SN.AT / Leben / Reisen

Raus in die Natur

Expeditionskreuzfahrten: Sie sind das neue Objekt der Begierde. Karl J. Pojer von Hapag-Lloyd Cruises erklärt die jüngste Schiffsgeneration.

Arktis und Antarktis: unberührte Naturparadiese, die man bestaunen kann, die es aber auch zu schützen gilt.
Arktis und Antarktis: unberührte Naturparadiese, die man bestaunen kann, die es aber auch zu schützen gilt.
Ab Juli 2020 mit schadstoffarmem Gasöl: die Expeditionsflotte von Hapag-Lloyd Cruises.

Eins vorweg: Die Nachfrage nach Expeditionskreuzfahrten ist schon seit mehreren Jahren zu spüren. Dieser Markt war bisher eher älteren Schiffen vorbehalten. Bei Hapag-Lloyd Cruises war dies etwa die "MS Hanseatic". Das Naturerlebnis stand laut Kreuzfahrt-Chef Karl J. Pojer stets im Vordergrund, mit exzellenten Routen und Wissenschaftern. "Dafür nahm der Passagier schon mal Abstriche in Kauf, was Luxus und Vielfalt an Bord betraf." Nun haben viele Reedereien das Segment entdeckt und möchten einsteigen. Dabei bringt eine Reise in die Antarktis die meisten Neukunden, auch Menschen, die eigentlich gar keine Kreuzfahrt machen wollen. Denn das Eisland an den Polen ist ein "Once in a Lifetime"-Erlebnis. Dazu kommen neue Schiffe auf den Markt und bringen neue Kunden - auch bei Hapag-Lloyd. Die drei Neuzugänge "Hanseatic nature", "Hanseatic inspiration" und "Hanseatic spirit" ziehen Gäste der klassischen Luxuskreuzer "MS Europa" und "MS Europa 2" an. Denn nun gibt es große, moderne Suiten, Wellness und Fitness. "Wir sind ja in Regionen unterwegs, wo man sich an Land nicht auspowern kann. Da ist es schon toll, nach Grönland zu fahren und in die Sauna gehen zu können."

Luxus auf Expeditionsschiffe zu bringen ist laut Pojer eine ganz besonders heikle Aufgabe. "Das Spannende am Schiffsbau ist ja immer: Wie viel Komfort und Vielfalt passen auf das Schiff, ohne das Expeditionserlebnis zu beeinträchtigen?" Größe, Gewicht und Tiefgang dürfen nicht überschritten werden, sonst ist etwa die Fahrt vom brasilianischen Manaus bis Iquitos gestrichen. Gerade da liegt aber der interessanteste Teil des Amazonas, wo der Fluss enger wird, der Regenwald zum Greifen nahe kommt und kleine Seitenarme im Zodiac erkunden werden können.

Auch an die Bestandteile selbst werden höchste Ansprüche gestellt. "Wir fahren in Brasilien bei plus 40 Grad und 100 Prozent Luftfeuchtigkeit, dann im arktischen Sommer bei minus zehn. Das muss das Material einmal aushalten." Dass die drei "Neuen" eistauglich sind, muss nicht extra erwähnt werden, sie haben die höchste Eisklasse, Polarcode 6, also doppelte Stahlwände am gesamten Schiff. Das ist auch vonnöten für so spezielle Routen wie die Nordostpassage, die sonst nur von Russen befahren wird und an deren Erstellung ein Kapitän der Hamburger Reederei zehn Jahre lang gearbeitet hat. "Diese Route dauert 30 Tage, also braucht man dafür ein Schiff, das klein genug für eine Expedition, aber groß genug für einen Monat Autarkie ist." Und einen erfahrenen Menschen am Steuer. Pojer zitiert da gern einen ehemaligen Kapitän: "Frag nicht nach der Eisklasse des Schiffs, frag nach der des Kapitäns."

Die drei Hanseatic-Schiffe sind nordisch-elegant. Doch schick ist nicht genug. Es geht um das Naturerlebnis. "Die Gäste wollen draußen sitzen, beobachten, lernen." Es gibt also Glasbalkone, viel Außenfläche (statt Gadgets wie U-Boote oder Helikopter) und Experten an Bord. Die Showstars an Bord, so Pojer, seien die Wissenschafter, denn "man sieht nur Dinge, die man erkennt". Auch für Kinder und Jugendliche gibt es ausgewählte Reisen, da geht's mit dem Kapitän im Zodiac hinaus zum Planktonfischen, das dann gemeinsam unter dem Mikroskop erforscht wird.

So wird Bewusstsein geschaffen für ein sensibles Ambiente, das es zu schützen gilt. Dafür steht der Expeditionsleiter, der Sorge trägt, dass man den Tieren nicht zu nahe kommt, nichts mitnimmt und auch die Gummistiefel sorgfältig reinigt. Nur keinen Fußabdruck hinterlassen. Hapag-Lloyd Cruises ist Gründungsmitglied der IAATO (International Association of Antarctic Tour Operators), des internationalen Verbands der Antarktis-Reiseveranstalter, der sich für einen respektvollen Umgang mit der antarktischen Natur einsetzt. Auch die Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Stationen birgt für beide Seiten Vorteile. "In der Antarktis dürfen nur 100 Personen gleichzeitig an Land gehen und auch das nur gegen Voranmeldung des Schiffs. Eine solche Region ist eben kein Zoo."