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352.000 Führerscheine schon am Handy aktiv

Das digitale Service hat aber noch Schwachstellen. Auf rosafarbene Lenkberechtigungen aus Papier wird deshalb kaum verzichtet.

Beim digitalen Führerschein am Handy überprüft die Polizei mittels QR-Code, ob eine gültige Lenkberechtigung im Führerscheinregister des Innenministeriums vorliegt. Innerhalb Österreichs müssen Fahrzeuglenkerinnen und -lenker daher keinen physischen Nachweis in Papier- oder Scheckkartenform mehr erbringen.
Beim digitalen Führerschein am Handy überprüft die Polizei mittels QR-Code, ob eine gültige Lenkberechtigung im Führerscheinregister des Innenministeriums vorliegt. Innerhalb Österreichs müssen Fahrzeuglenkerinnen und -lenker daher keinen physischen Nachweis in Papier- oder Scheckkartenform mehr erbringen.

Mit Stand Montag sind in Österreich 351.922 digitale Führerscheine aktiviert. Täglich kommen fast 500 Personen neu dazu, die sich ihre Lenkberechtigung aufs Smartphone aufsetzen lassen. Innenministerium wie auch das im Finanzministerium angesiedelte Staatssekretariat für Digitalisierung und Telekommunikation sprechen von modernem Bürgerservice und feiern die Nachfrage als großen Erfolg. Auf diese Weise werde das Handy zum Ausweis. "Was man nicht dabeihat, kann man auch nicht verlieren oder vergessen", lautet das Motto.

Der digitale Führerschein hat aber noch zahlreiche Kinderkrankheiten: Voraussetzung ist ein Scheckkartenführerschein, da bei den älteren, rosafarbenen Lenkerberechtigungen aus Papier noch keine digitale Fotobeglaubigung erfolgte und daher kein entsprechendes Bild im Führerscheinregister hinterlegt ist. Zudem müssen zuvor der elektronische Identitätsnachweis "ID Austria" sowie die Ausweisplattform "eAusweise" installiert werden. Laut Finanzministerium wird "ID Austria" bereits von über einer Million Österreicherinnen und Österreichern genutzt und ist der Schlüssel dafür, mit dem Smartphone Amtswege auch online zu erledigen. Dazu kommt, dass der digitale Führerschein nur im Inland gültig ist, bei einem Auslandsurlaub benötigt man im Fall einer Polizeikontrolle erst wieder den physischen Nachweis in Form von Scheckkarte oder Papier.

Ursula Zelenka, Juristin und Führerscheinexpertin beim Automobilclub ÖAMTC, spricht von zahlreichen technischen Stolpersteinen, die elektronische ID könne beispielsweise auf älteren Mobilgeräten nicht aufgesetzt werden. Dazu kämen Fehlerquellen wie fehlender Internetempfang, eine nicht funktionierende App oder ein komplett entladenes Handy. "Der digitale Führerschein ist eine Trendgeschichte - reizvoll für Techniker, die gern neue Sachen ausprobieren. Er ist aber noch fehleranfällig und bringt nicht viele Vorteile", resümiert Zelenka.

Sie kritisiert, dass sich zwar viele Länder mit digitalen Führerscheinen beschäftigten, aber alle eigene, untereinander nicht kompatible Systeme entwickelten. "Der nächste Schritt ist die internationale Vereinheitlichung, zumindest in der EU", so Zelenka. Dort sei derzeit eine einheitliche Führerscheinrichtlinie in Ausarbeitung, mit einer Umsetzung in den Mitgliedsländern sei aber nicht vor 2027 zu rechnen.

Zelenka bezweifelt auch, dass der digitale Führerschein genügend Anreize bietet, dass Besitzerinnen und Besitzer von älteren Führerscheinen ihre unbegrenzt gültigen rosa Papiere in Scheckkartenformate, die nach 15 Jahren verlängert werden müssen, umtauschen. Im Gegenteil sei eher zu befürchten, dass die Altbestände erst im letzten Moment eingetauscht werden.

Wie wiederholt berichtet, gilt ab 19. Jänner 2033 ausschließlich der neueste EU-Scheckkartenführerschein. Einen gestaffelten Umtauschplan für den verpflichtenden Austausch wie in Deutschland gibt es in Österreich allerdings nicht. "Früher wurden Führerscheine dezentral erfasst. Es gibt keine zuverlässige Quelle, wie viele Führerscheine im Umlauf sind. Erst im Jahr 2033 sollte man sich über den Ist-Stand und über die Karteileichen ein gutes Bild machen können", erklärt Zelenka.