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Familienerbe oder Geldsegen? So entscheidet die Generation Erben in Österreich

Das elterliche Haus oder die Wohnung ist mit Emotionen verknüpft. Die Babyboomer entscheiden sich deshalb meist für eine Vermietung des Familienbesitzes.

Österreich brauche einen "Masterplan Wohnen" für Miete wie für Eigentum, das fordert Georg Spiegelfeld, Präsident des Immobilienring Österreich angesichts der prognostizierten Reduktion der künftigen Wohnungsfertigstellungen. Die Konjunkturflaute in Deutschland und Österreich zeige auch Auswirkungen auf bisher begehrte heimische Hotspots.

Wohnungsbauprognosen zeigen deutlichen Rückgang

Ein mehr als zehnjähriger Wohnbau-Boom ist zu Ende und Prognosen deuten darauf hin, dass sich die jährlichen Wohnungsfertigstellungen in Österreich bis 2026 um rund 25 Prozent reduzieren werden. Der Neubau liegt damit vor allem in den Städten unter dem strukturellen Bedarf. Georg Spiegelfeld: "Wir wünschen uns eine sachliche Diskussion mit Expertengruppen und Personen unterschiedlicher Unternehmen, Netzwerke und Interessenvertretungen der Immobilienbranche, um solide und umsetzbare Lösungen für Miete und Eigentum zu finden."

Widerstand steigt in Tourismusgebieten

Immobilien in Österreichs touristisch attraktiven Regionen erfreuen sich seit Jahren großer Beliebtheit unter EU-Bürgern. Einheimische haben viele Jahre lang von teuren Grundstücks- und Immobilienverkäufen gelebt, ebenso wie Boutiquen, Supermärkte, Restaurants und vieles mehr. Nun wächst in vielen der beliebten Hotspots der Widerstand der Bevölkerung. Denn die Hotspots zählen zu den Vorbehaltsgemeinden, wo Wohnraum jenen vorbehalten sein soll, die ganzjährig dort wohnen. Hier besteht beim Erwerb einer Wohnimmobilie die Verpflichtung selbst einen Hauptwohnsitz zu begründen, oder an einen Hauptwohnsitzer zu vermieten.

Alternativ gibt es die Möglichkeit eines Zweitwohnsitzes, wenn nachweisbar ist, dass man vor Ort studiert oder arbeitet. Spiegelfeld: "Das Problem, dass es Einheimische sehr schwer haben, für sich geeigneten, leistbaren Wohnraum zu finden, ist grundsätzlich gut zu verstehen. Auf der anderen Seite führen die Regelungen auch zu Bespitzelungen seitens weniger heimischer Anrainer. Die Folge davon ist der Rückzug der ausländischen Bewohner, die nun immer weniger am gesellschaftlichen Leben der Gemeinden teilnehmen." Boutiquen, Supermärkte, Restaurants etc. würden nur mehr wenig frequentiert, Umsätze und Arbeitsplätze der lokalen Wirtschaft gingen verloren. Dazu hat sich die Nachfrage nach hochwertigen Immobilien deutlich reduziert.

Die Generation Erben geht unter die Vermieter

Die "Generation Erben" sieht sich derweilen im Dilemma mit Wohnungen und Einfamilienhäusern der Eltern. Wurde früher Vermögen immer wieder durch Kriege vernichtet, konnte über die vergangenen Jahrzehnte von zwei Generationen ein großes Vermögen angespart und Wohneigentum erworben werden. Dieses erbt aktuell die in den 1960ern geborene Generation, die selbst gut situiert ist und über Wohneigentum verfügt.

"Schöne Bilder ins Internet zu stellen reicht nicht!"
Thomas Lainer
Vizepräsident Immobilienring

"Viele dieser Wohnimmobilien haben technische und sanitäre Anlagen aus den 1980er-Jahren und haben Sanierungsbedarf. Für die Erben stellt sich die Frage, ob sie vermieten oder verkaufen sollen", sagt Thomas Lainer, Vizepräsident Immobilienring Österreich und Geschäftsführer von Realwert Immobilien Salzburg: "Die emotionale Verbundenheit ist noch sehr stark, da viele in dieser Wohnung aufgewachsen sind, und die Erwartungen an den erzielbaren Erlös liegen beim aktuellen Preis eines Neubaus. In diesen Fällen ist für einige Jahre eine Vermietung empfehlenswert."

