Jedes Jahr gibt es in Uganda großes Getue um kleine Tiere: Heuschrecken. Bewaffnet mit Eimern, Plastiktüten, Töpfen, Pfannen oder Netzen machen sich Tausende Menschen auf, um die Insekten zu fangen. Denn "Nsenene", so heißen die Heuschrecken auf Luganda, der Sprache der Einheimischen, sind eine saisonale Delikatesse im November und Dezember.
Wenn es in Uganda zu regnen beginnt, sind es längst nicht mehr nur Privatleute, die sich in der Heuschrecken-Saison einen Snack fangen wollen. Die proteinhaltigen Insekten sind ein lukratives Geschäft. Das Jagdfieber birgt aber auch Gefahren.
Früher war die Heuschrecken-Jagd Frauensache: Im Gegenzug für die Delikatesse kauften ihre Ehemänner ihnen neue Stoffe für Kleidung. Während sich heute Menschen im Busch mit Taschenlampen auf die Jagd machen oder Städter der Delikatesse an hellen Straßenlaternen auflauern, jagen manche die Grashüpfer auch im großen Stil.
Vor allem in und um Masaka, etwa 120 Kilometer westlich der Hauptstadt Kampala, wo der Großteil der Heuschrecken schlüpft, haben Geschäftsleute Fallen aufgestellt: Flutlichter beleuchten Metall-Platten und locken die Tiere an. Unter den Platten sind große Fässer aufgestellt, in die die Heuschrecken hineinrutschen, wenn sie auf den Platten landen.
Einer der "Heuschrecken-Barone" in Masaka ist Rashid Kato. "Das Heuschrecken-Business ist wie Gold. In einer guten Saison kann man damit viel Geld machen", sagt der 30-Jährige. Kato fängt bis zu 2500 Kilogramm Heuschrecken und verdient umgerechnet ungefähr 2150 Euro - in einer Nacht.
Das ist viel Geld in dem ostafrikanischen Land: Im Schnitt lag das Pro-Kopf-Einkommen laut Weltbank 2013 bei umgerechnet rund 460 Euro - in einem Jahr. Offizielle Heuschrecken-Statistiken gibt es nicht. Schätzungen zufolge werden in Uganda jedes Jahr Tausende Tonnen gefangen und verkauft. Lkw bringen die Leckereien Dutzende Lieferwagen, randvoll mit großen Säcken voller Heuschrecken, verlassen täglich Masaka und verteilen die Insekten im ganzen Land. Großhändler kaufen die 50-Kilogramm-Säcke und versorgen dann Straßenverkäufer mit Insekten. Die Tiere werden zunächst lebendig ohne Flügel und Beine verkauft. Dann werden sie geröstet, gekocht oder gebraten. Manche würzen nur mit Salz, andere bereiten sie mit Pfeffer und Zwiebeln zu und essen sie als Snack zum Tee oder Bier.
Einer von den Straßenverkäufern ist Dalawusi Byamukama. Er verkauft in Ugandas Hauptstadt Kampala gebratene Heuschrecken aus einem Eimer. Der 28-Jährige verdient im Schnitt gut drei Euro am Tag - mehr, als er sonst mit anderem Essen in der ganzen Woche verdient. "Es ist ein gutes Geschäft. Profitabel, aber nicht mühsam."
Für den nationalen Stromanbieter Umeme sieht das ganz anders aus: Nach eigenen Angaben verlor das Unternehmen im vergangenen Jahr während der Heuschrecken-Saison umgerechnet mehr als 110 000 Euro - wegen Strom-Diebstahls und unbezahlter Rechnungen.
Mitunter wird die Heuschrecken-Jagd sogar lebensgefährlich: Weil die Insekten innerhalb von 24 Stunden sterben, aber lebendig verkauft werden müssen, rasen die Lieferwagen über die Straßen und verursachen jedes Jahr zahlreiche Unfälle, wie ein Sprecher der Polizei in Kampala sagt.
Außerdem wurden Polizeiberichten zufolge zehn Mädchen in Kampala während der Heuschrecken-Saison vergewaltigt. Sie gehen nachts alleine raus und werden in der Dunkelheit zu Opfern.
Eine weitere Gefahr: tödliche Stromschläge. Viele der Jäger zapfen Leitungen an, um mit hellen Lampen die Grashüpfer anzulocken und kriegen dabei einen Schlag. Erst kürzlich starb in Kagadi ein junger Mann.