Gas-Laternen werfen ihr fahles Licht auf das schimmernde Kopfsteinpflaster der Karlsbrücke, der Karlovy most. Die schwarzen Umrisse von 30 zu Stein gewordenen Heiligen sind in der Überzahl. Es ist knapp vier Uhr früh, die Taschendiebe schlafen und unterhalb der Prager Burg, dem Hradschin, am einstigen Krönungsweg der böhmischen Könige irren die letzten Überlebenden durch die Nacht, wie durch Kafkas Labyrinth. Eine Verwandlung steht bevor.
Eine versprengte Gruppe US-amerikanischer High-School-Kids schleppt sich in unsicheren Schritten über die 1357 unter Kaiser Karl IV erbaute Moldau-Steinbrücke, viel älter als die Entdeckung ihres Kontinents.
Auch sie haben eine Entdeckung gemacht: flüssiges Gold, in Form von Bier. Niemand trinkt mehr Bier als die Tschechen, aber es soll keiner sagen, die jungen Amerikaner hätten es heute nicht wenigstens versucht. Na zdraví. - Prost.
Bier ist hier allgegenwärtig, zu jeder Zeit, an jedem Ort. Monumentaler Bierkonsum trifft Wellness im Prager "Bier-Spa". Sie können hier im Bier baden, während Sie unbegrenzte Mengen an Bier trinken. Ja, wirklich. Schon allein deshalb empfiehlt sich die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln, mit Bus oder Bahn. Der historische Prager Hauptbahnhof im Jugendstil wirkt, als wäre die Zeit irgendwann in den 80ern stehen geblieben.
Vom Bahnhof führt der Weg in gut 15 Minuten zu Fuß mitten in die Altstadt mit der berühmten, astronomischen Rathausuhr. Nicht zu übersehen ist dabei das National-Museum. Und dort sind auch die Original-Statuen besagter Heiliger zu finden, auf der Karlsbrücke stehen fast nur Kopien. Gleich unterhalb des Museums: Der Wenzelsplatz mit der Reiterstatue. Die Prager treffen sich hier gerne "Unter dem Schwanz". Dem des Pferdes.
Wer als Tourist erkennbar ist, darf hier gleich einmal aufdringliche Geld-Wechsler abwehren. Die Sorge ist jedoch unbegründet, es geht auch ganz ohne tschechische Kronen. Bankomatkarten und Kreditkarten sind eigentlich überall gern gesehen, mit Ausnahme von "American Express". Grundsätzlich heißt es, wie eh immer: Aufpassen bei Wechselkursen und Gebühren.
Nur Minuten später ist die Moldau erreicht. Perfekt für die Standort-Bestimmung auch zu später Stunde im - möglicherweise - etwas illuminierten Zustand. Wer kein Hotel gebucht hat: Hier ankern "Botels", schwimmende Unterkünfte, auf denen fast immer ein Zimmer frei ist. Bitte nur nicht ins Wasser fallen.
Wer es durch die Nacht schafft, dem leuchtet ab Sonnenaufgang das goldene Licht, dem Prag den Beinamen "Goldene Stadt" verdankt. Und an diesem Morgen ist es ein besonders gleißendes Sonnenlicht, das alles überstrahlt, die Dunkelheit bricht und in Gold ertränkt.