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Ein Jahr nach Zweifachmord im Mühlviertel sind Fragen offen

Vor einem Jahr herrschte in der Mühlviertler Gemeinde Altenfelden und einigen Nachbarorten Ausnahmezustand: Nach einem Zweifachmord suchte ein Großaufgebot der Polizei tagelang nach dem geflüchteten, bewaffneten Täter. Mittlerweile sei Gras über die Sache gewachsen, sagen sowohl Bürgermeister Klaus Gattringer (ÖVP) als auch Pfarradministrator Rupert Granegger. Dennoch sind auch nach einem Jahr viele Fragen in dem Fall offen. Die Polizei verwies an das Innenministerium.

Im Ort herrschte Ausnahmezustand
Im Ort herrschte Ausnahmezustand

Von dort hieß es zur APA, dass es demnächst - voraussichtlich in der kommenden Woche - umfassende Informationen geben werde. Weder Gemeinde noch Pfarre planen Veranstaltungen anlässlich des Jahrestages. Die Kinder können heuer wieder unbeschwert zu Halloween Süßigkeiten einsammeln gehen und die Allerheiligenfeierlichkeiten werden ablaufen wie auch in den Jahren davor. Es werde in der Gemeinde "gut damit umgegangen, es gibt auch keine Ressentiments gegenüber den Angehörigen", sagt Granegger, aber "eine offene Wunde braucht Zeit zu heilen". Man müsse einfach "behutsam" mit dem Thema sein.

Es begann mit einem Notruf am 28. Oktober

Am 28. Oktober des Vorjahres war gegen 8.15 Uhr bei der Polizei ein Notruf eingegangen, dass ein Schuss gefallen sei. Es folgte eine tagelange Polizeiaktion in Altenfelden und Umgebung. Wie sich herausstellte, hatte ein 56-jähriger Jäger zuerst in Fraunschlag (Gemeinde Altenfelden) einen Bürgermeister aus dem Bezirk und wenig später im benachbarten Arnreit (beides Bezirk Rohrbach) einen ehemaligen Jagdleiter mit gezielten Kopfschüssen getötet. Hintergrund war offenbar ein Streit um (nicht) weidmännisches Verhalten. Danach flüchtete der Schütze mit dem Auto.

Da man sicher war, dass der Täter bewaffnet ist und er als sehr gefährlich eingeschätzt wurde, wurden rund 50 Leute aus seinem Umfeld unter Polizeischutz gestellt. Und weil jede Spur von dem Mann fehlte, hatte die Polizei davon auszugehen, dass er noch lebte - also folgte ein riesiger Einsatz, der sich über mehrere Tage zog: Rund 250 Beamte durchsuchten ein etwa 100 Quadratkilometer großes Areal, sicherten die Siedlungen und gingen allen - insgesamt rund 400 - Hinweisen nach, die aus der Bevölkerung kamen. Immer wieder gab es Fehlalarme vermeintlicher Sichtungen auch in anderen Bundesländern, etwa im Burgenland oder in Tirol. Aber der Jäger blieb verschwunden.

Schwer bewaffnete Spezialkräfte prägten das Bild

Die Kinder mussten zu Halloween auf ihre Süßigkeiten-Streifzüge verzichten, die Allerheiligen-Feierlichkeiten wurden abgesagt. Stattdessen prägten Bilder von schwer bewaffneten Cobra-Leuten und ein Großaufgebot an Polizeifahrzeugen, die immer wieder aus Altenfelden in die Umgebung aufbrachen, um vermeintlichen Sichtungen nachzugehen, das Bild. Die lange Ungewissheit ließ auch Gerüchte jeder Art hochkochen, erinnert der Bürgermeister, etwa die hinter der Hand verbreitete Vermutung, die Polizei nutze den Fall für ein Einsatztraining.

Erst fünf Tage nach der Tat, am 2. November, wurden zuerst das Auto und kurz darauf die Leiche des Täters in einem Waldstück gefunden. Er hatte sich mit seiner eigenen Waffe erschossen. Die Erleichterung war groß, die Polizei sah sich aber mit einer Diskussion um den Einsatz konfrontiert. Denn ein Gutachten ergab, dass sich der Mann wohl schon am Tattag das Leben genommen hatte.

Rätsel um das Fluchtauto

Allerdings hatte die Polizei den Bereich, in dem das Fluchtauto gefunden wurde, bereits kurz nach der Tat abgesucht, aber den Wagen nicht entdeckt. Deshalb hatte man befürchtet, der Täter könnte noch in der Gegend unterwegs sein und womöglich noch einmal das Feuer eröffnen. Das Gutachten spricht aber eher dafür, dass der Wagen schon länger im Wald gestanden ist und unentdeckt geblieben sein dürfte. Der Einsatz wurde intern evaluiert.

(S E R V I C E - Hilfsangebote für Personen mit Suizidgedanken und deren Angehörige bietet das Suizidpräventionsportal des Gesundheitsministeriums. Unter www.suizid-praevention.gv.at finden sich Kontaktdaten von Hilfseinrichtungen in Österreich. Infos für Jugendliche gibt es unter www.bittelebe.at)