Eigentlich ist die Situation klar: Artikel 14, Absatz 4, der EU-Gebäuderichtlinie gibt seit 2018 vor, dass größere Nichtwohngebäude bis 2025 mit Gebäudeautomation auszustatten sind. Die rechtliche Umsetzung hätte bereits 2020 erfolgen müssen, jedoch geschah es in den meisten österreichischen Bundesländern erst 2022 und da wurde einfach der Text der EU-Richtlinie meist eins zu eins übernommen. Seither ist nicht viel passiert. Sollte es aber. Denn es sind schon allein rechtlich noch viele Fragen offen.
Einsparungpotzenzial von Gebäudeautomation ist groß
Es geht um viel Geld, Energie und damit Umwelt- und Klimabelastung. Konkret sieht die Richtlinie vor, dass alle Nichtwohngebäude ab einer Heizleistung von 290 kW ab 1. Jänner 2025 über eine Gebäudeautomation verfügen müssen. "Damit lässt sich bei solchen Großverbrauchern eine Energiereduktion von 15 bis 20 Prozent erreichen", sagt Georg Benke vom e7 - Ingenieurbüro für Energie- und Umwelttechnik. Zum Vergleich: Eine Leistung von 290 kW heizt bei einem bestehenden Gebäude eine Fläche ab 3000 Quadratmetern, im Neubau sogar von 10.000 bis 12.000 Quadratmeter. Ein neu gebautes Einfamilienhaus benötigt dagegen eine Heizleistung von fünf bis acht kW.
Es geht also um ein Einsparungspotenzial, das wirklich groß ist. Laut Benke wäre dies die größte sofort wirksame Energieeffizienzmaßnahme, die derzeit zur Verfügung steht. Stattdessen werde in dieser Hinsicht kaum etwas unternommen, die meisten Verantwortlichen, auch in den Firmen, wüssten gar nichts von der bevorstehenden verpflichtenden Regelung.
Was macht die Gebäudeautomation eigentlich?
"Das ist die Zusammenführung der Anlagensteuerung an einem Ort", sagt Benke: "Damit kann ein Gebäude gezielt gesteuert werden." Im einfachsten Fall geht es um die Steuerung von Heizen und Kühlen, im aufwendigeren Fall bis hin zur Einzelraumsteuerung. "Es geht darum, den Energiebedarf an die Bedürfnisse anzupassen. Das könnte in Zukunft auch mithilfe von künstlicher Intelligenz geschehen, indem auf vorhersehbare Ereignisse schon vorher reagiert wird", betont der Experte.
Betroffen sind einerseits Büroanlagen, aber auch Einkaufszentren, "fast jedes Hotel", aber auch Produktions- und Werkstätten. "Es ist natürlich vorrangig ein Wiener Thema, weil hier sehr viel Bürofläche vorhanden ist", erklärt Benke: "Aber auch die öffentliche Hand ist gefordert, etwa in Schulbauten oder Krankenhäusern."
Beispiele zeigen die hohe Wirkung von optimalen Gebäudesteuerungen
Wie wirkungsvoll eine solche optimal eingestellte Gebäudesteuerung ist, erläutert Benke an einem Beispiel: So konnte beim Steyr-Traktorenwerk in St. Valentin eine Reduktion bei der Haustechnik (Heizung, Lüftung, Beleuchtung etc.) um 25 Prozent durch Gebäudeautomation erreicht werden, auf den Gesamtenergiebedarf des Gebäudes gerechnet ist das eine Reduktion um minus 14 Prozent.
Er hat noch ein Beispiel: In einer Schule ist auch dann die gesamte Lüftungsanlage hochgefahren, wenn der Schulwart am späten Nachmittag einen Bewegungsmelder ausgelöst hat. Allein die Programmierung der Lüftung auf die übliche Schulzeit von acht bis 15 Uhr habe zu einer deutlichen Energiereduktion geführt.
