SN.AT / Panorama / International

Menschen fliehen vor Waldbränden in Südeuropa

In Südeuropa und der Türkei kämpfen Einsatzkräfte seit Tagen gegen heftige Waldbrände. Nach Angaben der Feuerwehr brachen in Griechenland am Sonntag binnen 24 Stunden 55 neue Feuer aus. Allerdings seien 50 von ihnen weitgehend unter Kontrolle. In der Türkei brennt es etwa in der westtürkischen Provinz Bursa und im Nordwesten des Landes in der Provinz Karabük. Auch in Italien brennt es immer wieder.

Anrainer kämpfen gegen Feuer in Kryoneri nahe Athen
Anrainer kämpfen gegen Feuer in Kryoneri nahe Athen

Athen bittet um EU-Hilfe

Die griechische Regierung hat Hilfe vom EU-Katastrophenschutz angefordert. "Wir haben sechs Löschflugzeuge beantragt", sagte Feuerwehrsprecher Vassilis Vathrakogiannis. Zwar verfügt Griechenland selbst über mehr als 80 Löschhubschrauber und -flugzeuge, doch diese sind wegen der andauernden hohen Waldbrandgefahr strategisch im ganzen Land verteilt.

Fünf Brände wüteten demnach am Sonntagabend noch auf der Halbinsel Peloponnes sowie auf den bei Touristen beliebten Urlaubsinseln Euböa, Kythera und Kreta. Nach offiziellen Angaben galt für sechs Regionen auch am Montag eine erhöhte Brandgefahr. Vathrakogiannis hatte am Sonntagmorgen einen "schwierigen Tag mit extremem Brandrisiko" im ganzen Land angekündigt. Er fügte aber hinzu, dass die Lage langsam besser werde.

Auf der westlich von Athen gelegenen Halbinsel Peloponnes stieg die Temperatur am Sonntag auf 41,8 Grad. Vielerorts trugen heftige Winde in der ausgetrockneten Landschaft zur Ausbreitung der Flammen bei. Den Wetterprognosen zufolge sollten sie aber in den meisten Regionen abflauen.

Auf der bei Touristen beliebten 3600-Einwohner-Insel Kythira allerdings wurden weiter "besorgniserregende" Bedingungen vorhergesagt. Die halbe Insel sei bereits niedergebrannt, sagte Kythiras Vize-Bürgermeister Giorgos Komninos dem Sender ERT. "Häuser, Bienenstöcke, Olivenbäume sind verbrannt", sagte er. Laut einem ERT-Bericht brannte am späten Sonntagabend noch immer ein Feuer auf der Insel, allerdings in kleineren Ausmaßen. ERT berichtete auch, dass sich die Lage verbessere.

Auf Kythira waren am Samstag mehrere Dutzend Menschen mit Booten von einem beliebten Strand vor den Flammen in Sicherheit gebracht worden. Die Behörden riefen zudem die Bewohner zur Evakuierung auf. Am Sonntag waren weiter dutzende Feuerwehrleute und mehrere Löschflugzeuge sowie Hubschrauber im Einsatz gegen den Waldbrand.

Vor allem die Brände im Norden Athens konnten mittlerweile unter Kontrolle gebracht werden. Dutzende Verletzte wurden in Krankenhäuser gebracht, wie Medien berichteten. In den meisten Fällen handelte es sich um Rauchvergiftungen. Entwarnung könne es nicht geben, teilte die Feuerwehr mit. Wegen anhaltender Trockenheit reiche schon ein Funke aus, um einen Flächenbrand zu verursachen, warnten Meteorologen.

