem 13. Jahrhundert: Burg Bernstein.
Landmark seit dem 13. Jahrhundert: Burg Bernstein.

PETER FETZ, HOTEL HIRSCHEN, VORARLBERG

Plant gerade die Erweiterung des Hotels Hirschen um ein Badehaus: Peter Fetz.
Plant gerade die Erweiterung des Hotels Hirschen um ein Badehaus: Peter Fetz.

Es sei ein Privileg, sagt Peter Fetz, mit dem "Hirschen" in Schwarzenberg ein Haus zu übernehmen, das sich seit 1755 in Familienbesitz befinde. "Mein Vater hat immer gesagt, wenn ich nicht will, muss ich nicht. Doch dann hat er mich vor die Wahl gestellt. Er wollte in zwei Jahren in Pension gehen. Ich hab geschluckt und Ja gesagt." Der Deal: Zwei Monate gemeinsam arbeiten und danach freie Hand für den Junior. "Er hat mir schon geholfen, so oft ich das wollte, sich aber nie eingemischt." Peter Fetz hingegen wollte nicht, wie seine Eltern, ständig anwesend sein, dem Hotel alles andere unterordnen. "Das Haus sollte mit fünf Tagen Anwesenheit auskommen." Der Plan ging auf, auch wenn manche Stammgäste ein wenig murrten. Die Designsprache wurde ebenfalls deutlich geändert in den letzten sechs Jahren. Motto des jungen Chefs: Man muss dahinter sein, dass man nicht von einem geschichtsträchtigen Haus zu einem Haus der Geschichte wird. Also lieber einen jungen Geist in alten Gemäuern, denn der Kontrast sei der Reiz. Und ziehe junges Publikum an. Durch den traditionsreichen "Hirschen" ist eine frische Brise gezogen, ganz im Sinne des Hausherrn. "Es soll nicht nach altem Kitsch aussehen, hier im ländlichen Raum. Der gemeinsame Nenner mit meinen Vorgängern ist vielmehr die Weltoffenheit, sie waren allesamt Reisende, die viel herumgekommen sind, auch Kunstmäzene. Und waren daher stets interessiert an der Welt außerhalb des Bregenzer Walds." Dafür steht auch die Küche mit Jonathan Burger und Raphaela Wirrer. Neben ein paar lokalen Klassikern soll die Karte am Puls der Zeit und, was das Handwerk anbelangt, keine provinzielle Sache sein. Fermente werden eingesetzt und Koji, dazu ein eigener Schinkenreifekeller. Peter Fetz freut sich über sein "Ensemble von findigen und ausgezeichnet ausgebildeten Menschen". Vor drei Jahren ist seine Schwester Pia mit eingestiegen. Ein wenig Biss und Selbstdisziplin fordere es schon, so Fetz, die Fünftagewoche für alle umzusetzen. Der alte, hierarchische Umgang mit Mitarbeitern ist nun auch längst vorbei, es gebe sogar acht Lehrlinge im Haus. Betriebsübergaben gehen ja oft schief, ist Fetz überzeugt, weil zu viel Ego auf beiden Seiten da sei. Nicht so im historischen Hotel Hirschen. "Papa sagt, er ist sehr stolz."

Es ist aufgedeckt im historischen Speisesaal im Hirschen.
Es ist aufgedeckt im historischen Speisesaal im Hirschen.
Prachtvolles Bregenzerwälderhaus: Hotel Hirschen in Schwarzenberg.
Prachtvolles Bregenzerwälderhaus: Hotel Hirschen in Schwarzenberg.

INFORMATION

Hotel Karnerhof in Egg am Faaker See, www.karnerhof.com

Ansitz Felsenheim in Lermoos, www.felsenheim.at

Genießerhotel & Weingut Sattlerhof in Gamlitz, www.sattlerhof.at

Burg Bernstein, www.burgbernstein.at

Hotel Gasthof Hirschen in Schwarzenberg, www.hotel-hirschen-bregenzerwald.at