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Mehrgeschoßiger Holzbau: es fehlt der Turbo

Der mehrgeschoßige Wohnbau aus Holz ist noch nicht etabliert. Abgesehen von sogenannten Leuchtturmprojekten hapert es in der Realität noch an vielen Details.

Die Landwirtschaftliche Fachschule in Tamsweg wurde in Holzbauweise erweitert.
Die Landwirtschaftliche Fachschule in Tamsweg wurde in Holzbauweise erweitert.
Beim Reconstructing der Lanserhofsiedlung in der Stadt Salzburg ist noch keine Entscheidung über die Bauweise gefallen.
Beim Reconstructing der Lanserhofsiedlung in der Stadt Salzburg ist noch keine Entscheidung über die Bauweise gefallen.

Geht es um das Thema Holzbau, vor allem den mehrgeschoßigen Holzwohnbau, dann drängt sich dem Beobachter der Anschein auf, dass sich die Beteiligten gegenseitig ein bisschen auf den Zehen stehen. Förderungen, Baukosten, Lebenszeitkosten, Bauvorschriften, Know-how oder Planungprobleme sind nur einige Stichworte, die das Problemfeld umreißen. So jüngst auch bei einer Podiumsdiskussion zum Thema "Zukunft Holzbau" im Architekturhaus Salzburg, wo derzeit bis Anfang Juli noch eine begleitende Ausstellung läuft.

„Bei öffentlichen Gebäuden hat sich Holzbau schon etabliert, etwa bei Kindergärten, Schulen, Gemeindezentren oder im Tourismus.“
Architekt Christian Struber von Schwarzenbacher Struber Architekten in Salzburg

Doch auch der Geschoßwohnbau in Holz werde immer wichtiger: "Das hat auch mit den Grundbedürfnissen der Bürger zu tun, vor allem in der Stadt." Gerade bei größeren Projekten sei oft weniger das Gebaute wesentlich, sondern das Ungebaute, also Freiräume, Begegnungszonen etc. Sein Büro habe etwa 1000 Wohnungen in der Stadt Salzburg gebaut. "Wesentlich ist die Schnittstelle zwischen privatem, halböffentlichem und öffentlichem Raum." Zwei Projekte seien in Hybridbauweise entstanden, drei sind Massivbauten. "Der nächste Schritt ist der Holzbau, wo inzwischen sechs Geschoße problemlos möglich sind. Industrie und Forschung haben in den vergangenen zehn Jahren da sehr viel geleistet." Das Bewusstsein sei da, es brauche eine Dekarbonisierung des Bauwesens. Die Fördersätze seien angehoben worden, es gebe sehr gute Leuchtturmprojekte auch in den anderen Bundesländern und in ganz Europa. "Die zeigen, wie es geht", betont Struber. Es brauche ein klares Bekenntnis der Politik und gleiche Baugesetze in allen Bundesländern mit klaren Richtlinien. "Der Holzbau gehört auch durch Standards unterstützt ebenso wie eine Vereinfachung der Konstruktionssysteme."

Integrale Planung von Anfang an ist essentiell

Ganz wesentlich sei aber ein Umdenken aller Akteure hin zur integralen Planung und dem Holzbau entsprechenden Organisations- und Prozessmodellen. Jetzt seien die Systeme noch klar getrennt in Planung, Ausschreibung, Werkplanung und Montage. Doch gerade im mehrgeschoßigen Holzwohnbau sei es erforderlich, schon zu Beginn einen Holzbautechniker beizuziehen, also die Ausführenden schon in die Planung einzubinden. Das sei auch in Hinblick auf die Möglichkeit der Vorfertigung im Holzbau wesentlich. Sein Ziel sei aber nicht, den "Totalunternehmer" zu fördern, denn dies führe nur zum billigsten Produkt, dem fehle dann aber oft die städteplanerische und bauliche Qualität.

Strubers Forderung: "Wir brauchen eine Verankerung in der Wohnbauförderung, dass mindestens 50 Prozent der Tragkonstruktion aus nachwachsenden Rohstoffen ausgeführt werden muss." Es stelle sich aber auch die Frage, ob die Betriebe in Salzburg das alles leisten können. Struber: "Könnten die lokalen Firmen 350 Wohneinheiten in Holzbauweise im Jahr 2023 bewerkstelligen? Sind die Ressourcen vorhanden, welche Abhängigkeiten gibt es? Stichwort: Preissteigerungen in den letzten Monaten!" Eine Frage, die Friedrich Egger, Landesinnungsmeister der Holzbau-Meister in der Wirtschaftskammer wenig überraschend mit einem klaren Ja beantwortet, auch wenn die Firmenstruktur im Land eher kleinteilig sei. Es sei schon üblich, firmenübergreifend bei größeren Projekten zusammenzuarbeiten, daher sei das auch bei größeren Wohnbauten möglich.