Immobilienbesitz erfordert Risikoüberprüfung

Auch die Wetterextreme mit deren Auswirkungen verdeutlichen die Verantwortung für Immobilienbesitz. "Die Verantwortung beginnt schon beim Kauf eines Grundstückes, um nicht nur die Wunschlage, sondern die mögliche Gefährdung zu checken. Dazu zählen zum Beispiel auch die Einflüsse angrenzender Grundstücke und die Identifizierung potenzieller Risiken auf das Grundstück", erklärt Lainer. Das Hinzuziehen eines Sachverständigen helfe, dass ein nicht angebrachter Preis oder eine Lieblingslage, die zu gravierenden Nachteilen oder möglichen Schäden führt, vermieden werden kann. "Nach den letzten Ereignissen ist das Risikobewusstsein noch voll vorhanden, wird aber nach einiger Zeit wieder sinken", erwartet der Experte. "Aber die Ereignisse im September dieses Jahres haben zu einer großen Verunsicherung bei Besitzern, Käufern und Verkäufern geführt."

Werterhalt: Inspektion und Instandhaltung sichern

Bei Bestandsimmobilien sind die regelmäßige Inspektion und Instandhaltung vom Dach über die Fassade bis zum Keller für den Werterhalt eines Einfamilienhauses entscheidend. Interessenten fragen in großem Ausmaß nach Betriebs- und Erhaltungskosten, technischen und bauphysikalischen Details wie Dämm- und Wärmedurchgangswerten, der Art des Heizsystems sowie der Gesundheitsverträglichkeit von Baumaterialien. Denn diese Faktoren sind für eventuell notwendige Sanierungen von Bedeutung und beeinflussen die Verhandlung des Kaufpreises.

Eigentümer investieren zu wenig Geld

"Ein großes Problem sehen wir bei Eigentumswohnungen im mehrgeschoßigen Wohnbau. Eigentümer, die ihre Wohnungen selbst bewohnen, sind am Werteerhalt des Gebäudes und der Wohnung interessiert. Allerdings ist oft mehr als ein Drittel der anderen Wohnungen vermietet und die Eigentümer nicht willens, auch nur geringste Mittel zu investieren", beschreibt Spiegelfeld das Problem. Damit verlieren um viel Geld sanierte Gebäude und deren Wohnungen, aber auch Neubauten rasch an Wert. Spiegelfeld ist überzeugt, dass der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes betrachtet werden muss und nicht nur die Amortisationszeiten einer Investition.

Immobilienmakler bieten Expertenwissen an

Bei all diesen Themen sei der Immobilienmakler als Experte gefragt. Dazu gehöre allerdings entsprechendes Know-how. "Wir arbeiten an umfassenden Ausbildungskonzepten für unsere Mitglieder und deren Mitarbeiter, wo Spezialwissen zu neuen Entwicklungen und Anforderungen angeboten wird", erläutert Thomas Lainer. Der Maklermarkt sei sehr umkämpft und eine Marktbereinigung im Gange, auch stelle der Kunde auf dem Privatmarkt hohe Ansprüche und benötige sehr gute Generalisten als Berater.

Salzburg reguliert Airbnb-Vermietungen

"Nur gut ausgebildete Makler, die mehr als das normale Wissen mitbringen, können sich langfristig auf dem Markt behaupten. So sind etwa 80 Prozent der Immobilienring-Kanzleien als Sachverständige, viele davon gerichtlich zertifiziert, tätig", betont Lainer. Die stärksten Rückgänge beim Wohnungsangebot seit Einführung des Bestellerprinzips verzeichnen nach IR-Analyse Wien und Salzburg. Lainer: "Allerdings zeigt das rigorosere Vorgehen Salzburgs gegen Airbnb und andere Kurzzeitvermietungen langsam Wirkung, das Angebot ist aktuell wieder am Vorjahresniveau. So freundlich die Idee, so schädlich ist Airbnb für den Wohnungsmarkt. In einem mehrgeschoßigen Wohnbau, in dem Airbnb vermietet wird, werden die von Eigentümern genutzten Wohnungen entwertet. Es ist eine touristische Nutzung, die nicht in einen Wohnbau gehört."