Sein weites und oft widersprüchliches Rollenrepertoire, ebenso wie zahlreiche Filme machten den am 18. Februar 1996 im Alter von 82 Jahren verstorbenen Kammerschauspieler und Träger des Iffland-Rings zu einem der beliebtesten und bekanntesten österreichischen Darsteller seiner Zeit. Am 21. April jährt sich sein Geburtstag zum 100. Mal.
Für Werner Krauss war Meinrad "in der Einfachheit, Schlichtheit und Wahrhaftigkeit" der Hauptanwärter auf den Iffland-Ring, den er ihm 1959 zur Überraschung vieler Kollegen vererbte. 1979 wurde Meinrad die Leitung des Burgtheaters angetragen, aber der Kammerschauspieler und Träger so hoher Auszeichnungen wie der Josef Kainz-Medaille, des Blue Ribbon Award und des Österreichischen Ehrenzeichens für Wissenschaft und Kunst I. Klasse lehnte dankend ab. Meinrad genügte es, als einer der großen und überaus populären Menschendarsteller in die Theater- und Filmgeschichte einzugehen.
Zu Unrecht wurde er oft auf den Nestroy- und Pfarrer-Bilderbuchtyp festgelegt. Denn Meinrad war eigentlich ein wirklicher "Allrounder", der mehr und widersprüchlichere Rollen verkörpert hat als manch anderer Schauspieler. Natürlich sind seine Auftritte in der TV-Serie "Pater Brown" in bleibender Erinnerung, natürlich war er der Superstar in Nestroys "Der Zerrissene", "Das Mädl aus der Vorstadt", "Einen Jux will er sich machen", aber ebenso prägte er Raimund- und Hofmannsthal-Inszenierungen durch sein farbiges Spiel. Er gab auf der Bühne auch den Teiresias in der "Antigone" des Sophokles, Ibsens Peer Gynt, Molnars Liliom, Molieres eingebildeten Kranken, Tschechows Onkel Wanja, Shakespeares Heinrich IV. und Bleichenwang in "Was ihr wollt".
Sein Debüt gab der am 21. April 1913 in Wien als Josef Moucka geborene Meinrad 1936 am politischen Kabarett ABC von Leon Askin, wo er mit zeit- und regimekritischen Texten von Jura Soyfer auftrat. Rechtzeitig hatte er erkannt, dass das ursprünglich angestrebte Priesteramt doch nicht der richtige Weg für ihn gewesen wäre. Neben Bürotätigkeiten in einer Lackfabrik nahm er Schauspielunterricht und stand erstmals 1940 in einem Hermann Bahr-Stück auf der Burgtheater-Bühne. Laut eigenen Angaben legte er sich bereits zu Beginn seiner Zeit als Schauspielschüler den Künstlernamen Meinrad zu, in der Befürchtung, seinen richtigen Namen würde man sich nicht merken.
Es folgte ein Engagement am Fronttheater Metz, wo er im Rollenfach "Naturbursche" reüssierte, der Dienst beim Volkssturm und die französische Internierungshaft. Nach Kriegsende gelangte Meinrad nach Wien, trat 1947 ins Burgtheater ein und etablierte in Folge sein Image als Repräsentant österreichischer Kultur. Laut Julia Danielczyk, die für die Geburtstags-Ausstellung und das dazugehörige Buch "Der ideale Österreicher" verantwortlich zeichnet, war Meinrad "relativ unbeschädigt und makellos durch diese historisch und politisch bewegten Jahre gekommen", wodurch seiner Karriere nichts im Wege stand.
Meinrads Schauspielerleben war gekennzeichnet von weitläufigen und langen Tourneen und Gastspielen in München, Hamburg, London und Berlin, wie auch von intensiver Film- und Fernseharbeit. Beinahe so umfangreich wie sein Rollenrepertoire am Theater ist Meinrads Filmliste. Sie umfasst harmlose Lustspiele des typischen Nachkriegs-Amüsements ebenso wie anspruchsvolle Literatur-Verfilmungen. Wolfgang Liebeneiner, Franz Antel, Kurt Meisel, Ernst Marischka und Willi Forst waren die Regisseure der Wien-Filme, in denen Meinrad meist als liebenswerter Charakter aus Sissis Epoche auftrat. Unter Orson Welles spielte der Parade-Wiener aus der Belle Epoque neben Romy Schneider in der Kafka-Verfilmung "Der Prozeß", unter Otto Preminger in der Verfilmung "Der Kardinal".
Ab den 60er-Jahren agierte Meinrad auch in Fernsehfilmen unter Wolfgang Staudte, Wolfgang Becker oder Axel von Ambesser. Er war ein früher Serien-Held etwa in "Waldheimat" nach Rossegger oder im "Ringstraßenpalais". 1975 ließ er sich vom Burgtheater pensionieren, kehrte aber 1983 noch einmal als Theodor in "Der Unbestechliche" zurück. Auch als Operetten- und Musical-Darsteller reüssierte er in unnachahmlicher Weise. "Der Mann von la Mancha" war einer der größten Erfolge in der langen Karriere des großen Volksschauspielers, der es wie kein anderer verstanden hatte, hohe Kunst zur Unterhaltung zu machen.
Zu seinem 80. Geburtstag wurde der Kurpark in seiner Salzburger Heimat-Gemeinde Großgmain, wo er auch begraben ist, in "Josef-Meinrad-Park" umbenannt. Seit 1997 heißt der Platz zwischen Burgtheater und Volksgarten "Josef-Meinrad-Platz". Zu seinem Nachfolger als Ifflandring-Träger hatte Meinrad den Schweizer Schauspieler Bruno Ganz bestimmt.
In seiner Trauerrede unterstrich der damalige Bundespräsident Thomas Klestil Meinrads Rolle als "die unnachahmliche Inkarnation des Wienerischen, des Österreichischen - in seiner Vielfalt und mit all seinen Gegensätzen", wie es in einem Zitat in dem jüngst erschienenen Buch "Josef Meinrad. Der ideale Österreicher" (Mandelbaum Verlag) heißt. "Meinrad ist ein Symbol österreichischer Kontinuität über alle Brüche dieses Jahrhunderts hinweg gewesen, die Verkörperung einer Theaterepoche."
(B I L D A V I S O - Fotos von Josef Meinrad sind im AOM unter anderem vom 19.2.1996 abrufbar.)(Schluss) har/whl