Gesucht wird nach weiteren 20 Vermissten. Insgesamt 21 Anlandungen mit 819 Personen innerhalb von 24 Stunden meldeten die Behörden auf der süditalienischen Insel. Laut der italienischen Küstenwache war das verunglückte Boot am Samstag vom tunesischen Sfax abgefahren. Die Überlebenden wurden im Hotspot der Insel untergebracht und sollen von der Polizei zum Schiffbruch befragt werden.
Ein zweites Boot sank am Montag unmittelbar vor der Küste von Lampedusa. 42 Menschen wurden von der Küstenwache gerettet, darunter fünf Frauen und drei Minderjährige. Es werden noch drei Männer vermisst. Die Gruppe gab an, am vergangenen Samstag um 22.00 Uhr in Sfax abgefahren zu sein, eine Stunde später als das erste Boot, das Schiffbruch erlitten hatte, teilten die italienischen Behörden mit. Die Überlebenden stammen nach eigenen Angaben aus Benin, Kamerun, Kongo, Guinea, Mali, Sierra Leone und Südsudan.
640 Migranten an Bord von 17 Booten sind seit Sonntagabend auf Lampedusa eingetroffen. Die Schiffe der italienischen Küstenwache begleiteten mehrere Boote in den Hafen. Andere Boote steuerten direkt auf die Insel zu. Die Anlandungen, die am späten Sonntagvormittag begannen, erfolgten nach einer viertägigen Unterbrechung wegen schlechter Seebedingungen. Alle eingetroffenen Migranten wurden im Hotspot der Insel untergebracht, wo sich bis zu 1.094 Personen aufhielten, obwohl nur knapp 400 Plätze zur Verfügung stehen.
Die Regierung in Rom hat wegen der zuletzt hohen Migrationszahlen über die Mittelmeerroute landesweit den Notstand ausgerufen. Dieser gilt für sechs Monate. Den von der Migrationsproblematik besonders betroffenen Regionen im Süden sollen Sonderfinanzierungen zur Verfügung gestellt werden.
Der Ausnahmezustand verleiht der Regierung besondere Macht. Mit der Regelung können nun neue Aufnahmezentren für illegale Flüchtlinge errichtet werden, um die Menschen schneller identifizieren und wieder abschieben zu können. Rund 115.000 Flüchtlinge werden derzeit vom italienischen Aufnahmesystem versorgt. Unermüdlich urgiert Premierministerin Giorgia Meloni Hilfe aus Brüssel.
Der italienische Außenminister, Antonio Tajani, warnte am Montag vor der schwierigen sozialen und wirtschaftlichen Lage in Tunesien, die unzählige Migranten in Richtung Italien treiben könnte. Tajani erklärte, Italien werde 100 Millionen Euro zur Unterstützung Tunesiens locker machen. "In Tunesien ist die Situation kompliziert. Wir müssen mit Hilfen beginnen und gleichzeitig auf Reformen in diesem Land drängen", sagte Tajani am Rande des EU-Außenministerrats in Luxemburg.
Am Mittwoch werden auf dem römischen Flughafen Fiumicino 67 Flüchtlinge aus Äthiopien erwartet, die über einen humanitären Korridor in Italien ankommen werden. Mithilfe humanitärer Korridore durften in den vergangenen Jahren bereits mehrere Tausend besonders gefährdete Flüchtlinge nach Italien sowie in andere europäische Länder reisen.
