Man muss es mögen, mit mehr als 10.000 Menschen zusammenzuleben. Man muss es mögen, Teil eines gigantischen Organismus zu sein. Man muss es mögen, Individualismus hintanzustellen und sich einzugliedern.
Erfülltes Leben im überdimensionalen Mikrokosmos
Doch wenn man mit all dem gut kann, ist man im Wohnpark Alt-Erlaa im Paradies. Es ist ein Paradies, das nahezu alle Wünsche erfüllt und sämtliche Bedürfnisse abdeckt. Im Grunde müsste man den überdimensionalen Mikrokosmos nie verlassen und könnte dennoch ein einigermaßen erfülltes, abwechslungsreiches Leben führen. Anton Herlt führt ein solches. Mit Genuss und Stolz und einer Freude, die auch auf jene überspringt, die aus deutlich kleineren Wohneinheiten stammen. "Na, ist es hier ruhig? Da hörst du nix, da ist es am Friedhof lauter. Ein Traum", schwärmt Herlt auf der Terrasse seiner Wohnung im zwölften Stock. Elf sind unter ihm, 14 über ihm. Die 13. Etage gibt es nicht. Gibt es schon, so irgendwie. Aber nur als Zwischenstück, als Trennglied. Gewohnt wird dort nicht. Herlts Räumlichkeiten befinden sich in Block A. Er blickt auf Block B und - leicht versetzt dahinter - auf Block C. Bis zu seiner Pensionierung war er Teil der Hausverwaltung, zuständig für Reinigung und Hausbetreuung. Das war er schon, bevor er in Alt-Erlaa eingezogen ist. "Ich wollte eh schon früher, aber es war nichts frei." Denn die Wartelisten waren immer schon lang. Aktuell sind es rund 1000 Bewerber.
Von Kritiken zu Prestige: Die Erfolgsstory
Dabei verlief der Start 1976 eher holprig. "Die Kritiken waren verheerend. Das Projekt wurde dermaßen angefeindet, das kann man sich gar nicht vorstellen", erinnert sich Herlt. Wohnmaschine, Ghetto - Alt-Erlaa habe man so ziemlich alles geheißen. Doch schon bald drehte sich der Wind, der Wohnpark wurde zu einem Ort, an dem man leben wollte, allein schon aus Prestige. Immerhin logierte hier Hans Krankl, der Goleador. Und zwar nicht irgendwann, sondern rund um seine erfolgreichste Zeit, so in der Córdoba-Barcelona-Phase, Anfang der 1980er-Jahre. Ein Weltstar in Alt-Erlaa. Später tat es ihm Toni Polster gleich. Für Anton Herlt sind das zwei schöne Beispiele. Wirklich brauchen tut er sie aber nicht, um Alt-Erlaa für den schönsten Platz auf Gottes Erden zu halten. Nur - warum tut er das? Warum herrscht dort, wo die Grenze Wiens zum Wiener Becken nicht mehr weit ist, Jahr für Jahr die höchste Wohnzufriedenheit im ganzen Land, nämlich 98 Prozent? Was ist das Geheimnis der Wohntürme, die sich nach unten hin verbreitern?
Ein Blick hinter die Kulissen des Wohnparks
Um das zu veranschaulichen, führt Anton Herlt seine Gäste gern in eine der Aufzugshallen, die mit riesigen Gemälden Alfred Hrdlickas geschmückt sind, drückt auf 27 und vergisst dabei nicht zu erwähnen, dass die Aufzüge schneller seien als jene im Donauturm. Also richtig schnell. Wenige Augenblicke später öffnet er ein paar Türen mit seinem Chip, denn Schlüssel gibt es hier keine, und schon befindet man sich inmitten einer surrealen Szenerie, filmkulissenreif ob seiner Konturen, Farben und vor allem ob seiner fast schon absurden Sauberkeit: beim Dachbad. Einem von insgesamt sieben. "Ja hallo, seawas, griaß di, wie geht's?" Ein paar ältere Semester haben es sich an diesem heißen Freitagmittag gemütlich gemacht, brutzeln in der Sonne, lesen im Schatten oder schwimmen ein paar Längen. Sie steigen einfach in den Lift und sind da. Und alles glänzt, als wäre die Eröffnung erst ein paar Tage her. Das Wasser - keimfrei. Vier Proben werden pro Tag gezogen. Überhaupt: "Es wird täglich alles geputzt", sagt Herlt. Und damit meint er: alles. Der gesamte Wohnpark. Sämtliche 340.000 Quadratmeter. Natürlich abzüglich der 3181 Wohnungen, die müssen die Mieter schon selbst sauber halten. Die sieben Dachbäder samt Liegeflächen, die sieben Hallenbäder, die Schlechtwetterspielplätze (also Indoor), Stiegenhäuser, Gänge, Aufzüge, Saunaanlagen, Solarien, Dampfbäder, Infrarotkabinen und zwei Garagenebenen mit Stellplätzen für 3000 Autos.
Exzellenter Service rund um die Uhr
Im Schatten von Block A befindet sich die Hausverwaltung. Auch so eine typische Sache für den Wohnpark. Alles ist vor Ort. Für nichts muss man irgendwohin, einen Termin ausmachen oder langwierig warten. Es gibt eine Leitstelle, die 24 Stunden besetzt ist. Und es gibt 42 Professionisten, die sofort auf der Matte stehen, wenn es irgendwo leckt oder zieht oder quietscht. Also wenn etwas nicht so sein soll, wie es sein soll in Alt-Erlaa. Nämlich annähernd perfekt. Und das rund um die Uhr. "Unlängst hat eine Mieterin angerufen, weil sie plötzlich kein Warmwasser mehr hatte. Fünf Minuten später war jemand da und hat das behoben", berichtet Anton Herlt, der auch nach seiner Pensionierung in der Hausverwaltung ein und aus geht. Die jungen Mitarbeiter an den Bildschirmen lobt er wie Söhne.