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150 Jahre Edvard Munch: Eine Karriere nach Plan

Als der norwegische Maler Edvard Munch 1893 sein berühmtestes Bild "Der Schrei" malte, brachte er nichts weiter als Emotionen auf die Leinwand. In seinem Tagebuch beschrieb er, wie er mit Freunden spazieren ging, als die Sonne blutrot über dem Fjord unterging. "Da fühlte ich, dass ein großer unendlicher Schrei durch die Natur ging." Diese Szene beeindruckte Munch so stark, dass er zwei Gemälde, zwei Pastelle und an die 50 Lithografien davon anfertigte. Die Figur, die die Hände an den Kopf presst und, die Augen weit aufgerissen, mit dem Mund einen Schrei formt, ziert inzwischen Kaffeebecher, T-Shirts und Buchdeckel. Das Werk des norwegischen Malers, der am Donnerstag (12. Dezember) 150 Jahre alt geworden wäre, hat es zu Weltruhm gebracht.

150 Jahre Edvard Munch: Eine Karriere nach Plan
150 Jahre Edvard Munch: Eine Karriere nach Plan
150 Jahre Edvard Munch: Eine Karriere nach Plan
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150 Jahre Edvard Munch: Eine Karriere nach Plan
150 Jahre Edvard Munch: Eine Karriere nach Plan
150 Jahre Edvard Munch: Eine Karriere nach Plan
150 Jahre Edvard Munch: Eine Karriere nach Plan

Und nichts anderes hatte Edvard Munch geplant. "Munch war durch und durch davon überzeugt, dass er ein ganz großer Künstler ist", sagt Nils Ohlsen. Der Deutsche ist Leiter der Nationalgalerie in Oslo und einer der Kuratoren, die anlässlich des Jubiläums die große Sonderausstellung "150 Jahre Edvard Munch" zusammengestellt haben. Munch habe sehr an seinem Mythos gebastelt. "Er hat 18.000 Seiten geschrieben, darin viel über sich selbst. Aber wir dürfen nicht alles glauben. Da ist sehr viel Selbstinszenierung drin."

Dass er Maler werden will, weiß Edvard Munch schon früh, auch wenn ihn sein Vater zunächst zum Ingenieursstudium drängt. Nach einem Jahr darf der 18-Jährige die Zeichenschule besuchen. Edvard geht bei dem sozialkritischen Maler Christian Grogh in die Lehre und experimentiert mit verschiedenen Maltechniken. Doch Kristiania, wie die norwegische Hauptstadt damals noch heißt, hat wenig Inspiration zu bieten.Von Impressionisten beeindrucktEin Stipendium in Frankreich ermöglicht ihm, die alten Meister zu studieren. Er lässt sich von den Impressionisten beeindrucken, "saugt alles auf wie ein Schwamm", sagt Nils Ohlsen. Ab 1890 findet er seinen eigenen Stil. "Es entstehen die Bilder, die wir heute als Symbolismus, später als Extremismus bezeichnen." Doch Munch lasse sich schwer in eine Schublade stecken. "Er entwickelt eine eigene Bildsprache, die eher als Munchisch bezeichnet werden kann."

Prägend wird die Auseinandersetzung mit Krankheit und Tod. Mit fünf Jahren verliert Munch seine Mutter. Seine 15-jährige Schwester erkrankt an Tuberkulose. 1889 verliert er auch noch den Vater. "Munch bringt noch heute die Leute zum Weinen, weil er seine eigenen Erfahrungen von Angst, Krankheit, Einsamkeit, Isolation und Tod auf ein allgemeingültiges Niveau hebt", sagt Ohlsen. Deshalb sei es kein Wunder, dass Bilder wie "Madonna", "Der Schrei" und "Pubertät" seine berühmtesten werden. Munch selbst sieht die vielen Schicksalsschläge aber auch als Ansporn für seine Arbeit. "Ohne Angst und Krankheit wäre mein Leben wie ein Boot ohne Ruder", sagt er selbst.Heirat und Familie sind ein SchreckgespenstEr reist von Oslo nach Berlin, Paris und Nizza, lebt in Hotels oder bei seinen Förderern. Dann aber zieht es ihn wieder zurück in die Einsamkeit, in sein gelbes Haus in Asgardstrand, einem kleinen Ort am Oslofjord, das ein häufiges Motiv in seinem Bildern ist. Heirat und Familie sind ihm ein Schreckgespenst. Die tragische Liebesbeziehung zu Tulla Larsen endet mit einer Revolverszene, bei der Munch in die Hand geschossen wird. Sein Leben ist nie im Gleichgewicht. Er leidet an einer bipolaren Störung, ist manisch-depressiv, hat Nervenschmerzen und sucht Erlösung im Alkohol.

Sein Lebensinhalt ist die Kunst. Am Ende hat Edvard Munch 2000 Gemälde gemalt und Tausende Zeichnungen angefertigt. Als er mit 81 Jahren friedlich in seinem Haus in Ekely stirbt, hinterlässt er alle seine Werke der Stadt Oslo. Allein im Munchmuseum gibt es 1100 Gemälde, 7500 Zeichnungen und Aquarelle und 250 Skizzen, dazu Notizbücher. Am Fjordufer soll nun ein neues Munchmuseum gebaut werden.