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Optimierte Holzbauplanung: Vorteile von 3D-Laserscanning im Bauwesen

Wenn moderner Holzbau von digitalen Zwillingen profitiert: Präzise Messdaten bilden die Grundlage für die Vorfertigung beim Holzbau. Das 3D-Laserscanning kann die Planung zusätzlich perfektionieren und Arbeitsabläufe effizienter gestalten.

Die Punktwolken bestehen aus Millionen Messpunkten und dienen als Grundlage für detaillierte digitale Pläne (Dachgaube und Zubau).
Die Punktwolken bestehen aus Millionen Messpunkten und dienen als Grundlage für detaillierte digitale Pläne (Dachgaube und Zubau).
 Selbstständig mit seinem Unternehmen 3DSCAN+: Martin Möschl.
Selbstständig mit seinem Unternehmen 3DSCAN+: Martin Möschl.

Überraschungen auf einer Baustelle bringen selten etwas Gutes - das weiß auch Martin Möschl. Als Holzbau-Meister und langjähriger Bauleiter war der Hollersbacher im Laufe seiner Berufspraxis schon mit unzähligen Bauprojekten betraut. Vor drei Jahren hat sich der 55-Jährige mit einer Aufmessdienstleistung selbstständig gemacht, die dazu beitragen soll, dass unerwartete Komplikationen erst gar nicht auftreten. "Das 3D-Laserscanning ist tatsächlich mehr als ,nur' ein Tool zur Vermessung", betont Möschl. "Mithilfe dieser Technologie lassen sich Arbeitsabläufe optimieren, planbarer und auch transparenter gestalten."

Bereits seit den 1970er-Jahren gibt es das Verfahren, das jedoch lange Zeit nur in der Industrie verwendet wurde. Mittlerweile halten die 3D-Laserscanner aber unaufhaltsam Einzug in den Bausektor. "Die Methode basiert auf dem Prinzip der Abtastung", erklärt der Unternehmer die Funktionsweise. "Ein Laserstrahl wird auf die Oberfläche eines Objekts gesendet, reflektiert und von einem Sensor erfasst." Durch die Messung von Zeit und Intensität der reflektierten Laserstrahlen wird die Distanz zu jedem Messpunkt auf der Oberfläche bestimmt. Die so gewonnenen Informationen werden anschließend zu einem dreidimensionalen Modell zusammengeführt und visualisiert. Möschl: "Man könnte sagen, das entstandene Bild am PC ist ein ‚digitaler Zwilling' der realen Bausituation."

Millionen Messpunkte

Der Laserscanner kann zwei Millionen Messpunkte aussenden, die jede Gegebenheit naturgetreu in 3D abbilden. Das entstandene Modell - eine sogenannte Punktwolke - kann dann mit allen gängigen CAD-Programmen nachkonstruiert werden. So ist es auch möglich, in die Punktwolke zu zeichnen oder gegebenenfalls Gebäudeteile zu entfernen.

Abgeschlossener Umbau auf Basis der 3D-Planung. (Phase 2)
Abgeschlossener Umbau auf Basis der 3D-Planung. (Phase 2)
3D-Punktwolken-Darstellung eines Bauprojekts. (Phase 1)
3D-Punktwolken-Darstellung eines Bauprojekts. (Phase 1)

Ein entscheidender Vorteil gegenüber konventionellen Messmethoden liegt für den Holzbaumeister auf der Hand: "Um Maße zu erhalten, die nur annähernd so genau sind, musste man früher zig Male auf die Baustelle fahren."

Mithilfe der Laserscans geben Gebäude alle ihre verborgenen Geheimnisse preis. Wände oder Decken, die schief stehen, Laibungen, Abnutzungen oder andere Unregelmäßigkeiten, viele Dinge, die auf den ersten Blick gar nicht ersichtlich sind, werden im ,digitalen Zwilling' noch einmal abgebildet. "Diesen Grad der Präzision erreicht man mit manuellen Messtechniken so gar nicht", ist Möschl überzeugt.

