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Covid-19 verletzte vor allem die Schwachen

Die Covid-19-Pandemie hat speziell bei sozial Schwächeren und Menschen mit weniger Bildung starke negative psychische Folgen gehabt. Bei der Häufigkeit von Depressionen ist laut einer aktuellen deutschen Studie die "soziale Schere" stark aufgegangen. Das zeigen die Ergebnisse einer Analyse offizieller Gesundheitsumfragedaten des Robert-Koch-Instituts in Berlin.

'Soziale Schere' durch Pandemie stark aufgegangen
'Soziale Schere' durch Pandemie stark aufgegangen

"Der Anteil der Erwachsenen mit depressiven Symptomen ist in Deutschland in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. Betroffen sind vor allem Menschen mit niedrigem Einkommen, aber auch Menschen mit einer geringen Schul- und Berufsbildung, wie eine neue Untersuchung aus dem Deutschen Ärzteblatt (DOI: 10.3238/arztebl.m2025.0130) zeigt. Experten sehen eine zunehmende sozioökonomische Spaltung in der psychischen Gesundheit der Bevölkerung", schrieb die Publikation der Deutschen Bundesärztekammer in ihrem Online-Portal.

An Daten ist kaum zu zweifeln

An den Grunddaten ist kaum zu zweifeln: Die Autoren analysierten zunächst die Angaben eines Samples von 1.000 repräsentativ ausgewählten Personen, die zwischen 2019 und 2021 monatlich telefonisch im Rahmen des "Gesundheit in Deutschland aktuell" (GEDA) befragt wurden. Hinzu kamen dann die Informationen von jeweils 2.000 bis 4.000 Menschen, die wiederum in den Jahren 2022 bis 2024 an diesen Umfragewellen teilnahmen. Abgefragt wurde auch ein Katalog, der Aufschluss über das Vorhandensein schwerer Depressionen gibt.

"Die Auswertung der Antworten durch ein RKI-Team (...) bestätigt zunächst die bekannte Tatsache, dass Menschen mit niedrigem Bildungsstand und/oder geringem Einkommen häufiger unter depressiven Symptomen leiden", schrieb das Deutsche Ärzteblatt. 2019 hatten demnach 13,3 Prozent der Personen mit niedriger Bildung (Grund- und Hauptschule) depressive Symptome. In der Gruppe mit mittlerer Bildung (mittlere Reife und Matura) waren 10,7 Prozent betroffen, hingegen "nur" 5,6 Prozent der Menschen mit Universitäts- oder Fachhochschulabschluss.

Personen aus der Gruppe der 20 Prozent mit dem höchsten Einkommen gaben zu sechs Prozent depressive Symptome an. Unter den 20 Prozent mit dem geringsten Einkommen waren es 16 Prozent.

"Soziale Schere" aufgeklafft

Covid-19 befeuerte diese Situation deutlich. "Im Jahr 2024 waren die Prävalenzen (Häufigkeit; Anm.) in allen Gruppen angestiegen: Jetzt hatten 29,3 Prozent der Personen mit niedriger, 21,9 Prozent mit mittlerer, und 11,2 Prozent mit hoher Bildung eine auffällige Belastung durch depressive Symptome. Beim Einkommen waren es 32,9 Prozent in der unteren Gruppe, 22,1 Prozent in der mittleren Gruppe und 8,4 Prozent in der oberen Gruppe", schrieb die Ärztezeitung.

Besonders deutlich zeigte sich im Verlaufe der Covid-19-Pandemie ein zunehmend drastisches Auseinanderklaffen bei der Häufigkeit von Depressionen nach Bildungsgrad und Einkommensverhältnissen. "Auffällig ist, dass der absolute Unterschied in der Prävalenz zwischen der niedrigsten und der höchsten Gruppe stark zugenommen hat: bei der Bildung von 10 Prozent 2019 auf 22 Prozent im Jahr 2024 und beim Einkommen von zwölf Prozent auf 30 Prozent", so die Experten.

Diese Entwicklung trat allerdings mit etwas Verzögerung auf. Die wachsenden Unterschiede in der Häufigkeit von Depressionen zwischen den Bildungs- und Einkommensgruppen zeigten sich laut den Autoren in Deutschland in dem gesamten Sample der Befragten erst ab dem Jahr 2022. Unter den Frauen hatte die Häufigkeit von depressiven Zuständen aber bereits mit der Pandemie eingesetzt. Dies könnte ein Zeichen noch einmal akut verstärkter familiärer Belastungen sein.