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Kaunertal-Kraftwerk: Blatten-Vergleich für Tiwag unzulässig

Der landeseigene Tiroler Energieversorger Tiwag hat Sicherheitsbedenken des WWF in Bezug auf den Ausbau des Kaunertal-Kraftwerks erneut zurückgewiesen. Der von der NGO geäußerte Vergleich der dortigen Felsen und der "ähnlichen Charakteristik" wie im Schweizer Blatten sei "effektiv unzulässig", zumal "es außerdem keinen Gletscher gibt, der über einem Dorf hängt", sagte Tiwag-Vorstandsdirektor Alexander Speckle am Montag bei einer Pressekonferenz in Innsbruck.

Die Tiwag wies NGO-Sicherheitsbedenken neuerlich zurück
Die Tiwag wies NGO-Sicherheitsbedenken neuerlich zurück

Der WWF bediene mit dem Vergleich mit Blatten - im dortigen Lötschental war Ende Mai bei einem massiven Bergsturz das Dorf zerstört worden - schlicht "seine Klientel", fügte Speckle hinzu. Er verwies außerdem darauf, dass die Tiwag "anerkannte Fachleute" zur Hand habe. Die Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) seien jedenfalls "auf dem neuesten Stand", argumentierte der Vorstandsdirektor weiter. Damit reagierte er auf Äußerungen des Schweizer Wissenschafters Wilfried Haeberli, der dies vergangenen Dienstag bei einer WWF-Pressekonferenz in seiner Analyse in Frage gestellt hatte.

Daten zu Permafrost laut Tiwag "aktuell und umfassend"

So seien etwa die "Daten zum Permafrost aktuell und umfassend", führte Tiwag-Projektleiter Andreas Dengg aus. Haeberli hatte zuletzt gegenteilig argumentiert. Durch die Klimaerwärmung bestehe etwa die Möglichkeit, dass sich neue Gletscherseen am Gepatschferner bilden oder es infolge des Auftauens des Permafrostes zu Felsstürzen komme, meinte Haeberli. Die Tiwag berücksichtige in ihren UVP-Unterlagen ebendiese Veränderungen und Gefahren "keinesfalls ausreichend".

Die öffentliche Auflage der Unterlagen für das Projekt Pumpspeicher Versetz war vergangenen Freitag abgeschlossen worden. "Es gab damit neun Wochen die Möglichkeit, Stellungnahmen abzugeben", so der Tiwag-Vorstandsdirektor. "Mit Stand Freitagmittag gab es bereits 100 Stellungnahmen", sagte er. Nun gehe es für die zuständige Behörde darum, diese Stellungnahmen zu sichten und inhaltlich zu bewerten.

Baubeginn weiterhin mit 2029 anvisiert

Als nächste Schritte stünden nun nach der inhaltlichen Prüfung und einer weiteren Einsichtsphase für die Öffentlichkeit die Erstellung eines Umweltverträglichkeitsgutachtens (UVGA) am Plan. Darauf folge schließlich eine mündliche Verhandlung und im Anschluss der UVP-Genehmigungsbescheid, skizzierte Speckle den Fahrplan. "Die mündliche Verhandlung soll dann im Frühjahr 2026 stattfinden, der Bescheid im Laufe des Jahres 2026 ergehen". Ein Plan, der "zwar sportlich, aber machbar ist".

Trotzdem werde man wohl "vor 2029 nicht mit dem Bau beginnen", wiederholte Tiwag-Projektleiter Andreas Dengg einen von der Tiwag bereits kommunizierten Zeitplan. Auf den Bescheid folgten schließlich noch eine Beschwerdemöglichkeit sowie das Verfahren am Bundesverwaltungsgericht, an deren Ende eine rechtskräftige UVP-Genehmigung stehe.

Stellungnahmen zum UVP-Verfahren von ÖAV und VIRUS

Kritik an der Tiwag und dem UVP-Verfahren gab es in den Stellungnahmen vom Österreichischen Alpenverein (ÖAV) und der Umweltorganisation VIRUS. Der ÖAV hielt fest, dass "die Alpenvereine in Österreich und Deutschland im geplanten Ausbau des Kraftwerks Kaunertal gravierende Eingriffe in sensible alpine Ökosysteme" sehe. Besonders das Platzertal sei "von herausragender Bedeutung für den Schutz der Biodiversität". Die Umweltorganisation VIRUS ging mit der Tiwag sogar noch härter ins Gericht. Die von der Behörde erteilten Verbesserungsaufträge für mangelhafte Unterlagen seien von der Tiwag lediglich "willkürlich und selektiv erfüllt worden", strich VIRUS-Sprecher Wolfgang Rehm heraus.

Die Pläne für das Mega-Pumpspeicherkraftwerk waren zum ersten Mal im Jahr 2009 eingereicht, die UVP erstmals 2012 gestellt worden. Sowohl frühere Landesregierungen als auch die aktuelle aus ÖVP und SPÖ bekannten sich bisher zum Kaunertaler Kraftwerksausbau. Die Tiwag betonte stets, am Kraftwerksprojekt führe kein Weg vorbei, um die in Tirol für 2050 anvisierte Energieautonomie zu erreichen.