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Birgit Birnbacher - Autorin zwischen Soziologie und Literatur

Birgit Birnbacher, die am Sonntag mit dem mit 25.000 Euro dotierten Bachmann-Preis ausgezeichnet wurde, verfügt über keine "klassische" Autorinnenkarriere. Auch in ihrem Siegertext "Der Schrank" knüpft die Soziologin an ihren Brotberuf an und widmet sich prekären Wohn- und Arbeitsverhältnissen.

Birgit Birnbacher
Birgit Birnbacher

Im Text geht es um Themen, mit denen sie sich als Sozialarbeiterin ebenso auseinandergesetzt hat wie als Autorin. Die Biografie der 1985 in Schwarzach im Pongau Geborenen liest sich jedenfalls interessant. Sie machte nach frühem Schulabbruch zunächst eine Lehre, war als Behindertenpädagogin in der Kinder- und Jugendarbeit tätig und studierte später Soziologie. Ihr 2016 erschienener Debütroman "Wir ohne Wal" ist zweifellos ohne diese Erfahrungen kaum denkbar.

"Ich habe ja erst spät studiert, da hatte ich schon zwei Berufe. Zu dieser Zeit war ich neun Jahre in der Betreuung von Menschen mit Behinderung tätig. Ein sehr schöner Beruf, der aber auch viel mit Zuschreibungen zu tun hat. Die Soziologie war dann für mich so faszinierend, weil sie eine empirische Beschreibung der sozialen Wirklichkeit leisten kann. Dieser Schreib- und Denkansatz war so etwas wie eine Dauer-Reha vom restlichen Leben für mich, eine ganz neue Sprache", so Birnbacher vor dem Bewerb im APA-Interview. "Beruflich habe ich immer sehr viel mit den Schicksalen und Lebenswegen von Menschen zu tun gehabt, ein ganz wichtiger Teil dieser Arbeit besteht aus Zuhören und Nachfragen. Ich glaube nicht, dass es möglich ist, dass einen das im Schreiben nicht beeinflusst."

So richtig angefangen hat ihre Autorinnenkarriere erst vor vier Jahren - und doch ist die Liste der Auszeichnungen bereits so lange wie jene ihrer Veröffentlichungen. Der Rauriser Förderungspreis 2015 war "ein ganz besonderer Preis, der mir sehr viel bedeutet. Die Intendanten, die ehemalige Intendantin, ich fühle mich ihnen nahe und es war auch ein bisschen so wie eine literarische Taufe. Die freundliche Anerkennung, die einem da entgegenschlägt, bedeutet mir heute noch viel."

Im selben Jahr gab es gleich einen weiteren Preis. "Beim Irseer Pegasus habe ich nicht den Jurypreis, sondern den Autorenpreis zugesprochen bekommen, der von den anderen TeilnehmerInnen vergeben wird. Diese Zusammenkunft war überhaupt speziell, da waren so liebe und besondere Leute dabei, das war irgendwie wie so ein Klassentreffen, nur dass wir nie eine Klasse waren. Es sind Freundschaften entstanden, man hat einander danach in den jeweiligen Städten besucht." Und der Literaturpreis der Jürgen-Ponto-Stiftung 2016 war u.a. aus einem Grund besonders: "Das Preisgeld ist für Autorenverhältnisse ein Jahresgehalt."

Zum Bachmannpreis wurde sie von Stefan Gmünder eingeladen. Bereits bei der Jury-Diskussion hatte sich abgezeichnet, dass Birnbacher große Chancen auf einen der Preise hat. Sie selbst hatte sich nur zum Ziel gesetzt, "mit gewahrtem Gesicht hinauszugehen". Nun ist es der Hauptpreis geworden. Der neue Roman der Mutter eines Sohnes ist nach vier Jahren Arbeit und dank eiserner Schreibdisziplin fast abgeschlossen.