Moment mal, mit der niederländischen Fußballspielerin stimmt etwas nicht: Ihr Kopf ist ein Fußball und mit den Händen wirft sie gerade den Kopf ein. Das Porträt der heimischen Nationalspielerin Viktoria Sophie Schnaderbeck wiederum erscheint in einer zarten Grafik auf türkisem Grund mit grafischer Ornamentik. Und die Darstellung der Spanierin María León wiederum erinnert an ein Computerspiel aus anno dazumal. 16 Teams und mindestens ebenso viele optische Überraschungen. In einem Monat, am 6. Juli, beginnt in England die Fußball-Europameisterschaft der Frauen 2022. Zu diesem Fußballfest leistet auch Tschutti Heftli, die Schweizer Alternative zu den Panini-Sammelpickerln, einen Beitrag. Erstmals gibt es ein Album zu einem Frauenturnier.
Sammeln mit Stil und gutem Gewissen: Das ist das Motto der etwas anderen Sammelalben, die seit 2008 den Markt beleben. Aufbauend auf das gleichnamige 2015 aus Zeit- und Mitarbeitermangel eingestellte Fußballmagazin aus Luzern, versucht Tschutti Heftli einen Spagat zwischen Fußball, Kreativität und sozialer Verantwortung. Die 274 Sammelbilder, die in ein 48 Seiten starkes Album eingeklebt werden können, leisten einen Beitrag dazu, dass kickende Frauen und Mädchen in der Öffentlichkeit sichtbarer werden. Der Erlös aus dem Verkauf der bunten und witzigen, ironischen und surrealistischen Bilder kommt gemeinnützigen Organisationen zugute. Heuer werden etwa der Förderverein Florijana Ismaili, der sich für Mädchen und Frauenfußball einsetzt, unterstützt. Und der Wiener Tschutti-Heftli-Partner Job-TransFair fördert "Kicken ohne Grenzen", ein offenes Bildungsprojekt, das Jugendlichen die Teilnahme an regelmäßigen, kostenlosen Fußballtrainings ermöglicht.
Jene Kunstschaffenden, die für die Gestaltung der Bilder verantwortlich zeichnen, wurden aus 183 Einsendungen von einer Jury ausgewählt. Die Spielerinnen des heimischen Nationalteams wurden von der in Wien lebenden Grafikdesignerin Judith Strieder in Szene gesetzt. Ihre Bleistiftzeichnungen mit collagenhafter Anmutung überzeugten die Jury, der auch die österreichische Schriftstellerin und Cartoonistin Stefanie Sargnagel angehörte. Bewerben konnte man sich mit einem Porträt der norwegischen Fußballlegende Ada Hegerberg. Sie habe nicht einfach nur lächelnde junge Frauen abbilden wollen, sagt Strieder über ihren Zugang.
Die Darstellungen versuchen vielmehr, den Menschen hinter den Sportlerinnen etwas näherzukommen, die Vielfältigkeit der Persönlichkeiten auszudrücken. Die in die Porträts eingeschriebene Ornamentik ist wiederum ein Verweis auf die Tradition der Wiener Werkstätte von Künstlern wie Koloman Moser oder Josef Hoffmann. Die Grafikerin ist von der Entwicklung im heimischen Frauenfußball angetan: "Österreichische Spielerinnen wie Manuela Zinsberger oder Sarah Zadrazil haben den Frauenfußball auf ein völlig neues Level gehoben, das vor zehn Jahren noch unvorstellbar gewesen wäre. Es gibt kaum eine Sportart, wo man eine so tolle Steigerung sehen konnte."
Neben den Teams finden sich im Tschutti-Heftli-Album auch ein Spielplan, die Stadien der Europameisterschaft, zehn weibliche All-Stars sowie elf Maskottchen, die von Kindern und Jugendlichen entworfen worden sind: "Nilla" ist das offizielle Tschutti-Heftli-EM-Maskottchen.
Neben den künstlerischen Pickerln aus der Schweiz kann man die Frauen-Fußballstars auch ganz klassisch via Panini-Album sammeln. Aufgelegt wurden 366 Sticker, unter ihnen 29 Spezialpickerl, die in insgesamt 40 Seiten geklebt werden sollen. Das Panini-Album wartet zudem mit Informationen und Statistiken zu den Teams, Spielerinnen und Geschichte des Turniers auf, bei Tschutti-Heftli fehlen leider Infos zu den Spielerinnen. Da das russische Team für die EURO 2022 ausgeschlossen worden ist - das Ersatzteam ist Portugal -, befinden sich in den Sammelsäckchen Bilder der 15 zuvor bekannten Teams, im Album selbst gibt es eine Platzhalter-Doppelseite für das 16. Team. "Diese Sticker werden in Kürze erhältlich sein", heißt es aus dem Panini-Konzern.
Die Aktivitäten der beiden Verlage unterstreichen die gestiegene Breitenwirkung des Frauenfußballs: Frau spielt auf.