Lokal wurde Notstand ausgerufen

Tausende Ziegen und Schafe starben unterdessen auf der Insel Euböa bei Waldbränden. "Der Wind hat plötzlich gedreht, und alles ging in Flammen auf", berichtete der 38 Jahre alte Sotiris Angelou. "Unser Schlachthof ist komplett abgebrannt", sagte er, sichtlich schockiert. Einige Dörfer waren durch Brandschäden von der Wasserversorgung abgeschnitten. Die lokalen Behörden beantragten, den Notstand auszurufen, um schneller Hilfsmaßnahmen auf den Weg zu bringen.

Auf Kreta zerstörten Flammen vier Häuser und eine Kirche. Dort ist der Brand inzwischen unter Kontrolle. In dem Athener Vorort Kryoneri verstärkte die Polizei ihre Präsenz, um die Häuser von wegen eines nahen Waldbrandes geflohenen Bewohnern vor möglichen Plünderungen zu schützen. "Der Wind war so heftig, wir waren von den Flammen umschlossen", sagte Petros Avramopoulos, ein Einwohner des Ortes.

In Griechenland herrscht seit Montag eine Hitzewelle mit Temperaturen über 40 Grad in weiten Landesteilen. Am Freitag war eine Höchsttemperatur von 45,8 Grad gemessen worden. Heftiger Wind trug zur Ausbreitung der Brände in der ausgetrockneten Landschaft bei. Regierungschef Kyriakos Mitsotakis sprach in Onlinediensten von einem "Titanenkampf" der Feuerwehr gegen Dutzende Brände.

Bewohner und Urlauber bei Narbonne evakuiert

Unterdessen zerstörte ein Waldbrand an der französischen Mittelmeerküste 630 Hektar Vegetation sowie mehrere Häuser und landwirtschaftliche Betriebe. Etwa 1.000 Bewohner und Gäste von zwei Campingplätzen in der Nähe von Port-la-Nouvelle bei Narbonne wurden zeitweise in Sicherheit gebracht. Am Sonntag war der Brand nach Angaben der Feuerwehr stabilisiert, aber noch immer nicht unter Kontrolle. Auch dort wurde das Feuer von heftigem Wind angefacht. Die Brandursache war zunächst unbekannt.

Mehr als 600 Feuerwehrleute, vier Löschflugzeuge und -hubschrauber sowie 180 Fahrzeuge waren in dem Gebiet im Einsatz. "Wir mussten unsere Ziegen und das Auto zurücklassen und sind ganz schnell weggelaufen", sagte der 24 Jahre alte Théo Balmigère aus Sigean. "Die Straße war schon vom Feuer abgeschnitten, es ging alles ganz schnell." Zwei Ziegen, drei Autos und eine Hütte sind verbrannt.

Mehr als 1.700 Menschen auf der Flucht in Bursa

Auch in der Türkei kämpfen Einsatzkräfte gegen mehrere Waldbrände. In der westtürkischen Provinz Bursa rückten die Flammen nah an Wohngegenden heran, mehr als 1.700 Menschen wurden laut Behörden in Sicherheit gebracht, ein Tierheim wurde evakuiert. Insgesamt sind nach offiziellen Angaben mehr als 1.000 Helfer gegen die Flammen im Einsatz. Das Feuer war am Samstagabend ausgebrochen und hatte sich aufgrund von Winden schnell ausgebreitet.

In der nordwesttürkischen Provinz Karabük kämpft die Feuerwehr schon den vierten Tag in Folge gegen Flammen. Dort wurden 18 Dörfer evakuiert. Die Ursache der Brände war zunächst unklar. 21 Menschen befinden sich nach Angaben des Justizministeriums wegen zahlreicher Waldbrände seit Ende Juni in Untersuchungshaft. Details wurden nicht genannt.

Klimawandel sorgt für Extreme

Vor allem Griechenland und die Türkei hatten es in den vergangenen Tagen mit extremen Bedingungen von starker Hitze und Trockenheit zu tun. Am Freitag hatte der Wetterdienst im südosttürkischen Sirnak einen Temperaturrekord von mehr als 50 Grad gemessen. Der bisherige Hitzerekord in der Türkei lag bei 49,5 Grad im August 2023.