Beispiele wie diese hat Benke noch eine ganze Reihe auf Lager: Was ihn stört, ist, dass dieses erhebliche Potenzial auch nach der formalen Übernahme der EU-Richtlinie nicht offensiv von der Politik angegangen und den Unternehmen kommuniziert werde: "In Deutschland ist das schon seit 2019 gültig!"
Investition in Gebäudeautomation rechnet sich innerhalb weniger Jahre
Er führt auch die rasche Rentabilität an. Selbst nach "alten" Energiepreisen rechne sich die Investition innerhalb von sechs bis sieben Jahren. Im Fall des Steyr-Traktorenwerks lag dieser Wert bei weniger als drei Jahren.
Benke: "Ein Kostenbeispiel: Eine Heizung mit 400 kW Heizleistung hat einen Jahresenergieverbrauch von zirka 500 MWh. Bei Gaskosten von etwa 15 Cent pro kWh sind das Kosten von 78.000 Euro im Jahr. Vor der Teuerung ist von etwa sechs Cent auszugehen, was Kosten von 30.000 Euro pro Jahr bedeutet. Bei einer Einsparung von 20 Prozent und sechs Jahren Laufzeit wäre damals, vor der Teuerung, bereits ein Investmentvolumen von 35.000 Euro möglich gewesen. Weitere Einsparungen ergeben sich auf der Stromseite, weil Pumpen und Lüftungsanlagen auch weniger in Betrieb sind."
Gesetz lässt viele Punkte unklar
Problematisch ist, dass der Gesetzestext noch viele Punkte offenlässt, die bisher nicht konkretisiert wurden. So gibt es bei der Vorschrift den Hinweis, "wenn es technisch und wirtschaftlich realisierbar" sei. Doch was soll das heißen? Welche Richtwerte gibt es? Auch ist nicht definiert, was unter einer "Mindestausstattung" hinsichtlich Gebäudeautomation zu verstehen ist. Es ist ebenso offen, wie die "kontinuierliche Erfassung der Daten" zu erfolgen hat. Denn auch eine bloß jährliche Erfassung ist letztlich ja "regelmäßig". Und auch die Vernetzung der einzelnen Geräte unterschiedlicher Hersteller ist nicht geregelt.
Benke: "Vernetzung heißt, dass Kälte- und Wärmeanlagen miteinander ,reden' können. Doch dann muss der Nutzer auch Zugriff auf die Daten haben und nicht nur der Hersteller." Denn derzeit ist es so, dass viele Geräte aus diesem Sektor beispielsweise mit einer KNX-Schnittstelle ausgestattet sind. Doch die ist oft "tot", für die Aktivierung und die Übertragung der Daten fallen zusätzliche Kosten an. Hier brauche es eine gesetzliche Vorgabe, dass diese Daten dem Gebäudebetreiber/Nutzer zur Verfügung gestellt werden müssen. "Bei neuen Verträgen ist das einfacher, denn da kann man die Datenübertragung schon in die Ausschreibung hineinschreiben", weiß der Experte.
Und schließlich gebe es auch noch keine Vorgaben, wie und von wem die Umsetzung dieses Teils der EU-Gebäuderichtlinie überprüft werde. Das könne etwa durch externe Büros erfolgen. Trotz all dieser gesetzlichen Unschärfen appelliert Benke an die zuständigen Stellen, die Vorgaben zu kommunizieren: "Je früher betroffene Unternehmen über diese gesetzliche Vorgabe Bescheid wissen, desto besser können sie die Entscheidung für die Umsetzung treffen."
Der Experte würde sich auch wünschen, dass die Regelungen nicht nur für Nichtwohngebäude gelten, sondern dass der Gesetzgeber die diesbezügliche "Kann-Bestimmung" nutzt und auf Wohngebäude ausweitet: "Das wäre durchaus sinnvoll für großvolumige Wohnbauten ab 60 Wohnungen. Hier könnte man den Wärmebedarf ebenfalls um zehn bis 15 Prozent reduzieren."