SN.AT / Panorama / International

Rassismus oder Brauchtum? Streit um Zwarte Piet spaltet Holland

Der Nikolaus kommt: Niederländische Kinder können es kaum erwarten. Am Freitag ist die große Bescherung. Doch Erwachsene haben gemischte Gefühle. Die heftige Rassismus-Debatte um den Schwarzen Piet verdirbt vielen die Festfreude.

Rassismus oder Brauchtum? Streit um Zwarte Piet spaltet Holland
Rassismus oder Brauchtum? Streit um Zwarte Piet spaltet Holland
Rassismus oder Brauchtum? Streit um Zwarte Piet spaltet Holland
Rassismus oder Brauchtum? Streit um Zwarte Piet spaltet Holland
Rassismus oder Brauchtum? Streit um Zwarte Piet spaltet Holland
Rassismus oder Brauchtum? Streit um Zwarte Piet spaltet Holland
Rassismus oder Brauchtum? Streit um Zwarte Piet spaltet Holland
Rassismus oder Brauchtum? Streit um Zwarte Piet spaltet Holland
Rassismus oder Brauchtum? Streit um Zwarte Piet spaltet Holland
Rassismus oder Brauchtum? Streit um Zwarte Piet spaltet Holland

Mit großen Augen bleibt die kleine Laura stehen. "Mama, guck mal, Schwarzer Piet." Verklärt schaut das siebenjährige niederländische Mädchen in einem Amsterdamer Supermarkt auf den jungen Mann in lila Pumphosen, auf dem Kopf eine lustige Kappe mit einer langen Feder. Darunter eine schwarze Kraushaar-Perücke, die Lippen knallrot und das Gesicht pechschwarz geschminkt. Der Nikolaus-Helfer greift in seinen großen Sack und gibt Laura und ihrer kleinen Schwester Sophie ein paar Pfeffernüsse. Die Mädchen strahlen. "Dankjewel Zwarte Piet", bedanken sie sich.

Mutter Emmy lacht und streicht ihren Töchtern über die blonden Haare. "Kommt, wir müssen einkaufen", sagt sie. Ganz wohl ist ihr bei dieser Begegnung im schicken Süden von Amsterdam allerdings nicht. "Eigentlich geht das nicht mehr", sagt sie. "Die Schwarzen Pieten - ich habe dabei ein doofes Gefühl". Die große Bescherung Mit gemischten Gefühlen erwarten die Niederländer an diesem Freitag (5. Dezember) den traditionellen Pakjesavond - die große Bescherung. Der Nikolaus und seine lustigen Helfer, die Zwarten Pieten, werden dann die Geschenke bringen. Laura und ihre Schwester können es kaum noch erwarten. "Noch einmal schlafen", sagt die fünfjährige Sophie und streckt einen Finger in die Höhe.

Doch der heftige Rassismus-Streit hat vielen Erwachsenen die Festfreude gründlich verhagelt. "Für mich ist der Spaß vorbei", mosert der Fahrradhändler Theo.

Der Sinterklaas mit seinem langen weißen Bart, dem hohen Bischofshut und roten Mantel ist durch seine schwarzen Helfer ins Gerede gekommen. Für schwarze Niederländer ist der Zwarte Piet ein Symbol des Rassismus. Der Knecht im Outfit eines Sarotti-Mohrs erinnert sie an die dunkle Sklaverei-Vergangenheit. Davon wollen die meisten weißen Niederländer nichts wissen. Sinterklaas sei ein unschuldiges Kinderfest. "Piet ist nun einmal schwarz", hatte auch Ministerpräsident Mark Rutte erklärt. Erbitterter Streit Noch nie war der Streit so erbittert wie in diesem Jahr. Bei der Ankunft von Nikolaus in der Käsestadt Gouda vor knapp drei Wochen nahm die Polizei 90 Demonstranten fest - aus beiden Lagern. Beim Umzug in Amsterdam waren aus Vorsorge die mobilen Einsatzkräfte der Polizei aufmarschiert. "Als wäre es eine Demo für IS", schimpft ein älterer Mann mit einem Hund und meint die Terrormiliz Islamischer Staat.

Wer dem Piet an die Schminke will, wird beschimpft und bedroht. "Landesverräter", muss sich die prominente Filmemacherin Sunny Bergman anhören. Sie drehte einen Dokumentarfilm über Rassismus in den Niederlanden am Beispiel des Zwarte Piet. Im niederländischen Fernsehen konnten die Holländer sehen, wie im Ausland auf ihre Tradition reagiert wird. Bergman lief in London in einem traditionellen Piet-Kostüm durch die Straßen. "Immer wieder musste ich entsetzten Leuten erklären, dass dies eine holländische Tradition ist", sagt die Filmemacherin. Pieten-Darsteller gesucht Das Unbehagen nimmt auch in den Niederlanden langsam zu. Das spüren auch die Agenturen, die Hilfs-Pieten und -Nikoläuse für Privat- und Betriebsfeste vermitteln. Zum ersten Mal leidet die Amsterdamer "Sinterklaas centrale" an einem chronischen Pieten-Mangel. "Wegen der Debatte will keiner mehr Piet spielen", klagt Henk van der Kroon, seit 50 Jahren Hilfs-Nikolaus. Einige seiner Kunden forderten nun auch bunte Pieten an. Doch so einfach ist das nicht, sagt der Leiter dieser größten Agentur des Landes. "Das Umschminken bis zum nächsten Auftritt kostet einfach zu viel Zeit."

Noch immer kommt der Sinterklaas in Einkaufszentren, Schulen und Betriebskantinen vor allem mit den traditionellen schwarzen Pieten. Doch zunehmend schmücken Geschäfte ihre Schaufenster auch mit bunten Helfern.

Das ist für Piet-Fundamentalisten ein Graus. Doch die Kinder sehen das pragmatisch. "Es kann keine roten Pieten geben", weiß Laura. "Die klettern schließlich durch den Schornstein, da werden sie schwarz." Ihre kleine Schwester schaut auf die großen Dekorationen im Supermarkt: Lachende Pieten mit orangenen und blauen Gesichtern. "Aber es sind doch Pieten", sagt die 5-Jährige. "Die haben nämlich eine Feder am Hut."