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Hoeneß und das "Darf's ein bisserl mehr sein?"

Uli Hoeneß war schon als junger Fußballer sehr weit oben und feierte trotz fehlender Ausbildung große Erfolge auch im Business.

Hoeneß und das "Darf's ein bisserl mehr sein?"
Hoeneß und das "Darf's ein bisserl mehr sein?"

Für einen Uli Hoeneß gab es von früher Jugend an nach einem Erfolg nur ein Ziel: die nächste Stufe erklimmen und den nächsten Triumph feiern. Grenzen schien es für den am 5. Jänner 1952 in Ulm geborenen Metzgersohn nie zu geben. Der Autor Peter Bizer, der zwei Bücher über Uli Hoeneß verfasst hat, sieht eine Parallele im Leben des Fußballers und Geschäftsmannes zum Verkaufsritual im elterlichen Metzgerladen in Ulm: "Darf's noch ein bisserl mehr sein?"

Für Uli Hoeneß wurde es meistens nicht ein bisserl, sondern sehr viel mehr. Im Fußball erreichte er praktisch alles außer den Vorsitz im Europa- oder Weltverband. Der Bogen spannt sich vom bewunderten Talent des VfB Ulm bis zum mächtigen Aufsichtsratsvorsitzenden der FC Bayern München AG.

Mit 15 Jahren erhielt Hoeneß die Kapitänsschleife der deutschen Schülerauswahl. Mit 18 Jahren gab er sein Debüt in der Kampfmannschaft des FC Bayern. Zwei Jahre später wurde er unter Münchens Trainer Udo Lattek in der legendären Mannschaft mit Franz Beckenbauer, Gerd Müller und Sepp Maier Landesmeister und mit dem Nationalteam Europameister. Die Bilanz von Hoeneß im Jahr 1974: dreifacher deutscher Meister und Weltmeister.

Autor Peter Bizer hatte sein ersten Hoeneß-Buch unmittelbar nach dem WM-Sieg geschrieben. Titel: "Der programmierte Weltmeister". Er schilderte, wie ein von unbändigem Ehrgeiz getriebener Kicker zur WM-Zeit eine Grippe verheimlichte und übereifrig einen Elfmeter verschuldete. Jetzt veröffentlichte Bizer das Buch "Nachspiel - Mensch. Macher, Mythos Uli Hoeneß".

Darin geht es auch um den Geschäftsmann und um den Spekulanten Hoeneß: "Der Allesbesserkönner in der Zwangsjacke des Erfolgs, als Musterschüler, Fußballtalent, Profispieler, Manager - und Zocker. Der Glaube an die eigene Omnipotenz (Ich bin der Mittelpunkt, ich kann alles) gehört bei Menschen wie Uli Hoeneß zur Grundausstattung ihres Lebensentwurfs. Wenn es schiefgehen sollte, dann sind sie die Opfer und fordern Hilfe.

Es ist schiefgegangen bei Uli Hoeneß. Seit Donnerstag, dem Tag seiner Verurteilung zu dreieinhalb Jahren Haft wegen Steuerhinterziehung, ist der Glanz seines Lebenswerks stark eingetrübt. Hoeneß bespielte viele Bühnen auch fern des Fußballs und auch der Geschäftswelt - obwohl er nie einen Beruf erlernt hat.

Auch das gehört zum Phänomen Uli Hoeneß. Er feierte nicht nur im Fußball, den er von der Pike auf erlernt hatte, Erfolge. Seinen Wechsel in das Management des FC Bayern vollzog er im Jahr 1979 ohne spezielle Ausbildung. Zwar wollte der Maturant in München Betriebswirtschaftslehre studieren und scheiterte bei der Aufnahme an der Ludwig Maximilian Universität am Notendurchschnitt des Abschlusszeugnisses vom Gymnasium. Gemäß seinem Lebensmotto, nichts unversucht zu lassen, begann Hoeneß ein Lehramtsstudium für Anglistik und Geschichte. Nach zwei Semestern war der Mann, der oft als "schnellster Stürmer der Gegenwart" bezeichnet wurde (Bestzeit im 100-m-Sprint 11,0 Sekunden), nur noch Profifußballer.

Furios verlief der Einstieg von Hoeneß als Manager: Schon im ersten Dienstjahr holte der FC Bayern die Meisterschaft. Der Verein hatte für damalige Verhältnisse eine hohe Belastung von sieben Millionen Mark (3,5 Mill. Euro) Schulden. Hoeneß importierte ein für Deutschland neues Geschäftsmodell vom US-amerikanischen Profisport - das Merchandising. Der Verkauf von Schals, Wimpel, Leibchen etc. an Fans spülte Geld in die Vereinskassa.

Zwischen den Jahren 1980 und 2008 feierte der FC Bayern 16 Mal den deutschen Meistertitel und wurde neun Mal Pokalsieger. Im Europapokal der Landesmeister und im Nachfolgebewerb Champions League (ab 1992/93) ) lief es weniger gut. Nach drei Finalniederlagen gelang erst 2001 hier der Titelgewinn.

Im Jahr 2009 übergab Hoeneß bei den Bayern den Vorstandsvorsitz an Karl-Heinz Rummenigge und wurde Präsident des Clubs. Seit März 2010 ist er Vorsitzender des Aufsichtsrates. Mit Hoeneß verbunden ist die Verpflichtung von Trainerpersönlichkeiten wie Giovanni Trapattoni, Ottmar Hitzfeld, Otto Rehhagel, Louis van Gaal, Felix Magath, Jupp Heynckes oder Josep Guardiola.

Wegen seiner fehlenden Ausbildung haben Kritiker immer wieder bemängelt, dass Uli Hoeneß kein Geschäftsmann, sondern ein Geschäftemacher sei. Das hinderte ihn nicht daran, als zweites Standbein an die berufliche Existenz seines Vaters anzuknüpfen. Gemeinsam mit Partner Werner Weiß gründete Hoeneß im Jahr 1985 das Unternehmen HoWe Wurstwaren in Nürnberg. Das Duo baute einen illustren Kundenkreis auf und belieferte beispielsweise die Diskontkette Aldi ebenso wie das noble Münchner Haus Feinkost Käfer. Heute leiten Hoeneß' Kinder Sabine und Florian die HoWe Wurstwaren KG.

Schlagzeilen lieferte Hoeneß mehrfach wegen hitziger Äußerungen und kontrovers dazu wegen seines sozialen Engagements. Er griff Schiedsrichter an, weil die die "Bayern verpfiffen" hätten. Er bezeichnete den Werder-Bremen-Manager Willi Lemke als "Totengräber des deutschen Fußballs". Er rückte Trainerkollegen Christoph Daum im Jahr 2001 öffentlich in die Nähe der Drogenszene. Tatsächlich fiel bei Daum ein Haartest auf Kokain positiv auf.

Hoeneß initiierte 2003 eine erfolgreiche Rettungsaktion für den verschuldeten Fußballclub FC St. Pauli. Er engagiert sich bei sozialen Projekten. Im Jahr 2009 bekam er die Auszeichnung Bambi in der Kategorie Wirtschaft.

Das zweite Leben des Uli Hoeneß als Steuersünder und Zocker kam erst durch seine Selbstanzeige im Jänner 2013 nach und nach an das Licht der Öffentlichkeit.