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Passender Wohnraum für das Alter

Immobiliensegment wird für Anbieter immer interessanter. Schwierige Suche nach Standorten mit guter Infrastruktur und dennoch ländlichem Ambiente.

Passender Wohnraum für Senioren wird immer gefragter.
Passender Wohnraum für Senioren wird immer gefragter.

Die Frage "Wo kann ich im Alter wohnen?" nimmt in der österreichischen Bevölkerung einen immer größeren Stellenwert ein. Deshalb konzentrieren sich seit einigen Jahren nationale und internationale Anbieter im Immobilien- und Hotelsegment zunehmend auf den boomenden Markt des Seniorenwohnens. In Österreich ist dieser Zukunftsmarkt gegenüber dem Nachbarland Deutschland jedoch noch geringer ausgeprägt.

Asset-Klasse Senior Living ist hochinteressant

Um eine fundierte Einordnung des Potenzials in Österreich zu erhalten, beauftragte das Wiener Immobilienunternehmen Ephic Real Estate das Standort-Beratungsunternehmen RegioPlan Consulting GmbH mit der Studie "Senior Living Austria 2023+", die 2022 ausgearbeitet wurde.

Für die Ephic Group ist die Asset-Klasse Senior Living hochinteressant. "Zwischen Hotel- und Seniorenwohnmarkt können smarte Verbindungen geschaffen werden, da beide Asset-Klassen letztlich in ähnlicher Weise betrieben werden können. Voraussetzung ist aber, die Bedürfnisse der Altersgruppe 65+ und das regionale Potenzial genau zu kennen", erklärt Klaus Weichselbaum, Senior Project Manager bei Ephic Real Estate und Experte für Senior Living.

15 bis 20 Prozent der Österreicher:innen sidn 65 bis 84 Jahre

Mit Stand 2022 gehörten in Österreich rund 1,52 Millionen Menschen zur Altersgruppe 65 bis 84 Jahre, je nach Bundesland entsprach das einem Anteil von 15 bis 20 Prozent an der Gesamtbevölkerung. Am meisten Senioren in dieser Altersgruppe lebten 2022 in Niederösterreich (306.500) und Wien (283.200), am wenigsten Personen dieses Alters gab es im Burgenland und in Vorarlberg. Eine ähnliche Verteilung zeigte sich 2022 bei der Altersgruppe 85+. Blickt man ins Jahr 2050, wird für Gesamtösterreich ein starker Anstieg der 65- bis 84-Jährigen mit plus 35 Prozent prognostiziert, am deutlichsten wird dieser Zuwachs in Vorarlberg (+47 Prozent) und Kärnten (+23 Prozent) ausfallen. Für Personen im Alter 85+ wird bis 2050 eine Steigerung um 159 Prozent prognostiziert. Zuwächse von sogar 170 Prozent werden in Tirol, Salzburg und Vorarlberg erwartet. Auf Basis dieser Bevölkerungsentwicklung identifiziert der Trendbericht insbesondere in B- und C-Städten Österreichs Chancen für neue Seniorenwohnprojekte, etwa auch durch die zukünftige Umwidmung von Industrie- und Gewerbeflächen.

Im Alter zieht es viele Menschen aufs Land

Im Zuge der Bedarfsanalyse beleuchtet die Studie auch die Ab- und Zuwanderung von Menschen im Alter 60+. Im Jahr 2021 wurde die stärkste Zuwanderung von Personen im Seniorenalter nach Niederösterreich verzeichnet, gefolgt vom Burgenland, der Steiermark und Kärnten. Die mit großem Abstand höchste Abwanderung von Senioren wurde in Wien beobachtet, gefolgt von leichtem Wegzug aus den Bundesländern Salzburg und Tirol.

"Wichtig ist, die Bedürfnisse und das regionale Potenzial zu kennen."
Klaus Weichselbaum, Ephic Real Estate

Wie sollen Betreiber und Investoren auf die Abwanderung aus der Stadt reagieren? "Menschen suchen im Alter tendenziell das Leben am Land. Es existiert somit eine gewisse Schere zwischen den Bedürfnissen nach zentraler Lage, Infrastruktur und sozialem Netz der Stadt und dem Wunsch nach Ruhe und Natur", sagt Klaus Weichselbaum. "Als wichtige Investitionskriterien für Seniorenwohnprojekte außerhalb der urbanen Zentren identifizieren wir daher die Objekterreichbarkeit, Mikrolage und Erfüllung von ESG-Kriterien." Nicht selten erfüllten Bestandsimmobilien des Hotelsegments bereits jetzt eine Vielzahl der Standortanforderungen ans Senior Living, weswegen es sich gerade für deutsche Betreiberfirmen lohne, die grenznahen Ferienregionen Österreichs ins Auge zu fassen, rät der Experte.

Umzug in Seniorenwohnprojekt ist oft ein platzmäßiger Einschnitt

Zudem hat die Studie festgestellt, dass sich österreichische Senioren zumeist in großzügigen Wohnsituationen befinden. Mit 45 Prozent besaß der Großteil der Senioren ab 65+ im Jahr 2020 Hauseigentum, lediglich zehn Prozent lebten in Eigentumswohnungen. Mit 17 Prozent war auch die Hauptmiete gut vertreten.

Menschen ab 60+ standen im Jahr 2021 zudem durchschnittlich 86 Quadratmeter und drei Zimmer pro Wohneinheit zur Verfügung, wobei sich die größten Wohnflächen im Burgenland und in Niederösterreich fanden. Dem stehen vergleichsweise geringe Wohnkosten von im Durchschnitt 328 Euro monatlich gegenüber (Stand 2020). "Der Umzug in ein Seniorenwohnprojekt - die angebotenen Flächen liegen zumeist zwischen 40 und 50 Quadratmeter - stellt für Senioren nicht selten einen Einschnitt dar. Es liegt daher an den Betreiberfirmen, für bestmögliche Annehmlichkeiten wie Modernität, Vernetzung, Designorientierung und Individualität der Wohneinheiten zu sorgen", erklärt Weichselbaum.

Senioren in Zukunft fitter, gesünder und digitalaffiner

Als eindeutige Entwicklung erkennt die Studie, dass Senioren in Zukunft fitter, gesünder und digitalaffiner sein werden. Das Wichtigste für die heutige Generation 65+ ist dabei "Selbstbestimmtheit im Alter". In Folge ist etwa mit einem steigenden Bedarf an betreutem Wohnen, als Gegenmodell zum klassischen Seniorenwohnheim, zu rechnen. Entsprechende Wohnanlagen werden nach Önorm CEN/TS 16118 "Betreutes Wohnen für Senioren" bzw. Önorm B 1600 und B 1601 "Planungsgrundlage für barrierefreies Bauen" umgesetzt. Als richtungsweisendes Konzept identifiziert die Studie das "Bielefelder Modell": Barrierefreie Wohnungen werden in allen Stadtteilen an Senioren vermietet, ein sozialer Dienstleister steht rund um die Uhr an Stützpunkten zur Verfügung. Das angebotene Hilfs- und Betreuungsangebot ist von den Bewohnern lediglich im Bedarfsfall zu bezahlen. Ein weiterer Trend für die ältere Bewohnerschaft liegt im "Active & Assisted Living" (AAL). Der technische Fortschritt, etwa bei Sturzmeldesystemen, Hilferufanlagen und diversen Meldesystemen, soll künftig einerseits den Erhalt der Autonomie der Senioren fördern, andererseits das Pflegepersonal entlasten.