Der österreichische Immobilieninvestmentmarkt steht vor einer Reihe von Herausforderungen, die durch ein signifikant gestiegenes Zinsniveau und eine große allgemeine Unsicherheit in Verbindung mit der Ukraine-Krise, hoher Inflation und zurückhaltenden Banken verursacht werden. "Dennoch eröffnen sich inmitten dieser Unsicherheit auch Chancen für Investoren, die bereit sind, die richtigen strategischen Entscheidungen zu treffen", heißt es in einer Marktanalyse von EHL.
Österreichischer Immobilienmarkt: Einbruch bei Investitionen- Aussicht auf Erholung im zweiten Halbjahr 2023
Das Gesamttransaktionsvolumen auf dem österreichischen Immobilienmarkt betrug laut diesen Berechnungen im ersten Halbjahr 2023 zirka 1,2 Milliarden Euro, wobei rund 560 Millionen Euro im ersten Quartal und 630 Millionen Euro im zweiten Quartal verzeichnet wurden. "Dies entspricht im Vergleich zum Vorjahr einem Rückgang von zirka 45 Prozent", heißt es.
Verantwortlich für diesen drastischen Einbruch des Investmentmarkts seien insbesondere die veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die zu einer deutlichen Zurückhaltung auf Investorenseite geführt haben. Finanzierungen sind seit dem Ende der Nullzinspolitik der EZB nicht nur signifikant teurer geworden, sondern für viele Marktteilnehmer auch deutlich schwieriger zu erlangen. "Der dadurch ausgelöste, starke Anstieg der Renditen beziehungsweise Rückgang der Preise hat sich im zweiten Quartal weiter fortgesetzt", analysiert EHL.
Die Preisfindung bei vielen Objekten sei dadurch weiterhin schwierig beziehungsweise teils auch noch nicht möglich, da die Vorstellungen potenzieller Käufer und Verkäufer noch immer deutlich auseinanderklaffen. Im gewerblichen Bereich sind derzeit kaum Core-Objekte verfügbar und die omnipräsente ESG-Thematik bewirke zusätzliche Kostensteigerungen für die Investoren.
"Die in den vergangenen Jahren üblichen Forward-Strukturen, also der Ankauf von noch in Planung oder in Bau befindlichen Objekten, sind aktuell kaum zu verzeichnen. Es ist aber zwischenzeitlich zu beobachten, dass sich die Zeit des Abwartens allmählich dem Ende nähert, viele Investoren wieder deutlich aktiver werden und in die Detailprüfung unterschiedlichster Objekte gehen", heißt es in der Analyse. EHL gehe davon aus, dass sich im zweiten Halbjahr 2023 das Investitionsgeschehen wieder leicht erholt, wenn auch weiterhin auf einem deutlich geringeren Niveau als im Vergleichszeitraum des Vorjahres: "Wenn das Ende der Zinsanhebungen der EZB eingeleitet wird, rechnen wir mit einem deutlichen Anstieg des Transaktionsgeschehens."
Ähnlich analysiert auch CBRE die Investmententwicklung auf dem österreichischen Markt, wenn auch mit ähnlichen und nicht identischen Zahlen: Rund eine Milliarde Euro wurde demnach im ersten Halbjahr in Immobilien in Österreich investiert, um zirka 53 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. "Mit diesem Rückgang folgt Österreich dem europäischen Trend. Momentan ist auf allen europäischen Investmentmärkten ein massiver Rückgang festzustellen", sagt Lukas Schwarz, Head of Investment Properties bei CBRE Österreich. Einer der Hauptgründe für den Rückgang seien die unterschiedlichen Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern. "Das Kaufinteresse ist da, allerdings sind die Käufer nicht bereit, die hohen Preise zu zahlen, die teilweise noch immer aufgerufen werden", erklärt Schwarz: "Im ersten Quartal wurden noch einige laufende Prozesse abgeschlossen, aber im zweiten Quartal waren die Zinsanhebungen deutlich zu spüren, wodurch wesentlich weniger Transaktionen stattgefunden haben."
Die Spitzenrenditen wurden in allen Asset-Klassen im vergangenen Jahr in Österreich im Schnitt um 100 Basispunkte angehoben und werden bis Jahresende voraussichtlich noch weiter steigen, wenn auch in weniger starkem Ausmaß als bisher. "Festzustellen ist, dass jene Märkte, in denen die Renditen anfangs progressiver angehoben wurden, rascher wieder anspringen - wie etwa in den Niederlanden", sagt Schwarz, der auch für Österreich einen Anstieg bei den Immobilieninvestments im zweiten Halbjahr 2023 erwartet. Die Jahresleistung wird allerdings unter jener der Vorjahre liegen.
Die Prognosen für die einzelnen Asset-Klassen sind laut CBRE allerdings unterschiedlich: So bremsen die Unsicherheit über zukünftige ESG-Kriterien sowie die weit verbreiteten Homeoffice-Regelungen das Investoreninteresse vor allem bei Büroimmobilien, die nicht als Prime-Büro-Immobilien gelten.