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Von der ORF-Info zu den Grabreden: Rudolf Nagiller wird 80

Der Journalist wechselte nach vielen Jahren als politischer Journalist mehrfach die Branche. Seinen Geburtstag feiert er am 15. März.

Rudolf Nagiller moderierte für den ORF auch einst die TV-Konfrontationen vor Wahlen - wie hier jene zwischen Kanzler Viktor Klima (SPÖ) und seinem Herausforderer Jörg Haider (FPÖ) vor der Nationalratswahl 1995.
Rudolf Nagiller moderierte für den ORF auch einst die TV-Konfrontationen vor Wahlen - wie hier jene zwischen Kanzler Viktor Klima (SPÖ) und seinem Herausforderer Jörg Haider (FPÖ) vor der Nationalratswahl 1995.

Rudolf Nagiller kann auf eine abwechslungsreiche Karriere blicken. Er arbeitete sich vom Redakteur im ORF-Landesstudio Vorarlberg bis zum Informationsintendanten hoch, um als Mittfünfziger den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu verlassen und sich dem Schreiben von Büchern und später dem Halten von Grabreden zu widmen. Am Mittwoch, 15. März, wird der langjährige politische Journalist 80 Jahre alt.

Geboren 1943 in Untermettingen in Baden-Württemberg, zog Nagiller mit seinen Eltern nach Ende des Zweiten Weltkriegs nach Österreich, wo er in Bregenz die Matura absolvierte und in Innsbruck Wirtschaftswissenschaften studierte. 1968 startete er seine journalistische Karriere im ORF-Landesstudio Vorarlberg. Dabei wollte er einst bei großen Zeitungen andocken und gelangte eher durch Zufall zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Bereuen sollte er es aber nicht, ging es auf der Karriereleiter doch kontinuierlich hinauf.

"Das ist alles irgendwie von selber gelaufen"

Anfang der 70er-Jahre wurde er nach Wien geholt, wo er als "ZiB"-Redakteur arbeitete. 1974 im Alter von knapp über 30 Jahren wird er Innenpolitik-Chef und fünf Jahre später Hörfunk-Chefredakteur. Dabei entwarf er die Reihe "Im Journal zu Gast" und bekam dafür später den Dr.-Karl-Renner-Preis verliehen. Aber auch diese Funktion übte er nur für wenige Jahre aus, wurde er 1983 doch Fernsehchefredakteur beim ORF und Mitte der 80er-Jahre Intendant des Landesstudios Tirol. "Alle vier Jahre kam ein neuer Generalintendant und jedes Mal bin ich sozusagen einen Schritt weitergekommen, ohne dass ich aber besonders in Karrierekategorien gedacht habe. Das ist alles irgendwie von selber gelaufen", erinnerte sich Nagiller vor bald 20 Jahren in einem Ö1-Bericht.

1990 kehrte er als Hörfunkintendant nach Wien zurück und weitere vier Jahre später wurde er zum Informationsintendanten beim Fernsehen ernannt. Dabei war er durchaus umstritten, eckte an. So führte er etwa 1995 und 1996 die ORF-"Sommergespräche" unter dem Titel "Anders gefragt", für die er von anderen Medien und Kollegen "Prügel" kassierte. Seine Idee war, das seines Erachtens schwer zu ertragende, in Ritualen erstarrte politische Interview neu zu denken. "Das ist mir auch gelungen. Aber wenn Sie ein Ritual verlassen, dann kriegen Sie Prügel. Das ist überall auf der Welt so", meinte er und gab das umstrittene Konzept nach zwei Jahren wieder auf.

1998 bot er dem damals neuen ORF-Chef Gerhard Weis seinen Rücktritt an, den dieser annahm. "Ich wollte einfach noch einmal ein anderes Leben führen, ohne diesem täglichen Druck ausgesetzt zu sein", meinte er vor mehreren Jahren in einem "Kronen Zeitung"-Interview. Er widmete sich der Gesundheitspublizistik und verfasste mehrere Bücher. Sein erstes namens "Gentle Running" verkaufte sich über 50.000 Mal. Nagiller betätigte sich auch als ehrenamtlicher Sonderbeauftragter von Unicef Österreich, wobei er etwa Malawi bereiste. 2007 kehrte er für mehrere Jahre und etliche Ausgaben als Moderator des neu aufgelegten Club 2 in den ORF zurück, wobei zunächst Überzeugungsarbeit geleistet werden musste, um ihn wieder auf den Bildschirm zu holen.

Mitte der 2010er-Jahre schlug Nagiller jedoch abermals einen neuen Weg ein: Er betätigte sich als Grabredner. Sein erster Nachruf galt seinem Vater, der mit 96 Jahren in Innsbruck gestorben war. "Ich bin in der Kirche nach vorn und hab aus dem Stegreif über meinen Vater geredet. Dabei hab ich bemerkt, dass mir das eigentlich sehr liegt", so Nagiller gegenüber der "Krone". 2018 hatte er bereits rund 150 Begräbnisse hinter sich, wobei er im Schnitt einmal pro Woche durch Vermittlung einer Agentur bei Trauerfeiern tätig war. Im Großen und Ganzen habe er sich dabei unter Kontrolle und müsse keine Tränen unterdrücken. Gelegentlich denke er sich aber schon: "Rudi, reiß dich z'samm." Von den Begräbnissen selbst sei er "fast immer positiv aufgeladen". "Weil ich spür, ich konnte den Menschen was geben."