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Die Insel der Langsamkeit

Hydra. Hier hat die Tagespolitik Pause. Vor allem, wenn man auf einer Insel Urlaub macht, auf der Esel die Autos ersetzen.

Nach Hydra kommt man nur mit dem Boot: Zwei Stunden braucht das Schnellboot, das in Piräus nahe Athen ablegt.
Nach Hydra kommt man nur mit dem Boot: Zwei Stunden braucht das Schnellboot, das in Piräus nahe Athen ablegt.
Esel werden zum Transport genutzt.
Esel werden zum Transport genutzt.

Die griechische Insel Hydra verzaubert von dem Moment, an dem man die Insel betritt. Weiße Häuser reihen sich in engen Gässchen aneinander. Im Hafen kann man stundenlang die Schiffe beim Anlegen beobachten. Und in den Restaurants löffelt man den Milchschaum des Caffè Freddo. Dieser Ort wirkt, als hätte jemand die Zeit zurückgedreht. Und verlangsamt. Was wahrscheinlich an den Eseln liegt, die vom Hafen aus auf das Meer starren. "Wollen Sie eine Runde reiten?", fragt Lefteris, während er den Hals seines Esels streichelt.

Hydra ist die Ausflugsinsel für gestresste Athener. Doch auch Touristen benutzen die Schnellboote, die vom Hafen in Piräus nahe Athen ablegen. Nach zwei Stunden wirft die Crew Taue um die Poller am Anlegesteg auf Hydra. Die Insel ist 20 Kilometer lang und vier Kilometer breit, 2000 Menschen wohnen hier. Früher waren die Einwohner auf Schiffsbau spezialisiert: Zwei Drittel der Schiffe des gesamten griechischen Reichs im 19. Jahrhundert stammten von der Insel im Saronischen Golf.

Für die Touristen mag es ein lustiger Zeitvertreib sein, auf den Eseln von Lefteris zu reiten. Für die Einheimischen sind sie aber das einzige Transportmittel. Motorisierter Verkehr ist auf der Insel verboten. Deshalb schleppen Esel Ziegel zur Baustelle, die sich ein Stück den Hügel hinauf befindet. Wanderer folgen dem Tier ein paar Meter. Sie wollen den Berg Eros bezwingen, die höchste Erhebung der Insel. Der Weg führt sie an zwei orthodoxen Klöstern vorbei, die über dem Hafen thronen. Eines davon ist dem Propheten Elias geweiht und Männern vorbehalten; im tiefer gelegenen Kloster Agia Efpraxia leben Frauen. Auf dem Gipfel des Eros, auf etwa 600 Metern Höhe, warten beste Aussichten über die gesamte Insel - und das endlos weite, blaue Meer.

Griechenland kam die jüngste Verschiebung der Reiseströme gerade recht: Viele Touristen fliegen lieber nach Athen als nach Istanbul. Im Sommer 2017 war zudem die Ausstellungsreihe documenta zu Gast. 320.000 Mal klickten die Zählgeräte an den Eingängen der fast 50 Kunstorte. Bei Reiseriesen wie TUI stieg Griechenland auch deshalb heuer zum beliebtesten Ziel der Österreicher auf.

Hydra gilt noch immer als Geheimtipp neben den bekannten griechischen Reisezielen wie Kos oder Rhodos. Anders als man vermuten könnte, leitet sich der Name aber nicht von Hydra, dem vielköpfigen Monster in der griechischen Mythologie, ab. In der Antike war die Insel als Hydrea bekannt, das sich an das griechischen Wort für Wasser anlehnt - und sich auf die einst zahlreichen natürlichen Quellen der Insel bezieht.

Durch den Schiffsbau wurden vor zweihundert Jahren viele Bäume abgeholzt, die Insel ist nun großteils karg. Mit den Bäumen verschwanden auch die Wasserquellen. Bis August 2014 brachte deshalb jeden Tag ein Schiff Trinkwasser auf die Insel. Das war nicht nur teuer, die Qualität war zudem minderwertig. Eine private Firma errichtete daraufhin bei Mandraki eine Entsalzungsanlage. Manche Bewohner speichern auch das Regenwasser, das im Winter auf die Insel fällt, in Zisternen.

In der Bucht von Mandraki, östlich des Hafens auf Hydra, ist es in der Vorsaison noch ruhig. Wer etwas in der weiß getünchten Taverne neben der winzigen Kapelle isst, kann die Liegen im Sand gratis benutzen. Und von dort die bunten Fischkutter beobachten, die sanft auf und ab schaukeln. Das tiefblaue Wasser schwappt in sanften Wellen ans Ufer. Es ist nichts zu hören, bis auf das Rauschen des Meeres.

Info Hydra

Hydra liegt im Saronischen Golf. Die Insel ist am besten von Athen aus mit dem Schnellboot zu erreichen. Im Sommer haben zahlreiche Pensionen und Restaurants geöffnet. Beste Reisezeit: Mai oder Oktober: Dann ist es auf Hydra noch oder wieder ruhig.