Im Wiener Rathaus wird aktuell ein Sparpaket geschnürt. Details dazu wurden vergangene Woche bereits angekündigt. So werden kommendes Jahr etwa die Öffi-Ticketpreise steigen. Das gilt unter anderem für die 2012 eingeführte 365-Euro-Jahreskarte, für die künftig 467 Euro zu berappen sind. Bei der Mindestsicherung für Kinder wird unter anderem eine Anrechnung auf die Mietbeihilfe vorgenommen, die somit reduziert wird.
"Man lässt die Menschen im Stich"
Dies treffe jene, die bereits jetzt wenig hätten und mit Teuerung und Inflation kämpfen würden, ärgerte sich Kraus. Soziale Abfederung gebe es etwa bei der Jahreskarte nicht. "Man lässt die Menschen einfach im Stich." Auch betriebswirtschaftlich sei das Vorgehen problematisch, zeigte er sich überzeugt. Die günstige Jahreskarte habe zu Mehreinnahmen für die Wiener Linien geführt, weil viele sich nach Einführung für einen Kauf entschieden hätten.
Nun drohe das Gegenteil, warnte er. Es bestehe die Gefahr, dass zahlreiche Kundinnen und Kunden wieder auf eine Jahreskarte verzichten und auf Einzelfahrscheine umsteigen. Zudem zweifelte der Grünen-Chef an der Notwendigkeit der Maßnahme. Denn die Wiener Linien hätten im Vorjahr Zuschüsse in der Höhe von mehr als 200 Mio. Euro gar nicht abgeholt, berichtete er.
Auch die Kürzungen bei der Unterstützung von Kindern würden in eine völlig falsche Richtung gehen, versicherte Judith Pühringer. Kinderarmut werde dadurch verschärft. Das sei extrem kurzsichtig. "Der SPÖ kommt das soziale Gewissen Stück für Stück abhanden." Wien sei mit dem Öffi-Ticket und der Kindermindestsicherung Vorreiter gewesen, nun eile man bei der Nivellierung nach unten voraus.
Kritik an Einsparungen bei Bezirken
Kritik gab es auch am Einfrieren der Bezirksbudgets. Für Klubchef Georg Prack werde dabei völlig planlos vorgegangen. Zudem sei nur mit roten Bezirkschefs gesprochen worden. Mit Bezirksvorstehern der anderen Parteien habe es keinen Dialog gegeben, erzählte der Klubobmann.
"Wir werden nichts unversucht lassen, die sozialen Errungenschaften zu verteidigen", versprach Kraus an. Er verwies auf die bereits laufende Petition gegen die Preiserhöhungen bei der Jahreskarte. Auch einen Sondergemeinderat kündigte er an.
Dass Budgetmaßnahmen nötig seien, stellten die Grünen heute nicht in Abrede. Sie erinnerten jedoch daran, dass auch 2010 das Defizit hoch gewesen sei. Man habe aber während der grünen Regierungsbeteiligung das Öffi-Ticket vergünstigt sowie die Mindestsicherung erhöht und trotzdem in den kommenden Jahren das Budget saniert, wurde erläutert.
Auch FPÖ und ÖVP tadeln Stadtregierung
Auch die FPÖ ließ heute kein gutes Haar an den Maßnahmen, wobei dabei Auswirkungen auf Wirtschaftsbetriebe ins Treffen geführt wurden - etwa auf Hotels. Denn Wien plant auch eine Erhöhung der Ortstaxe. Die SPÖ unter Bürgermeister Michael Ludwig sorge dafür, dass es künftig zehn Prozent der 430 Wiener Hotelleriebetriebe nicht mehr geben werde, warnte Parteichef Dominik Nepp in einer Pressekonferenz. "Damit wird der Wiener Tourismus nachhaltig geschädigt." Wien sei mittlerweile "trauriger Spitzenreiter" bei Firmen- und Privatinsolvenzen, konstatierte er.
Die ÖVP zeigte sich angesichts der Gebührenerhöhungen ebenfalls besorgt. Der geschäftsführende Landesparteiobmann Markus Figl und Klubchef Harald Zierfuß forderten via Aussendung: "Die Stadtregierung muss endlich bei den eigenen Strukturen sparen, anstatt die Bürgerinnen und Bürger weiter zu schröpfen." Die Mehrbelastungen würden all jene treffen, die jetzt schon mit steigenden Kosten kämpfen würden.
SPÖ wehrt sich gegen Grüne
"Die Grünen leiden offenbar an politischer Amnesie und verleugnen ihre eigene Verantwortung", reagierte SPÖ-Klubvorsitzender Josef Taucher via Aussendung auf die Vorwürfe. Sie hätten nämlich die österreichischen Staatsfinanzen an die Wand gefahren und hinterließen "eine beispiellose Staatsverschuldung, die nun die Länder und Gemeinden auslöffeln müssen". Für Taucher braucht es eine Inflationsanpassung, damit die Daseinsvorsorge wie bisher auf diesem hohen Niveau funktionieren könne.
Protest gegen die Gebührenerhöhung der Wiener Linien kam indes auch von der Studierendenvertretung. Die Österreichische Hochschüler_innenschaft (ÖH) und die Hochschulvertretungen mehrerer Wiener Hochschulen wandten sich in einem Offenen Brief an die Wiener Stadtregierung, um den Erhalt des Semestertickets um 75 Euro zu fordern. Die Streichung desselben und die damit verbundenen Mehrkosten von rund 100 Euro jährlich seien ein Schlag ins Gesicht der Studierenden, kritisierte ÖH-Vorsitzende Selina Wienerroither in einer Aussendung.