Match mit dem Holzbau

Einsetzbar sei das Verfahren praktisch überall - prädestiniert aber vor allem für den Holzbau, betont der Fachmann. "Gerade in diesem Segment wird ein hoher Vorfertigungsgrad immer wichtiger", führt er aus. Der wiederum sei abhängig von verlässlichen Daten: Je hochwertiger die Messinformationen sind, desto mehr kann im Vorfeld berücksichtigt werden. Als besonders sinnvoll erweist sich der Einsatz eines Scanners bei Umbauten im Bestand. "Solche Projekte halten im Normalfall", sagt Möschl, "immer Überraschungen bereit." Gerade bei älteren Objekten sei es an der Tagesordnung, dass die vorhandenen Pläne von den tatsächlichen Gegebenheiten abweichen. Warum? "Früher haben sich die Handwerker oft ganz spontan umentschieden", erklärt der Holzbau-Meister und lacht. "Das war so auf dem Bau: Der Plan ist irgendwann zur Nebensache geworden." Eine verlässliche Grundlage bilden die alten Planskizzen für aktuelle Nachverdichtungsprojekte damit nicht. "Genau solche Vorhaben sind dann ideale Kandidaten für den 3D-Scanner", hebt der Oberpinzgauer hervor. "Auf Basis des erstellten Modells kann dann eine solide Werksplanung erfolgen. Unebenheiten, Winkel, Wölbungen oder auch schwer einsichtige Gebäudeteile: Alles wird dreidimensional und auf den Millimeter genau erfasst."

"3D-Laserscans reduzieren den Messaufwand erheblich."
Martin Möschl
3DSCAN+

Obwohl er beim Großteil seiner Aufträge mit Umbauten befasst ist, weist der Holzbau-Meister auf die vielfältigen anderen Anwendungsbereiche der Technologie hin. "Die Scans machen prinzipiell immer dann Sinn, wenn etwas gebaut oder verändert werden soll." Darüber hinaus werde mittlerweile auch im Bereich des BIM (Building Information Modeling) auf das Verfahren zurückgegriffen.

Ein wichtiger Nutzen bestehe in der Visualisierung der Bauprojekte, betont der Unternehmer. "Indem mittels CAD-Programm in das 3D-Modell hineingeplant wird, erhält der Bauherr oder die Bauherrin eine fotorealistische Vorschau auf das geplante Vorhaben. Alles ist in die natürliche Umgebung eingebettet." Damit werde das Projekt auch für Laien plastisch und greifbarer. "Es ist nicht so abstrakt wie ein Planmodell." Ein künftiges Einsatzgebiet für 3D-Scanner verortet er unter anderem in der thermischen Sanierung. "In Deutschland werden derzeit schon sehr viele alte Wohnanlagen mithilfe sogenannter vorgehängter Holzfassaden saniert", berichtet er. Eine spannende Entwicklung, wie er findet. "Diese Fassaden können mit Fenstern und Wohnraumentlüftungen komplett vorgefertigt produziert werden - Voraussetzung dafür ist natürlich - wieder - die passgenaue Anfertigung in der Halle. Wo früher wochenlang gearbeitet wurde, kann heute mit einem prozessoptimierten Zusammenspiel eine thermische Sanierung in extrem kurzer Zeit abgewickelt werden."

3D-Laserscanning: überlappende Messpunkte

Das Prozedere des 3D-Laserscannings besteht aus dem Baustellen- und dem Büroabschnitt. Um ein normales Einfamilienhaus zu scannen, benötigt Möschl circa einen halben Tag, etwa dieselbe Zeit braucht er dann noch für die Datenbearbeitung. "Wichtig beim Scannen ist, dass sich die einzelnen Messpunkte oft genug überlappen. Die Messstationen sollten dabei nicht weiter auseinanderliegen als acht Meter", erklärt er. Problematisch seien manchmal kleine, enge Räume und glatte Oberflächen wie Nirosta - mit ein bisschen Routine aber kein Problem. Mit Photogrammetrie sollte die Methode nicht verwechselt werden, erklärt er abschließend. "Da misst kein Laser, sondern eine Software, die die Daten errechnet." Diese Methode erreiche bei Weitem nicht die Genauigkeit: "Der Scanner misst auf 10 Meter 1,5 Millimeter genau, bei 20 Metern sind es drei Millimeter Abweichung. Überraschungen gibt es da eigentlich keine mehr."