„Es ist wichtig, klar zu sagen: Wir wollen Holzbau.“
Martina Berthold, Salzburger Baustadträtin

Auch Wohnbaulandesrätin Andrea Klambauer bestätigt, dass im öffentlichen Bereich bereits seit Jahren Holzbauten errichtet werden, "aber noch nicht im mehrgeschoßigen Wohnbau". Es seien die Förderungen für ökologische Baustoffe wegen der steigenden Baukosten erhöht worden. Sie weist etwa bei Nachverdichtungen auf die Vorteile von Holzbau hin, etwa bei der Statik. "Aber wir brauchen Projekte, wo man sieht, es ist machbar", fordert die Politikerin. Dem stimmt auch die Salzburger Baustadträtin Martina Berthold zu: "Wir haben in der Stadt schon einiges umgesetzt, etwa ein PVC-Verbot. Aber es ist wichtig, klar zu sagen: Wir wollen Holzbau. Mir ist der Einsatz auch wichtig in Hinblick auf eine Kreislaufwirtschaft und ein behutsames Umgehen mit Ressourcen." Derzeit gebe es ein großes Projekt, den Bildungscampus Lehen, mit Zubauten und Erweiterungen. "Das ist die größte Schule der Stadt, das bewegt auch etwas", sagt Berthold: "Mir ist die Ressourcenschonung wichtig, deshalb möchte ich hier Holzhybrid reinbringen." Auch bei der Mittelschule Parsch prüfe man gerade. Berthold: "Da geht es um Holzbau, aber auch Photovoltaik, begrünte Dächer und Ähnliches."

Vorzeige- Holzbauprojekt in München

Andreas Lerge, Geschäftsführer von Wood Real Estate in München, kennt die internationalen Projekte, etwa vom Holzbaunetzwerk Deutschland: "Wir haben hier als Vorzeigeprojekt den Prinz-Eugen-Park in München." Von den insgesamt 1800 Wohnungen dieses Stadtquartiers wurden 566 in Holzbauweise, verteilt auf acht Baufelder mit ebenso vielen Bauherren, errichtet. Diese ökologische Mustersiedlung ist das größte zusammenhängende Holzbauquartier Deutschlands. Lerge: "Wir haben mit kleinen Projekten angefangen und bauen heute bis zu 600 Wohnungen. Vor allem aber wird der Holzbau für Investoren immer interessanter, denn man kann es sich heute nicht mehr leisten, in Nicht-Holzbau zu bauen." Ja, Holzbau sei teurer und es gebe Probleme in der Planung. "Aber: Auch aus Sicht der Green Investors muss man grün und damit in Holz bauen." Doch die Situation sei nach wie vor schwierig. Lerge: "Ein durchschnittlicher deutscher Zimmerer schafft monatlich einen Umsatz von 108.000 Euro, das macht ein Roboter in einer Schicht." Deshalb müsse es im Holzbau in Richtung halbautomatische oder vollautomatische Robotik gehen. "Wir stehen an einer Schwelle des Technologiewandels, das ist die Chance für den Holzbau."

„Holzbau hat viele Vorteile, er ist regional, nachhaltig und CO2-sparend.“
Manfred Stieglmeier, Professor für Gebäudelehre und Baukonstruktion

Manfred Stieglmeier, Professor für Gebäudelehre und Baukonstruktion am Studiengang Smart Building an der FH Salzburg: "Wir brauchen eine neue Bauweise von Stein zu Holz und müssen deshalb auch die industrielle Fertigung von Holzbau im Fokus haben. Der Holzbau ist bereit, in den mehrgeschoßigen Wohnbau zu gehen, und auch politisch tut sich etwas, man legt dem Holzbau nicht mehr so viele Steine in den Weg wie früher."

Wilhelm Fenninger von der Genossenschaft Die Salzburg sieht noch einige solcher Stolpersteine: "Wir wollen liefern, aber wir haben einen Kostendruck vor allem bei Mietwohnungen. Wir müssen Fördergrenzen einhalten und Holzbau ist eben eine Spur teurer, dann macht der Massivbau das entscheidende Bisschen aus."