Hitze allein löst zwar keine Brände aus. Aber hohe Temperaturen, Trockenheit, geringe Luftfeuchtigkeit und Wind können das Risiko für Waldbrände steigern. Experten machen den Klimawandel für die zunehmenden Extreme verantwortlich.

Auch die italienische Umweltorganisation Legambiente warnt vor den Folgen des Klimawandels: Längere Dürreperioden, weniger Niederschlag und intensivere Hitzewellen führten dazu, dass die Waldbrandsaison früher einsetze und bis in den Herbst hinein andauere, wodurch die Wahrscheinlichkeit sogenannter Mega-Brände steige.

Italien auch betroffen

Laut der Organisation wurden in Italien von Jänner bis Juli knapp 31.000 Hektar Land von Bränden beschädigt. Besonders stark betroffen war die Mittelmeerinsel Sizilien. Neben dem Klimawandel kämpft Italien demnach auch mit Brandstiftung und organisierten Banden, die mit gelegten Feuern oder illegaler Müllentsorgung Profit auf Kosten der Umwelt machen.

Im Süden von Sardinien drangen die Flammen bereits bis nahe an den Strand vor. Die Fluchtwege für Badegäste wurden durch das Feuer fast vollständig blockiert. Die Evakuierungen der Badegäste auf dem Seeweg wurde durch den starken Mistral-Wind, der seit Stunden über den Süden Sardiniens hinwegfegt, erheblich erschwert. Auch ein Hubschrauber der Feuerwehr war im Einsatz, um mögliche Luftrettungen zu ermöglichen und die Einsatzkräfte aus der Luft zu unterstützen, so die Feuerwehr am Sonntag.

Viele Badegäste versuchten, zu ihren Autos zu gelangen - einige wurden bereits durch die Flammen zerstört. Zwei Canadair-Löschflugzeuge sind derzeit im Einsatz, um das Feuer einzudämmen. Zusätzlich kämpften zwei Feuerwehrteams gegen die Ausbreitung des Feuers und versuchen, das Gebiet zu sichern.

Zudem meldet die italienische Feuerwehr einen deutlichen Anstieg der Einsätze bei Wald- und Vegetationsbränden: In dieser Woche allein rückten die Einsatzkräfte fast 7.000 Mal aus. Seit Beginn des Sommers wurden landesweit rund 33.000 solcher Brände gezählt - über 8.600 mehr als im selben Zeitraum des Vorjahres.

Waldbrände in Bulgarien

Feuerwehrleute kämpften am Sonntag auch an fast 100 Orten in Bulgarien gegen Waldbrände. Häuser verbrannten und Bewohner wurden evakuiert, wie lokale Medien berichteten. Ein Feuer am Fuße des Pirin-Gebirges im Südwesten Bulgariens breitete sich auf Tausende Hektar Wald aus, wie das bulgarische Nationalradio (BNR) berichtete.

Ein weiteres Feuer in der Stadt Simitli zerstörte mehrere Häuser, als es sich in Richtung des Maleschewo-Gebirges ausbreitete. Mehr als 200 Feuerwehrleute, die am Samstag in das Gebiet entsandt worden waren, wurden abgezogen, weil starke Winde ihr Leben gefährdeten, teilten die Behörden mit. Sie erwarteten Luftunterstützung aus anderen EU-Ländern.

In Westbulgarien breitete sich ein Feuer über die Grenze nach Serbien entlang des Miloslawska-Gebirges aus, das Dorf Rani Lug brannte fast bis auf die Grundmauern nieder, wie der Fernsehsender Nova berichtete. Die Behörden erklärten, drei Dörfer seien evakuiert worden und das Feuer habe erhebliche Schäden verursacht. In einer Erklärung beschrieb das Innenministerium die Situation der Waldbrände in Bulgarien als "dynamisch und schwerwiegend".