Nach dem Aufstieg kommt der Fall. Nachdem Facebook weltweit mehr als zwei Milliarden Nutzer von seinen Kommunikationsdiensten überzeugt hat, sehen Insider den Konzern jetzt vor dem Abgrund. Oder doch nicht? Denn Facebook fühlt sich als Opfer. Man sei "entsetzt" darüber, wie das Unternehmen hintergangen worden sei, heißt es in einer Mitteilung. Cambridge Analytica soll Zugriff auf Facebook-Daten von bis zu 50 Millionen Menschen gehabt und diese zur Manipulation der US-Wahlen genutzt haben. Nach eigenen Angaben hatte die britische Datenanalyse-Firma einen Großteil des Wahlkampfs für US-Präsident Trump bestritten.
Facebook sieht sich als Opfer
Die Gegenseite sieht das anders. In San Francisco verklagten Aktionäre den Konzern. Facebook habe "sachlich falsche und irreführende Aussagen" zur Firmenpolitik gemacht, heißt es in der Klageschrift.
Risikokapitalgeber Roger McNamee sagte dem US-Sender CNN, dass er bereits 2016 Facebook-Chef Mark Zuckerberg und dessen rechte Hand Sheryl Sandberg auf die Problematik angesprochen habe. Sie hätten das jedoch als PR-Problem abgetan. Er verstehe nicht, dass Zuckerberg und Sandberg nicht zugeben wollten, dass die Strategie von Facebook, Wachstum um jeden Preis, negative Auswirkungen habe. Dabei habe man bereits seit einem Jahr von der Problematik gewusst. Facebook stand damals im Fokus, als es um mögliche Einmischung aus Russland in die US-Wahlen ging.
Datenleck seit sieben Jahren bekannt
Auch der österreichische Datenschutz-Aktivist Max Schrems nimmt die aktuelle Debatte zu Facebook und Cambridge Analytica mit Verwunderung wahr, wie er in einer Aussendung am Mittwoch mitteilte. Als er 2011 in Irland angezeigt habe, dass "Facebook millionenfach Daten seiner Nutzer illegal diversen zwielichtigen Apps zur Verfügung" stelle, habe der US-Internetkonzern "das vollkommen legal" gefunden. Sieben Jahre später fühle sich der Internet-Gigant plötzlich verraten, kritisierte der Vorsitzende der NGO "noyb - Europäisches Zentrum für Datenschutz". Aufzeichnungen der NGO zeigten, dass Facebook genau wusste, dass Daten jahrelang veruntreut wurden. Apps könnten nicht nur die Daten der Nutzer dieser Apps abrufen, sondern auch die Daten von "Freunden" der Nutzer - ohne deren Zustimmung, hatte Schrems schon bei seiner im Sommer 2011 bei der irischen Datenschutzbehörde eingebrachten Beschwerde kritisiert. "Wie soll ich wissen, welcher Freund eine windige App installiert hat und was dann mit meinen Daten passiert?"
Zudem sei damals schon vollkommen unklar gewesen, welche Apps diese Daten erhielten und ob diese Datenschutzvorschriften erfüllten. Facebook habe hier keinerlei Kontrolle gehabt und eklatant gegen europäisches Datenschutzrecht verstoßen, kritisiert Datenschutz-Aktivist Schrems.
Doch auch die irische Datenschutzbehörde hätte über diese Vorgänge genau Bescheid gewusst, jedoch nur oberflächliche Verbesserungsvorschläge gemacht.
In einer Petition, die von der Mozilla-Stiftung gestartet wurde, beklagten sich mittlerweile Tausende Unterzeichner darüber, dass Daten von bis zu 50 Millionen Facebook-Nutzern von Cambridge Analytica ohne ihr Wissen oder ihre Zustimmung genutzt worden seien. "Dies war kein Datenleck, niemand hat sich bei Facebook eingehackt oder Passwörter gestohlen", heißt es in der Petition.
Zugriff wird eingeschränkt
Facebook habe inzwischen angekündigt, Schritte zu unternehmen, um den Zugriff von Entwicklern auf detaillierte Freundesdaten einzuschränken, heißt es in der Petition. "Aber die aktuellen Standardeinstellungen von Facebook lassen viele Fragen offen und viele Daten ungeschützt. Eines ist klar: Facebook muss mehr tun und seine Nutzer respektieren."
Für Datenschützer Max Schrems zeigt der Fall, "was bisher im europäischen Datenschutz nicht funktioniert hat". Wäre es nach dem 25. Mai 2018 passiert, dass ein Großkonzern wissentlich die europäischen Gesetze ignoriere und Daten illegal weitergebe, "könnte Facebook eine Strafe von bis zu 1,6 Milliarden US-Dollar (vier Prozent des weltweiten Umsatzes von 2017) ins Haus stehen". Das seien die Strafen nach der neuen EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), erklärt Schrems.
