Zeiler, 1994 bis 1998 selbst ORF-Generalintendant, macht als einer der Interviewpartner in der Doku, die am 24. November um 23.15 Uhr in ORF 2 erstmals ausgestrahlt wird, deutlich, welche Bedeutung Bacher mit seinen fünf Amtsperioden von 1967 bis 1975, 1978 bis 1986 sowie von 1990 bis 1994 für den öffentlich-rechtlichen Sender hatte: "Es ist keine Frage, dass Gerd Bacher der Gründer des modernen österreichischen Rundfunks war." Anneliese Rohrer, die Doyenne des Innenpolitik-Journalismus, die speziell die Ära Bacher I als "Macho-Klub" charakterisiert, lobt die Professionalisierung und Weltöffnung des Medienunternehmens unter seiner Führung, und hält fest: "Gerd Bacher war der ORF. Punkt!"
Rundfunkvolksbegehren stellte die Weichen
Bis Bacher, der 2015 nur wenige Monate vor seinem 90. Geburtstag gestorben ist, dank des 1964 von über 830.000 Bürgerinnen und Bürgern unterzeichneten Rundfunkvolksbegehrens, energisch aus dem Parteizugriff befreite und einen unabhängigen und dennoch identitätsstiftenden Journalismus etablierte, musste er Nationalsozialismus und Weltkrieg überstehen. In einem von ORF-Redakteur Andreas Novak mit Bacher im Jahr 2005 geführten Interview, das in der neuen Sendung erstmals verwendet wird (Novaks eigene Doku "Gerd Bacher 1925 - 2015" wird am Mittwoch erneut gezeigt, Anm.), spricht der Medienmanager über das familiäre Umfeld im Salzburg der späten 1930er-Jahre, über seine Verführbarkeit als Bursch, aber auch über das böse Erwachen: "Die wichtigste Entnazifizierung war es, die Wahrheit über das NS-Regime zu erfahren."
Er sagt aber auch: "Ich wusste seit meinem 14. Lebensjahr, dass ich Journalist werden wollte." Seine Laufbahn begann bei der "Salzburger Volkszeitung" und den "Salzburger Nachrichten". 1954 wurde er nach Wien als Chefredakteur des neu gegründeten "Bild-Telegraf" berufen, 1958 bis 1960 war er Chefredakteur des von ihm mitgegründeten "Express". Nach einem neuen ORF-Gesetz wurde Bacher 1967 erstmals zum ORF-Chef gewählt und startete eine Medienrevolution, die alles umfasste - Sendungen, Strukturen und Bauten.
Kreisky und Bacher: Zwei Modernisierer
"Kreisky und Bacher waren in den späten 60er- und in den 70er-Jahren die Modernisierer dieses Landes", sagt der langjährige ORF-Journalist Peter Huemer, neben Karin Moser, Barbara Coudenhove-Kalergi und André Heller ein weiterer Auskunftspartner, in der Doku. Der wertkonservative Bürgerliche und der reformorientierte, doch selbstherrlich agierende Sozialist gerieten als zwei Alpha-Tiere unweigerlich aneinander.
1974 setzte Kreisky den Juristen Otto Oberhammer als Generalintendant durch. 1978 feierte Bacher ein Comeback, und auch die legendäre Schlagzeile der Kärntner Tageszeitung hat ihren Platz in der Sendung: "Kreisky in Paris, Benya in Sofia, Bacher im ORF". Die nach einer weiteren Pause ab 1990 schließlich folgende Ära Bacher III sei nur noch ein müder Abklatsch von einst gewesen, urteilt Rohrer. Immerhin habe er den notwendigen Wandel vom Monopolisten zum Marktführer erkannt, hält ihm Zeiler zugute, auch wenn Bacher heute wohl ein Gegner Sozialer Medien wäre.
"Ein Mann von morgen"
Die von ihm erkannte demokratiepolitische Bedeutung eines unabhängigen, kritischen Journalismus sei heute aktueller denn je, setzt Peter Huemer, der einst als "Club 2"-Verantwortlicher nach einem als skandalös empfundenen Auftritt der Sängerin Nina Hagen die ganze Empörung seines Chefs zu spüren bekam, den Schlusspunkt: "Gerd Bacher war kein Mann von gestern, sondern ein Mann von morgen."
(S E R V I C E - "Gerd Bacher 1925 - 2015" von Andreas Novak, Mittwoch, 19. November, 23:20 Uhr, ORF III; "Gerd Bacher, 100: Demokratie lernen" von Gerald Heidegger, Montag, 24. November, 23:15 Uhr, ORF 2)
(Quelle: APA)
