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Ars Electronica - Verwirrte KI überraschte Videoregisseur Trillo

Erstes Musikvideo nur mit KI - aus Zeit- und Geldmangel. Neue Kunst: Prompten als Alchemie der Worte.

Mit seinem rein mit künstlicher Intelligenz (KI) generierten Musikvideo "The Hardest Part" für die Gruppe Washed Out hat sich Paul Trillo die erste Goldene Nica der neuen Kategorie "AI in Art" der Ars Electronica gesichert. Warum die Arbeit mit Menschen für ihn trotzdem die "dankbarere Aufgabe" ist, er Angebote für KI-Arbeiten ablehnte und wie die künstliche Intelligenz ihn überraschte, verriet der 38-jährige Regisseur und Künstler aus den USA der APA.

Zu dem mit der OpenAI-Software Sora erzeugten Video kam es aus eher profanen Gründen: Zeit- und Geldmangel. Der Termin für das Musikvideo für Washed Out war mit Sänger Ernest Greene vereinbart, als Trillo eigentlich keine Zeit für den Auftrag hatte. Doch Open AI hatte gerade zu der Zeit angefragt, ob er ein Video oder einen Kurzfilm mit Sora drehen würde, also unterbreitete er Greene die Idee, ein Musikvideo mit AI zu generieren. Trillo hatte seit Jahren ein Video im Kopf, das ein Teenagerpärchen in sein Erwachsenenleben und weiter begleitet, mit Schauspielern sehr aufwendig und - für das Budget der Band - zu teuer umzusetzen. Doch mit Sora war das Projekt umsetzbar und Greene ließ sich auf die KI-Geschichte ein.

"Alle waren sehr aufgeregt, weil es das erste Video dieser Art werden sollte."

"In der Geschichte geht es um Erinnerungen und wie subjektiv und irreführend sie sein können. Ich fand das einen guten Anwendungsfall für KI, weil KI merkt sich auch manche Sachen falsch", erklärte Trillo, der bekannt für seine Handwerkskunst und seine Experimentierfreude mit neuen Techniken ist. Der 38-Jährige entwarf rund 700 Clips - "die Möglichkeiten sind endlos" -, 55 davon ergaben das Endprodukt.

Er habe viel über das Prompten gelernt. "Es war, wie die Alchemie der Worte zu entdecken. Es ist ein wenig wie Chemie: Du löschst etwas weg und schaust, was für - chemische - Reaktionen passieren mit den anderen Wörtern." Ein Prompt für etwa 15 bis 20 Sekunden sei eine ganze Seite lang gewesen. Die AI habe es auch geschafft, ihn zu überraschen. "Ich bekam andere Ergebnisse, als ich ursprünglich wollte, und ich habe mich darauf eingelassen. Man sieht das im Video, wenn es so ein Durcheinander an Umgebungen gibt. Das kam heraus beim Experimentieren mit der Technologie und wenn KI verwirrt wird. Und aus dieser Verwirrung kann etwas wirklich Schönes entstehen."

Die Goldene Nica war "ein echter Schock, ich bin sehr geehrt". Mit seinem Video wollte er zeigen, dass KI mehr als eine Spielerei ist, sich selbst und die Technologie herausfordern, "das, glaube ich, hat Ars Electronica schon immer repräsentiert und das Video wird auch dafür geschätzt". Nach Linz kam Trillo direkt mit dem Zug aus Venedig, wo er beim Reply AI Filmfestival im Rahmen der Biennale selbst in einer Jury für KI-generierte Kurzfilme sitzt.

Trotz seiner neu erworbenen Expertise lehnte Trillo etliche Anfragen für KI-Projekte ab. "Jedes Mal, wenn ich KI verwende, möchte ich es auf eine neue Art verwenden oder etwas anderes damit machen." Prompten würde ein Regisseur ohnehin immer, weil er die Bilder in seinem Kopf beschreiben müsse, sodass jemand anderer sie umsetze, seien es Schauspieler, Kostümdesigner und Kameraleute oder eine KI. "Mit Leuten zu arbeiten ist die dankbarere Aufgabe. Menschen hinterfragen dich, die Maschine nicht wirklich", so Trillo.

"Es ist ein zweischneidiges Schwert, nachdem wir das erste offizielle KI-Musik-Video gemacht haben, wird es sehr viel mehr davon geben, aber ich möchte nicht, dass KI Standard wird." Als der Streifen gemacht wurde, gab es keine einfache Kennzeichnung für KI-generierte Sachen, aber die Beschreibung mache das explizit klar. "Transparenz ist der Schlüssel und ich versuche nicht zu verstecken, was ich tue", sagt Trillo, der dafür ist, KI-generierte Sachen zu labeln.

Der 38-Jährige dreht seit fast 15 Jahren Kurzfilme, Werbefilme und Musikvideos, macht Avantgarde-Projekte und Installationen - auch schon in Linz bei der Ars. Doch sein wichtigstes Projekt ist zurzeit sein erster abendfüllender Film, für den er gemeinsam mit einem Freund das Drehbuch fertigstellt. "Nicht zu ausgefallen, nicht zu surreal, eher bodenständig, etwas unerwartet für Leute, die meine Arbeiten kennen." Eine Art politischer Thriller, wie es sie im Amerika der 1970er-Jahre gab, soll es werden. Um den Stoff zu verfilmen, greife Trillo durchaus auch in manchen Szenen auf KI zurück, wenn sie sonst zu aufwendig oder kostspielig zu drehen seien.