Bei ORF III, dem auf Kultur und Information fokussierten Sender, wehrt man sich mit klaren Worten gegen allfällige Einsparungspläne. "Es kann nicht gehen, dass man ORF III infrage stellt", sagte Chefredakteurin Lou Lorenz-Dittlbacher am Dienstag bei der Präsentation der Programmhöhepunkte 2023. Da der öffentlich-rechtliche Auftrag bestens erfüllt werde, könne niemandem einfallen, ORF III zu schließen oder zu schrumpfen, betonte die 48-Jährige. Ähnlich argumentierte die kaufmännische Geschäftsführerin Kathrin Zierhut-Kunz. Das Budget in der Höhe eines "niedrigen zweistelligen Millionenbetrags" sei "mehr als überschaubar" und lasse keinen Einsparungspuffer zu. "Wir sind eine Art Effizienzweltmeister", betonte Zierhut- Kunz.
Die gegenwärtige Situation sei, so die Geschäftsführerin, nicht einfach, zumal man schon in den vergangenen Jahren gespart habe. Ungeachtet der dunklen Wolken am finanziellen Horizont präsentierte ORF-III-Geschäftsführer Peter Schöber für 2023 ein geballtes Programm mit zahlreichen neuen Initiativen und Formaten. So wird es ab dem Nationalfeiertag eine groß angelegte Historienserie unter dem Titel "Österreich - Die ganze Geschichte" geben. In den kommenden vier Jahren will man in vier Staffeln mit insgesamt 20 Folgen die rot-weiß-rote Historie von der Ostarrichi-Urkunde aus dem Jahr 976 bis in die Gegenwart erzählen. "Es ist wohl die umfangreichste heimische Geschichtsaufarbeitung überhaupt und umfasst auch Bereiche wie Sozial-, Wirtschafts- und Klimageschichte", sagte Schöber. Begleitet wird das ehrgeizige Projekt von einem hochkarätig besetzten wissenschaftlichen Beirat.
Dass es den ORF-III-Machern nicht an Selbstvertrauen mangelt, zeigen Zitate wie jenes von Schöber: "Wir sind mit Abstand der erfolgreichste Kultur- und Informationssender Europas." Konkrete Quoten werden ebenso traditionell wie unverständlich aber nicht bekannt gegeben.
In diesem Jahr werden vier neue Formate aus der Taufe gehoben: Da die traditionellen ORF-Diskussionssendungen offenbar zu brav geführt werden, führt ORF III jetzt die "Streitzeit" ein. Ein Mal im Monat darf über brisante Themen wie Cancel Culture, Klimakleber oder die Rolle von Anna Netrebko wortreich und durchaus auch emotional diskutiert werden. Ab 23. März wird indes der Musiker Bernhard Egger Prominente auf seinen berüchtigten "roten Stuhl" bitten. Dort will er ihnen Geschichten entlocken, die man noch nicht kennt. Der Molekularbiologe und Wissenschaftskabarettist ("Science Busters") Martin Moder wird in "Wissenschaft einfach genial" ab Herbst Antworten auf Fragen wie "Warum leuchten die Sterne?" oder "Ist Krebs bald heilbar?" geben. Bereits im Mai geht das Format "Meine Bewunderung gilt …" auf Sendung: Beliebte Kabarettschaffende des Landes präsentieren ihre Idole - von Maxi Böhm bis Cissy Kraner, von Karl Farkas bis Helmut Qualtinger.
Im Rahmen des Kultursommers überträgt ORF auch heuer wieder Events live aus ganz Österreich, als Beispiele seien unter anderem die Bregenzer Festspiele ("Ernani" von Giuseppe Verdi) oder die Styriarte (Beethovens "Eroica") genannt. Am "ORF III Kulturdienstag" stehen unter anderem Dokumentationen über die Geschichte der Arbeiterbewegung oder über "Wien - Die Macht der Salonièren" auf dem Programm. Und bei den Jubiläen rückt der Sender das Wiener Barockpalais Belvedere (300 Jahre), die Geschichte der ÖBB (100 Jahre) und Papst Franziskus (seit zehn Jahren im Amt) großflächig ins Bild. Im Rahmen seiner Gesprächsreihe "Menschenkinder" wird André Heller heuer im Juli den Salzburger Galeristen Thaddaeus Ropac interviewen. Im gleichen Monat wird in "zeit.geschichte" ORF-und ÖBB-Legende Chris Lohner - sie feiert ihren 80. Geburtstag - mit einem Porträt gewürdigt.
Im 118 Seiten starken ORF-III-Programmfolder findet sich auch das in seinem Bestand bedrohte ORF Radio-Symphonieorchester. Wie lange es noch existieren wird, konnte Schöber im SN-Gespräch nicht beantworten: "Derzeit laufen die Gespräche zwischen ORF und Politik, ich hoffe, dass das RSO in der einen oder anderen Form als Klangkörper erhalten bleibt." Das von der Politik vorgegebene Sparpaket habe "zu einer schwierigen Situation" geführt. Allgemein wird vermutet, dass eine Entscheidung über die Zukunft des RSO noch vor dem Sommer fällt. Überlegt wird u. a. eine Anbindung an eine Wiener Spielstätte.