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Global 2000: Wirtschaftslobbyisten beherrschen EU-Parlament

Im Europaparlament dominieren laut einem Report der Umweltorganisation Global 2000 die Kontakte der Wirtschaftsvertreter beim Lobbying gegenüber österreichischen EU-Abgeordneten. Fast die Hälfte aller derartiger Meetings mit heimischen Abgeordneten finde mit Wirtschaftslobbyisten und -lobbyistinnen statt, teilte die Organisation mit. Dies seien doppelt so viele Treffen wie mit zivilgesellschaftlichen Akteuren und Arbeitnehmervertretern zusammen.

Im EU-Parlament dominieren laut Gobal 2000 Wirtschaftslobbyisten
Im EU-Parlament dominieren laut Gobal 2000 Wirtschaftslobbyisten

1.338 Lobbytreffen 2024 bis 2025 analysiert

Für den am Montag veröffentlichten Bericht wurden laut Global 2000 1.338 Lobbytreffen im Zeitraum von Juli 2024 bis Juli 2025 analysiert. Die Parteien unterscheiden sich demnach stark bei den Ansprechpartnern, die sie am häufigsten treffen. So sei die ÖVP mit Kontakten zu Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung und ÖAMTC stark von Wirtschaft und Autofahrern geprägt. Die SPÖ hingegen sei mit Kontakten zu Arbeiter- und Wirtschaftskammer sowie ÖGB sozialpartnerschaftlich ausgerichtet.

Die Grünen seien vor allem zivilgesellschaftlich orientiert mit einem Fokus auf Umwelt- und Sozialthemen, heißt es in dem Report weiter. Bei den NEOS dominieren demnach Kontakte mit dem Verband der Energienetzbetreiber, der Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung. Die FPÖ sei dagegen an kontroversen Positionen orientiert und treffe am häufigsten Klima- und Wissenschaftsleugner, Impfgegner sowie Personen mit Kontakten zu Holocaustleugnern.

Die Untersuchung von Global 2000 fand vor dem Hintergrund wichtiger Abstimmungen statt, bei denen der Green Deal der EU teilweise aufgeweicht und verzögert wurde. Dem hätten die österreichischen EU-Abgeordnete mehrheitlich zugestimmt. So hätten alle Parteien mit Ausnahme der Grünen einer Aufschiebung der Entwaldungsverordnung und einer Aufweichung der CO2-Vorschriften für die Autoindustrie zugestimmt. Die Verschiebung des Lieferkettengesetzes habe die Zustimmung von ÖVP, NEOS und zwei Mandataren der SPÖ erhalten. Im Vorfeld der Abstimmungen hätten die Abgeordneten fast ausschließlich Vertreter und Vertreterinnen aus Wirtschaft, Autoindustrie sowie Holz- und Forstwirtschaft getroffen. Die Stimmen aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft seien bei allen untersuchten Abstimmungen deutlich unterrepräsentiert gewesen.

Mangelhafte Transparenz

Obwohl die EU-Abgeordneten ihre Treffen transparent machen müssen, würden die Parteien sehr unterschiedlich damit umgehen, so Global 2000. Während die Grünen mit durchschnittlich 148,5 angegebenen Treffen pro Mandatar führend seien, liegen ÖVP (109,6), NEOS (84,5) und SPÖ (55,4) demnach dahinter. Die sechs FPÖ-Europaabgeordneten hätten im Durchschnitt nur acht Treffen mit Lobbyisten transparent gemacht. Für Abgeordnete im österreichischen Nationalrat oder die österreichischen Ministerien wäre eine solche Analyse indes unmöglich, betonte die Umweltorganisation. Entsprechende Transparenzregeln zu Treffen mit Interessenvertretungen würden nämlich hierzulande gänzlich fehlen.