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Wenn Liebe im Netz blind macht

Vorsicht bei der Partnersuche im Netz: Hinter adretten Singles können sich Hochstapler oder gar professionelle Kriminelle verbergen.

"Wer online nach der Liebe sucht, muss Sicherheitsvorkehrungen treffen", sagt Patricia Staniek. Die Profilerin und Kriminologin ist auf ATV mit "Reingelegt" zu sehen. In diesem Doku-Format analysiert sie Betrugsfälle. Sie kennt die Opfer- und die Täterseite. Allzu blauäugig Gefühle, Privates oder gar Geld zu teilen - davon rät Patricia Staniek als Erstes und mit Nachdruck ab. "Liebe kann durch ihren Hormoncocktail grundsätzlich blind machen. Dieser hilft, gewisse Dinge auszublenden. Ja, Liebe im Netz kann funktionieren. Oder eine fatale Illusion sein."

Die größte Gefahr sieht die Profilerin für Menschen, die sich auf Plattformen begeben, ohne internetaffin zu sein und mögliche Fallen zu erkennen. "Wenn ein auffallend gut aussehender Mann Kontakt aufnimmt, der sich als verwitweter Offizier oder Arzt aus den USA vorstellt und sehr schnell intensive Liebesbekundungen im Überfluss schickt, dann sollten die Alarmglocken schrillen", sagt Staniek. Denn "Lovebombing" oder "Lovescamming" nutzen Profis, um ihre Opfer in Windeseile abhängig und richtiggehend süchtig nach der liebevollen Aufmerksamkeit zu machen. Das Ziel ist dabei stets dasselbe: Geld.

Ob organisierte Täterinnen und Täter überhaupt ausfindig gemacht werden können? Staniek nickt. Echte Identitäten könnten unter Umständen ausgeforscht werden, berichtet sie. Hierzulande sei die sogenannte Nigeria Convention recht umtriebig; dabei handle es sich um monetär sehr arme Menschen, die unter Zeltplanen und in kaputten Gebäuden ihre - modernen - Laptops ebenso aufklappen wie in netten Büros. Im Internet stellen sie sich als Traumpartnerinnen und -partner mit falschen Fotos und Lebensläufen vor. Gemeinsam haben sie "extrem gute psychologische Schulungen", berichtet die Analystin. So verstünden sie es, Schwächen und Sehnsüchte ihrer Opfer für ihre Zwecke einzusetzen, gezielt zu manipulieren und Überweisungen in die Wege zu leiten.

Die Strategie ist dabei oft dieselbe. "Wer professionelles Lovescamming betreibt, kennt die Stärken, Schwächen und Defizite des Gegenübers und stößt genau in diese Sehnsüchte und Wunden." Sätze wie "Wo warst du mein ganzes Leben lang?" oder "Du bist die Liebe meines Lebens" hätten enorme Strahlkraft, gibt die Profilerin zu bedenken. Durch derartige Manipulationen und permanente Kommunikation entstehe rasch Bindung.

Bild: SN/monika fellner
Wer ehrlich liebt, fragt nicht nach Geld.
Patricia Staniek, Profilerin

"Die Alarmglocken sollten auch schrillen, wenn sich jemand, den man erst zweieinhalb Tage kennt, sorgt, weil man einmal drei Stunden nicht auf Nachrichten antwortet", sagt sie. Daneben laufe das Tarnen und Täuschen mit; spüren die Täter, dass die Zielperson am Angelhaken der Gefühle ist, beginnt der Aufbau rührender Geschichten, die auf Überweisungen von Geld abzielen. Oft direkt, unverfroren - und erfolgreich.

"Selbst wenn Profis kurz vor der Enttarnung stehen, weil sie ihr Lügenkonstrukt nicht mehr aufrechterhalten können, verstehen sie es meisterhaft, ein letztes Mal Geld aus ihren Opfern zu pressen", sagt Staniek und erinnert an einen Fall, bei dem eine Frau ihrem vermeintlichen Liebhaber in Etappen insgesamt rund 300.000 Euro überwiesen hat - ohne ihn je getroffen zu haben, ohne ihn jemals in einem Videotelefonat gesprochen zu haben.

Patricia Staniek hat Tipps parat, wie Frauen und Männer sich vor Betrug unter dem Deckmantel der Liebe im Netz schützen können: "Prüfen Sie als Erstes das Internet-Profil. Wie lange besteht es, welche Inhalte sind zu sehen? Mit wem ist die Person befreundet, sind es nur Männer oder nur Frauen oder ist der Freundeskreis idealerweise gemischt und damit unauffällig?"

Ob Fotos (etwa von Model-Agenturen) gestohlen worden seien, lasse sich mit einem Check mit der Bildersuche bei Google prüfen. Dort gebe es oft Warnungen und Hinweise auf Scammer-Seiten. Aufmerksam sollte man auch sein, wenn Online-Bekanntschaften bei Videotelefonaten nicht vor die Kamera treten wollen. Dann liege die Vermutung nahe, dass doch nicht der gut aussehende US-Offizier am anderen Ende der Leitung sitzt.

Und der wichtigste Tipp von Patricia Staniek: "Keine Überweisungen, nicht einmal die geringsten!" Wenn jemand um Geld bitte, sei das kein Zeichen für Liebe. "Denn wer ehrlich liebt, vermeidet es, nach Geld zu fragen", betont die Profilerin.